| # taz.de -- Überlastung der Bremer Erstaufnahme: Container für die Lindenstra… | |
| > In der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende sollen weitere Plätze in | |
| > Mobilbauten geschaffen werden. Schon jetzt ist es dort voller als | |
| > vereinbart. | |
| Bild: Mobilbauten sind seit Jahren ein Weg, Unterbringungen zu ermöglichen | |
| Bremen taz | Was derzeit in der Europäischen Union passiert, zeigt sich | |
| auch im Land Bremen: Die Zahl der [1][Menschen, die Asyl suchen] oder eine | |
| Duldung beantragen wollen, steigt. „Um den Faktor vier innerhalb eines | |
| Vierteljahres“, sagt Anja Stahmann (Grüne), Senatorin für Soziales und | |
| Integration nach Angaben des Ressorts: Im Juni seien es noch 226 gewesen; | |
| im September 826. Vor allem aus Afghanistan und Syrien kommen viel mehr | |
| Menschen an, aber auch aus den Balkan-Staaten wie Albanien und | |
| Nordmazedonien. | |
| Auch wenn das nicht überraschend kommt, stellt es die Bremer | |
| Landesaufnahmestelle in der Lindenstraße vor große Probleme: „Die Aufnahme | |
| kann derzeit kaum mehr gewährleistet werden“, steht in einer Vorlage, die | |
| am Dienstag vom rot-grün-roten Senat beschlossen wurde. Die Regierung setzt | |
| nun auf Mobilbauten, die auf dem Parkplatz der Lindenstraße aufgestellt | |
| werden sollen, mit Platz für rund 90 Menschen. | |
| Aber: Erst im Mai soll die Anlage fertig sein – und dieser Plan sei schon | |
| „äußerst ambitioniert“, weil Genehmigungen erteilt, der Boden befestigt, | |
| Anschlüsse verlegt werden müssten, erklärt Bernd Schneider, Sprecher des | |
| Sozialressorts. Auf einem Parkplatz hätten schon einmal Container gestanden | |
| – aber nicht solche großen, und auch nicht übereinandergestapelt. Kosten | |
| wird das Ganze für die geplante Nutzungsdauer von zwei Jahren insgesamt 1,9 | |
| Millionen Euro. | |
| Die erste Aufnahme der ankommenden Menschen ist aufgrund der Infrastruktur | |
| nur in der Lindenstraße selbst möglich. Menschen, die Asyl suchen, ziehen | |
| vergleichsweise schnell wieder aus der Einrichtung aus – beziehungsweise | |
| werden ausgezogen, sprich umverteilt, weil Bremen seine Quote meist gut | |
| erfüllt, erklärt Schneider. | |
| Mehr Zeit bräuchten allerdings Verfahren rund um Duldungen. Sie werden von | |
| Menschen beantragt, die aus nach Bundesrecht sogenannten sicheren | |
| Herkunftsstaaten wie den Balkan-Staaten kommen. Auch sie würden verteilt | |
| werden, könnten aber vorher besondere Gründe angeben, warum sie in Bremen | |
| bleiben wollen; zudem gebe es die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen. | |
| „Für die Zeit braucht man dann einfach den Platz“, sagt Schneider. Wochen, | |
| manchmal auch Monate. Sie müssten zwar nicht in der Lindenstraße bleiben, | |
| „aber wir bieten ihnen das an, um Obdachlosigkeit zu vermeiden“. | |
| Ein Ort zum Leben ist die Lindenstraße aber nicht: Herrschten dort schon | |
| vor der Pandemie schlechte Bedingungen, protestierten vor allem im Frühjahr | |
| 2020 immer wieder Betroffene und sich Solidarisierende für mehr Schutz und | |
| eine Schließung der Einrichtung. Zwischenzeitlich gab es dort [2][über 300 | |
| Coronafälle]. Der Senat reagierte spät. | |
| Rein baurechtlich liegt die Kapazität der Lindenstraße und ihrer | |
| Außenstellen derzeit bei 1.264. Aufgrund der prekären Lage und wohl auch | |
| des anhaltenden politischen Drucks beschloss der Senat im August 2020, die | |
| Belegung auf 665 Menschen zu reduzieren; 250 davon sollten in der | |
| Lindenstraße selbst untergebracht sein. Bereits im Herbst letzten Jahres | |
| merkte man aber: „Die Maximalbelegung kann derzeit dauerhaft nicht | |
| eingehalten werden.“ So steht es in einer weiteren Senatsvorlage aus dem | |
| Oktober. Die Sozialsenatorin bemühte sich daher um [3][mehr Außenstellen]; | |
| derzeit gibt es vier. | |
| Aktuell, beziehungsweise mit dem Stand vom 11. Oktober, wohnen in der | |
| Erstaufnahmeeinrichtung mit Außenstellen knapp 1.000 Menschen – also gut | |
| 300 „über der politisch vereinbarten Zahl“, so formuliert es Bernd | |
| Schneider. | |
| Zur Überlastung dazu kommt bald auch der Umbau der Einrichtung: Ende Juni | |
| hat der Senat entschieden, dass neue, zu öffnende Fenster eingebaut werden, | |
| außerdem sollen in einem Flügel die Räume so umgebaut werden, dass sie mit | |
| der Decke abschließen und so mehr Privatsphäre und Lärmschutz bieten. | |
| Bislang diente der Flügel nur als Notunterkunft. | |
| Der Umbau der Fenster wurde nun vorgezogen, weil dabei kein Platz eingebüßt | |
| werde; Letzteres könne jedoch erst gemacht werden, „wenn zusätzliche | |
| Platzkapazitäten in der unmittelbaren Umgebung der Landeserstaufnahme | |
| geschaffen wurden“. Also sobald die Container stehen. | |
| ## Die Linke will dezentrale Unterbringung | |
| Obwohl schon einige Maßnahmen – ein verbessertes Quarantänekonzept, mehr | |
| Personal, bessere Zusammenarbeit zwischen Aufnahmestelle und Migrationsamt | |
| – ergriffen wurden, „ist das System der Erstaufnahme deutlich überlastet�… | |
| So steht es in der Senatsvorlage von Dienstag. Und: „Es fehlen insgesamt | |
| 350 Plätze.“ Doch es kommen nur 90, und das erst nächstes Jahr. „Weitere | |
| Unterbringungsmöglichkeiten werden weiterhin gesucht und geprüft“, heißt es | |
| entsprechend weiter. | |
| Sofia Leonidakis, Vorsitzende der Linksfraktion in der Bremischen | |
| Bürgerschaft, hält die Lösung des Senats für gangbar, wenn auch nicht | |
| ideal. „Lieber wäre uns ein richtiges Gebäude und dezentrale Unterbringung, | |
| aber da stößt man einfach an praktische Grenzen.“ Trotzdem: Im | |
| Koalitionsvertrag stehe, dass man weitere Außenstellen schaffen will. Denn | |
| die Größenordnung der Unterbringung sei „eine Belastung für die Betroffenen | |
| und bringt immer Konfliktpotenzial mit“, sagt Leonidakis. | |
| „Wenn wir weiter so hohe Zugänge haben, müssen wir überlegen, die | |
| Bauarbeiten zu verschieben“, sagt Schneider. Ob das überhaupt geht, sei | |
| aber unklar. Und in der Senatsvorlage steht, dass man das gar nicht möchte: | |
| Schließlich seien sie „seit längerer Zeit gefordert und das Ergebnis eines | |
| umfangreichen politischen Diskurses“. Dagegen spreche auch die Unklarheit | |
| darüber, wie sich die Zuwanderungszahlen weiter entwickeln. | |
| 2 Nov 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alina Götz | |
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