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# taz.de -- Dramatische Lage in Flüchtlingsheim: Senatorin bittet um Zeit
> Über die Hälfte der Geflüchteten in der Unterkunft in der Bremer
> Lindenstraße ist infiziert. Abhilfe scheitert an rechtlichen Fragen.
Bild: Sit-In vor der Bremer Gesundheitsbehörde: Die Politik lasse Geflüchtete…
Bremen taz | Der Protest gegen den Umgang mit den Menschen in der Zentralen
Aufnahmestelle in der Lindenstraße (Zast) trifft nun auch die
Gesundheitssenatorin. Vor der Behörde von Claudia Bernhard (Die Linke)
demonstrierten am Montag rund 50 Menschen. Sie sehen Bernhard in der
Verantwortung für die Umsetzung der staatlich angeordneten
Hygienemaßnahmen. „Sie hätten früher ein Konzept entwickeln müssen, die
Geflüchteten gemäß den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts zu schützen“,
sagte eine Rednerin.
Angesichts der vielen Menschen in einem Gebäude – am 23. März lebten noch
600 Menschen in der Lindenstraße – sei es schlicht nicht möglich gewesen,
sich an Abstandsregeln zu halten, so ein Redner. „Wir sind nicht hier, um
nach Privilegien zu fragen, wir sind hier, um für unsere Grundrechte zu
kämpfen.“ Man wolle in einer Gesellschaft leben, die alle Menschen gleich
behandelt.
Die Bewohner:innen der Lindenstraße sowie mehrere Organisationen hatten
bereits [1][vor mehr als sechs Wochen] die hygienischen Bedingungen in der
Unterkunft kritisiert und eine Evakuierung aufgrund der Sorge vor der
Ausbreitung des Virus gefordert. Damals lebten noch rund 600 Menschen in
der Zast.
Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) [2][reagierte schleppend]. Es hagelte
Kritik, auch aus der eigenen Partei. Bis Mitte letzter Woche wurden
schließlich von den derzeit noch 310 Bewohner:innen 146 positiv auf Corona
getestet. Elf sind mittlerweile so schwer erkrankt, dass sie stationär
behandelt werden müssen.
Vor wenigen Tagen dann ließ Stahmann [3][40 der Geflüchteten ins Zollhaus,
ein ehemaliges Hostel, umziehen] – jedoch nur solche, die bereits immun
sind. Am Samstag hatten Protestierende rund um die Organisation
[4][„Together we are Bremen“] mit einem Autokorso vom Weser-Stadion
ausgehend die Stadt aufgemischt.
„Senatorin Bernhard, machen Sie Ihren Job und schützen Sie Alle vor
Covid-19“, stand gestern auf den Schildern der Demonstrierenden an der
Contrescarpe, oder auch: „Werden Sie weiter Geflüchtete retraumatisieren?“
Die Protestierenden hatten Klappstühle und Zeit mitgebracht, um Bernhard
direkt mit ihren Forderungen konfrontieren zu können.
Eine Dreiviertelstunde nach Kundgebungsbeginn trat die Senatorin
schließlich vor die Demonstrierenden. „Ich gehöre eine ganze Weile schon
zur linken Bewegung“, sagte sie, „und inzwischen verstehe ich, was es
heißt, zu regieren“. Sie habe großes Verständnis für diesen Protest. Hint…
den Kulissen kämpfe man aber sehr intensiv dafür, dass sich die Zustände
ändern.
„Mit dem Sozialressort sind wir dabei, andere Unterbringungsmöglichkeiten
zu finden“, berichtete Bernhard. Am vergangenen Wochenende habe man eine
Verordnung erarbeitet, um eine rechtliche Grundlage dafür zu schaffen. Denn
aktuell fehle die Handhabe. „Das Gesundheitsamt kann die Lindenstraße nicht
schließen.“ Das sei nach dem Infektionsschutzgesetz nicht möglich – und
genau auf dieses müsse sich das Gesundheitsamt aber beziehen.
Bernhard war während ihrer kurzen Rede mit Zwischenrufen konfrontiert: „Das
geht zu langsam“, „Die Hotels sind schon da“. Die Protestierenden sind
wütend. „Ja, es geht zu langsam“, räumte die Senatorin ein.
Ohne Ergebnis blieb eine kurze Diskussion mit einem aufgebrachten
Demonstranten. „Ich habe es versucht“, sagte Bernhard, bevor sie
schließlich den Rückweg in die Behörde antrat. Begleitet wurde sie dabei
von „Shame on you“-Rufen.
5 May 2020
## LINKS
[1] /Gefluechtete-im-Heim-alleine-gelassen/!5668846
[2] /In-Unterkunft-jeder-Dritte-infiziert/!5678268
[3] /Neue-Bremer-Unterkunft-fuer-Gefluechtete/!5682294
[4] https://twitter.com/wearebremen
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Geflüchtete
Erstaufnahme
Bremen
Anja Stahmann
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Senat Bremen
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R2G Bremen
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