# taz.de -- Über alltäglichen Rassismus: „Da werden Debatten gern umgedreht… | |
> Ozan Zakariya Keskinkılıç hat die Frage, wie es zu Rassismus kommt und | |
> was der mit Betroffenen macht, zu seinem Beruf gemacht. | |
taz: Herr Keskinkılıç, wir unterhalten uns ja gerade über FaceTime. Wie | |
finden Sie dieses isolierte Leben in Coronazeiten? | |
Ozan Zakariya Keskinkılıç: Ach, ich bin es gewohnt, Homeoffice zu machen. | |
Andererseits mussten viele meiner Vorträge im In- und Ausland abgesagt | |
werden, und auch meine Vorlesungen an der Alice-Salomon-Hochschule kann ich | |
nicht wie gewohnt halten. Wir versuchen gerade, die Lehre online zu | |
gestalten. Das soziale Leben spielt sich nur noch digital ab, mit Familie | |
und Freunden skype ich ganz viel. Meine Frau und ich sind mit unserer | |
Tochter zu Hause, die sonst in die Kita gehen würde. Das ist dann die | |
doppelte Belastung, die gerade viele spüren. | |
Wegen Corona ist vieles in den Hintergrund getreten, auch der Anschlag in | |
Hanau vom 19. Februar; über die Opfer, über Rassismus wird kaum noch | |
geredet. Was tun? | |
Es ist klar, dass so eine Pandemie die Aufmerksamkeit auf sich zieht. | |
Gleichzeitig muss man sich fragen, wie man es schaffen kann, dass andere | |
Fragestellungen nicht aus dem Blick geraten, die ja trotzdem eine Realität | |
darstellen. Das Phänomen Rassismus und die Fragen rund um Hanau sind ja | |
nicht verschwunden, weil es Corona gibt. Ich bekomme zum Beispiel – wie | |
andere auch – weiter Hassmails. | |
Sie auch? | |
Ja, natürlich. Das hat mich jetzt viel beschäftigt seit Corona: Die einen | |
horten Toilettenpapier, während andere mir eine Mail schreiben, dass ich | |
das Land verlassen soll. Da fragt man sich schon: Wo liegen die | |
Prioritäten? (lacht) | |
Manche versuchen, die Themen zu verbinden. Die Journalistin Ferda Ataman | |
hat auf Twitter eine Debatte ausgelöst mit ihrer These, sie könne sich gut | |
vorstellen, für wen sich Ärzte im Zweifelsfall entscheiden, nämlich weiße | |
Deutsche, wenn es durch Corona zu Engpässen in Krankenhäusern kommt. Ist | |
das ein Vehikel, die Debatte am Laufen zu halten? | |
Ich würde das nicht sagen. Sonst klingt das so, als würde die aktuelle Lage | |
ausgenutzt, um das Thema Rassismus in den Fokus zu rücken. Aber Rassismus | |
bleibt ein wichtiges Thema, und auch die Frage von Rassismus im | |
Gesundheitssektor beschäftigt uns nicht erst seit Corona. Man kann diese | |
Sorge durchaus artikulieren, sie ist nicht an den Haaren herbeigezogen, | |
auch wenn manche das nun meinen, weil sie selbst nie Rassismus erfahren. | |
Mich hat das daher schon beunruhigt, wie dieser Shitstorm gegen Ferda | |
Ataman losging. | |
Inwiefern? | |
Wenn Rassismus benannt wird, wird gerne darüber geredet, warum es keinen | |
Rassismus gebe. Es wird alles getan, um zu beweisen, dass das alles eine | |
Illusion oder Einbildung sei – statt die Sorgen und Ängste dieser Mitbürger | |
mal ernst zu nehmen und zu schauen: Was ist da dran? | |
Wie finden Sie, dass „die Gesellschaft“ auf Hanau reagiert hat? Sehen Sie �… | |
nach Halle, NSU – einen Lerneffekt? | |
Schwierig zu sagen. Man kann mehreres beobachten. Einerseits, dass in | |
einigen Medien nach dem Anschlag – einem klassischen Muster folgend – von | |
„Fremdenfeindlichkeit“ gesprochen wurde. Das beobachten wir oft nach einem | |
rassistischen Anschlag – was ich ziemlich problematisch finde, weil es | |
impliziert, dass die Opfer Fremde seien, die hier gar nicht dazugehören. | |
Aber das Wort Rassismus kommt vielen Menschen so schwer über die Lippen, | |
weil es sich so hart anfühlt. | |
Viele Medien haben auf die Kritik reagiert und sich korrigiert in den | |
nächsten Tagen. | |
Ja, es kam zu der Korrektur. Am Anfang hatte auch ein Medium geschrieben | |
von den „Schischa-Morden“ – das ist ja eine direkte Analogie zur | |
Berichterstattung über „Döner-Morde“, wie wir das beim NSU gelesen haben. | |
Wir hören also einerseits Positionen, die die Tat verlagern in Richtung | |
Fremdenfeindlichkeit und der These vom Einzeltäter, dem Verrückten, der | |
nichts mit uns zu tun habe. Andererseits gibt es Stimmen, die sagen: Das | |
stimmt nicht, hinter dem Anschlag steckt etwas Größeres. Gerade | |
aktivistische Gruppen haben viel dazu beigetragen, dass der Fokus nach dem | |
Anschlag auf den Rassismus und seine Bandbreite im Alltag und in | |
Institutionen gelenkt wurde. Das hat mich ziemlich beeindruckt, zu sehen, | |
mit welcher Ausdauer und Stärke Selbstorganisationen und Menschen mit | |
Rassismuserfahrungen ihre Stimme erhoben haben – und zum Teil auch gehört | |
wurden. | |
Kurz vor dem Anschlag von Hanau haben Sie einen Gastbeitrag in der Zeit | |
überschrieben mit: „Muss ich erst ermordet werden, damit ihr empört seid?“ | |
Darin ging es um den Alltagsrassismus, der Ihr Leben begleitet, und Ihre | |
gelegentlichen Auswanderträume. Haben Sie über diese Option nach Hanau | |
intensiver nachgedacht? | |
Nein, die stellt sich mir nicht. Die Frage ist vielmehr: Wie kommt es, dass | |
Menschen uns hier vertreiben wollen? Und wie können wir die Debatte | |
gestalten, damit das nicht geschieht? Vor Kurzem habe ich eine Mail | |
bekommen von einem Steuerberater – solche Leute unterschreiben ja auch | |
immer öfter mit Klarnamen –, der schrieb, Deutsche seien vorher in | |
Deutschland gewesen und Muslime versuchten, die „christlich-jüdische | |
Kultur“ unterzuordnen. Und er mache sich Gedanken, dass, wenn „wir“ mehr | |
sind, er sich unterordnen müsse. Da fragt man sich: Hallo, ich bin auch | |
deutsch, was ist das für eine unsinnige Aussage? Aber wir wissen natürlich, | |
was er meint: Für ihn bin ich nicht deutsch und kann es nicht sein. Diese | |
Sichtweise muss angegangen werden. Sonst braucht man sich nicht zu wundern, | |
wieso Gewalt geschieht und Menschen auf offener Straße angegriffen werden, | |
die wegen ihres Aussehens als Nichtdeutsche gelten. Die Frage nach dem | |
Auswandern will ich mir dagegen nicht stellen. | |
Das ist mir klar. Aber sie wird doch dringlicher. Die Kolumnistin Mely | |
Kiyak hat kürzlich geschrieben, wenn die Wahl von Kemmerich in Thüringen | |
eine gewisse Parallele zu 1932 habe, dann müssten sich nichtweiße Deutsche | |
Gedanken darüber machen, ob dieses Land noch sicher ist für sie und ihre | |
Kinder. | |
Diese Frage stelle ich mir natürlich. Die Frage nach Sicherheit stellt | |
sich, glaube ich, fast jeder Mensch, der Rassismuserfahrungen gemacht hat. | |
Sie begleitet einen im Alltag. Man ist hier in seinem eigenen Land, aber | |
man wird nicht angenommen und fragt sich natürlich: Was muss noch | |
geschehen? Muss ich darauf warten, dass die Grenze zur Gewalt überschritten | |
wird? Wer beschützt mich? Und klar hat man eine Weltkarte im Kopf und | |
überlegt, wohin man gehen kann. Meine Eltern und Großeltern haben sich | |
diese Frage auch schon gestellt. Und ich habe auch eine Tochter und frage | |
mich, wie ihr Leben hier verlaufen wird. Aber da ist man in einem Dilemma. | |
Wenn ich sagen würde, ich habe den Koffer halb gepackt und da schon ein | |
Land ins Auge gefasst, motiviert das womöglich sogar Leute dazu, | |
weiterzumachen um „unsereins“ zu vertreiben. | |
Ja, das stimmt. Und es ist ja tatsächlich kein Ausweg. | |
Zumal ich auch nur die deutsche Staatsbürgerschaft habe. | |
Sie kommen ja aus der Nähe von Hanau, aus Südhessen. Ist es dort schlimmer | |
mit dem Rassismus – oder in Berlin? | |
Das ist eine schwierige Frage. Ich bin 2014 nach Berlin gekommen zum | |
Masterstudium. Und natürlich ist eine Metropole wie Berlin eine andere | |
Situation als die, in der ich aufgewachsen bin. Wir sind oft umgezogen, | |
aber zum Großteil bin ich in einem kleinen Dorf in Südhessen mit ein paar | |
Hundert Einwohnern aufgewachsen. Da waren wir das „Exotischste“, was viele | |
zu Gesicht bekommen haben. Die Blicke haben einen begleitet im Alltag, | |
damit bin ich aufgewachsen. Auch in der Schule war ich ständig damit | |
konfrontiert, „anders“ als die andern zu sein. | |
Kam das von Mitschülern oder von Lehrern? | |
Beides. Ich war die ganze Schulzeit bis zum Abitur einer der wenigen | |
Schüler mit „Migrationshintergrund“. Die „Herkunft“ blieb von Lehrern … | |
unkommentiert. Wenn ich so überlege: Ich hatte nur weiße deutsche Lehrer | |
und Lehrerinnen. Was die mir zurückgespiegelt haben, war natürlich auch: Du | |
bist anders. Zum Beispiel als es darum ging, auf welche weiterführende | |
Schule ich gehen sollte. | |
Wie war das? | |
Mein damaliger Klassenlehrer hat mir die Realschule empfohlen, obwohl ich | |
die gleichen Noten hatte wie ein weißer deutscher Mitschüler, der eine | |
Gymnasialempfehlung bekam. Ich habe mich beschwert, doch der Lehrer sagte: | |
Du hast nicht dieselben Kapazitäten wie er, du bist für den einfachen Weg | |
bestimmt. Dieses Ereignis hat sich eingebrannt in meinen Kopf. Das wollte | |
ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich habe dann in einem Jahr auf der | |
Realschule versucht zu beweisen, dass eine falsche Entscheidung getroffen | |
wurde, habe einen 1er-Schnitt geliefert und gefragt: Darf ich jetzt | |
hingehen? So kam ich doch aufs Gymnasium. | |
Haben Ihre Eltern nie überlegt, ob es in der Großstadt nicht besser wäre? | |
Ich habe als Jugendlicher natürlich auch oft gesagt, wie cool das wäre, in | |
der Großstadt zu leben, in Frankfurt oder Berlin. Es gibt dort mehr Leute, | |
die aussehen wie man selbst, darunter auch nichtweiße Ärzte und | |
Kunstschaffende, ein breiteres Angebot an Communitystrukturen, es gibt | |
Moscheen, die sogar von außen wie welche aussehen (lacht) – ich habe | |
Jugendliche beneidet, die so aufgewachsen sind. Aber ich glaube, meine | |
Eltern wollten einfach, dass wir eine behütete Kindheit auf dem Land haben. | |
Schön Einfamilienhausidylle! | |
Meine Eltern lieben die Natur. Sie haben Schafe, Hühner, einen kleinen | |
Gemüsegarten. Das war auch schön. Meine Kindheit auf dem Land war kein | |
Horrormovie. Aber Rassismus existiert genau in dieser Doppeldeutigkeit, du | |
selbst lebst darin. Einerseits hast du ein stinknormales Leben und | |
andererseits eben nicht! Du musst lernen, mit dieser Diskrepanz umzugehen, | |
mit der andere niemals konfrontiert sind. Die Mehrheit in Deutschland muss | |
sich nicht die Frage stellen: Wenn ich da oder dort hingehe, bin ich dort | |
sicher vor rassistischer Gewalt? Auch auf dem Schulweg kam es vor, dass ich | |
von Schulkameraden angegriffen wurde. | |
Haben Sie das Ihren Eltern erzählt? | |
Nie. Ich denke, viele Kinder erzählen ihren Eltern nicht alles, nicht nur | |
nach rassistischer Gewalt. Weil sie denken, die können eh nicht helfen oder | |
machen die Sache nur noch schlimmer. Ein Grund war aber auch, dass ich gar | |
keine Sprache hatte, um diese Erfahrungen überhaupt auszudrücken. Wenn dir | |
deine Umgebung permanent zurückspiegelt, dass dein Name, deine Körper- und | |
Haarfarbe, deine Religion und „Herkunft“ nicht normal ist, dass du nicht | |
hierhergehörst, dann beeinflusst das sehr stark, wie du über dich selbst | |
denkst. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass nicht ich das | |
Problem bin, sondern, wie andere über mich denken und sprechen. | |
Sie promovieren an der Humboldt-Uni über antimuslimischen Rassismus. Ist | |
das nicht schwierig, an einem Thema zu forschen, das einen selber so stark | |
betrifft? | |
Interessante Frage. Meiner Einschätzung nach sind alle Menschen von den | |
Themen, an denen sie arbeiten, stark betroffen. Ich glaube nicht an die | |
künstliche Distanz, die Schreibende zu ihrem Objekt aufbauen. Auch weiße | |
Menschen, die über Rassismus schreiben, sind Teil des Phänomens, nur aus | |
einer anderen Position heraus. Die Frage nach der Neutralität wird aber | |
weißen Wissenschaftlern in der Regel nicht gestellt. | |
Stimmt. | |
Trotzdem ist die Frage wichtig. Weil es darum geht, wie ich damit umgehe, | |
dass ich in beiden Situationen existiere. Einerseits als Mensch, der | |
Rassismus erfährt, andererseits untersuche ich das Phänomen. Ich glaube, | |
diese Erfahrung schränkt mich nicht ein, sondern sie gibt mir eine | |
zusätzliche Expertise. Wir Menschen mit Rassismuserfahrung sind Experten | |
für unsere Lebensrealitäten, weil wir aus einer Ecke der Gesellschaft | |
berichten, in die wir verdrängt werden. Dieses Erfahrungswissen muss | |
gewürdigt werden, weil es uns einen anderen Blick auf die Frage eröffnet, | |
wie soziale Ungleichheit geschieht, wie Gesellschaft produziert wird, wie | |
„Wahrheit“ hergestellt und erfunden wird. | |
Ich habe mich nur gefragt, ob man das will – sich als Betroffener von | |
Rassismus auch noch beruflich damit auseinanderzusetzen. | |
Ja, das stimmt. Es gibt viele Tage, an denen ich mich frage, was ich | |
anderes hätte machen können. Das ist eine ziemlich schmerzhafte Frage, | |
ehrlich gesagt. Ich wollte nämlich eigentlich Psychologie studieren. Ich | |
habe in der Oberstufe extra hart gearbeitet für einen guten | |
Abidurchschnitt, weil der NC bei Psychologie so hoch ist. | |
Und? | |
Ich habe auch begonnen, Psychologie zu studieren, das war mein Traumfach. | |
Was passierte dann? | |
Ich war unter den Studierenden im Erstsemester wieder einer der wenigen mit | |
„Migrationshintergrund“. Erst dachte ich, macht nichts, du bist ja an der | |
Uni, da bist du frei, der ganze Mist passiert dir jetzt nicht mehr. Aber | |
das ist Unsinn, Menschen an der Uni sind nicht besser als anderswo, bloß | |
weil sie „gebildeter“ sind. Dass ich dort so oft von Kommilitonen und | |
Kommilitoninnen rassistisch beleidigt wurde, hat mir bald zu denken | |
gegeben. Einmal saß ich mit ein paar von ihnen zusammen, es ging darum, wo | |
man sich vorstellen könnte zu leben nach dem Studium. Der eine sagte | |
England, eine andere Frankreich – und ich Kanada. Da wurde ich beschimpft | |
von einer Kommilitonin als „Sozialschmarotzer“, das sei ja wieder „typisch | |
Ausländer“, erst vom Sozialsystem profitieren und dann abhauen! Ich war | |
total geschockt. | |
Und die anderen? | |
Niemand hat eingegriffen. Ich konnte es nicht fassen. Auch meine Familie | |
arbeitet und zahlt Steuern, meine Großeltern haben dieses Land mit | |
aufgebaut, als sie in den 1970er Jahren nach Deutschland gekommen sind. | |
Überhaupt, warum sollen nichtweiße Menschen nicht frei wählen dürfen, wo | |
und wie sie leben? | |
Das war der Auslöser für Sie, das Studium zu wechseln? | |
Das war der Auslöser, mich zu fragen, ob Psychologie für mich gerade das | |
richtige Fach ist. Oder ob mich nicht gerade ein anderes politisches Thema | |
beschäftigt. Und zwar: Wie ist das möglich, dass diese Studentin das machen | |
kann und andere nicht eingegriffen haben? Ich wollte verstehen, woher | |
rassistisches Wissen kommt, wie Rassismus historisch entstanden ist, wie | |
dieses Denken selbst politische Strukturen prägt und sich gesellschaftlich | |
etabliert. Ich habe das Psychologiestudium abgebrochen und erst einmal das | |
Land verlassen. | |
Also doch? | |
Ja (lacht), nach Wien. Dort gab es ein Fach, das ich in der Form in | |
Deutschland nicht gefunden habe: Internationale Entwicklung. Da konnte | |
ich bereits im Bachelor den Schwerpunkt setzen auf kritische | |
Rassismusforschung und postkoloniale Theorie. Im Studium habe ich Schwarze, | |
jüdische, indigene und muslimische Denkerinnen und Denker kennengelernt, | |
die die europäisch-westliche Deutungshoheit herausfordern. Auch die Distanz | |
zum bisherigen Dorfleben hat mir gutgetan. Ich habe mich in Wien verliebt, | |
die Architektur, die Kaffeehauskultur. Zur gleichen Zeit habe ich erleben | |
müssen, wie selbstverständlich und unwidersprochen sich rassistische Hetze | |
auch dort im Alltag ausdrückt. Ohne Zweifel hat die FPÖ wesentlich zu | |
diesem Klima beigetragen. Das wird uns hier noch bevorstehen. Wir können ja | |
jetzt schon sehen, wie sich mit dem Erfolg der AfD auch die Grenzen des | |
Sagbaren verschoben haben. | |
Aber hat nicht die AfD ihren Zenit schon überschritten? | |
Ich wäre da vorsichtig. Mich hat das sehr beschäftigt, was in Thüringen bei | |
der Kemmerich-Wahl passiert ist. Ich war dort die letzten zwei Jahre | |
Sachverständiger in der Enquetekommission des Landtags zu Rassismus. Dabei | |
habe ich gemerkt, wie die Debatten dort ablaufen, das ist noch mal einen | |
Gang härter. Ich habe große Sorge, dass sich die AfD weiter „normalisieren�… | |
wird, dass sie in einzelnen Bundesländern in absehbarer Zeit die stärkste | |
Kraft sein wird und es andere Parteien geben wird, die ein Tabu brechen. | |
Die mit der AfD zusammenarbeiten werden? | |
Ja. Ich sehe noch keine klare Form der Distanzierung. | |
Haben Sie eine Idee, was zu tun ist? | |
In der Kommission ging es darum, was gegen rassistische Gewalt getan werden | |
kann. Man muss sehen, was nun umgesetzt wird. Eigentlich müsste es solche | |
Kommissionen in allen Bundesländern geben – und im Bundestag. Das ist | |
etwas, das ich nach Hanau erwartet hatte. Die Fürsprache zugunsten einer | |
toleranten Gesellschaft reicht nicht. Es muss eine Antwort geben vonseiten | |
politischer Institutionen. Die Kommission muss die ungemütliche Frage nach | |
institutionellem Rassismus stellen, sich damit ehrlich befassen. Ich hoffe | |
sehr, dass wir hier in der Zeit nach Corona weitermachen. | |
19 Apr 2020 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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