| # taz.de -- Online-Petition gegen Firmenlogo: Kaffee mit einer Prise Rassismus | |
| > Aktivisten wollen die hannoversche Kaffeerösterei Machwitz mit einer | |
| > Online-Petion dazu bringen, ihr Firmenlogo zu ändern. Das Unternehmen | |
| > äußert sich nicht. | |
| Bild: In Hannover gut bekannt: Das Logo der Kaffeerösterei Machwitz | |
| HANNOVER taz | Drei glubschäugige Schwarze mit dicken, roten Lippen und | |
| krausem Haar: An diesem Logo hält die Kaffeerösterei Machwitz aus Hannover | |
| seit Jahrzehnten fest. Nun fordern jedoch zahlreiche Initiativen und | |
| Einzelpersonen mit einer Online-Petition, dass die Rösterei ihr Signet | |
| ändert. Zu den Unterzeichnern gehören etwa die Amadeu Antonio Stiftung, der | |
| Flüchtlingsrat Niedersachsen, der Verband Entwicklungspolitik Niedersachsen | |
| und das Schwarze Bildungskollektiv Karfi. Sie halten die Außendarstellung | |
| des Unternehmens für „diskriminierend, verletzend und herabwürdigend“. | |
| „Die Kaffeerösterei kann an ihrer ursprünglichen Tradition festhalten, doch | |
| ist sie sich spätestens jetzt darüber im Klaren, dass sie sich für eine | |
| rassistische Bildsprache entscheidet“, heißt es in [1][der Begründung zur | |
| Petition,] die auf der Internetplattform Change.org bereits mehr als 750 | |
| Unterstützer hat. Machwitz schmücke sich mit rassistischen Bildern und | |
| schreibe die koloniale Tradition fort. | |
| „Das Logo stammt aus einer Epoche, in der hinter solchen Darstellungen | |
| schwarzer Menschen ein ganz klares rassistisches Menschenbild steckte“, | |
| erläutert Florian Grawan, Rassismusforscher an der Leibniz Universität | |
| Hannover. Er bewertet das Signet als „explizit rassistisch“ – auch wenn es | |
| nicht so gemeint sei. | |
| „Dennoch wurden solche stereotypen Darstellungen in der Kolonialzeit genau | |
| dazu benutzt“, sagt Grawan. Ein unkritischer Umgang mit rassistischen | |
| Symbolen normalisiere diese und verschiebe das Problem auf die | |
| Betroffenenseite. Die Betroffenen müssten sich plötzlich dafür | |
| rechtfertigen, dass sie sich durch rassistische Darstellungen beleidigt | |
| fühlten: „Das ist kontraproduktiv, wenn man sich zum Ziel setzt, | |
| verantwortungsvoll mit der eigenen Kolonialgeschichte umzugehen.“ | |
| Machwitz-Firmenchef Maximilian Koch hat von der Presse die Schnauze voll. | |
| Mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung kommunizierte der Unternehmer | |
| zuletzt nur noch über offene Briefe bei Facebook. Dort forderte der | |
| Geschäftsführer der Rösterei „eine öffentliche Rehabilitierung meiner | |
| Familie, Firma und Mitarbeiter“. | |
| Die Zeitung hatte zuvor eine ausgiebige Rassismus-Debatte über das | |
| Machwitz-Logo geführt. Das Familienunternehmen fühlte sich durch die | |
| Berichterstattung „an den Pranger gestellt und des Rassismus beschuldigt“. | |
| Machwitz sei in der Debatte in ein schlechtes Licht gerückt worden: „Wir | |
| empfinden es als eine Verleumdung unserer Familie.“ | |
| Konfliktforscherin Maria Ketzmerick von der Philipps-Universität Marburg | |
| hält es für wenig zielführend, dass sich nun die Kaffeerösterei als Opfer | |
| sieht. „Hier findet eine Verschiebung dessen statt, wer eigentlich | |
| betroffen ist“, sagt Ketzmerick. Wie schon bei der Diskussion um die | |
| Umbenennung der Frankfurter „Mohren-Apotheke“, die bundesweit für | |
| Schlagzeilen sorgte, werde auch hier wieder der | |
| „Mir-wird-was-weggenommen“-Reflex ausgelöst: „Aber es geht nicht darum, | |
| irgendetwas zu verbieten. Es geht darum zu sagen: Hey, ich fühle mich | |
| verletzt.“ Man müsse gemeinsam eine Lösung suchen. | |
| Machwitz hatte das 1883 entstandene Logo sinngemäß als „Kind seiner Zeit“ | |
| erklärt. Das reicht Ketzmerick aber nicht. Für sie steht fest: „Wenn man | |
| sich das Logo anschaut, gehört schon viel dazu, es als etwas Unschuldiges | |
| darzustellen.“ Es sei in der heutigen Gesellschaft einfach nicht mehr | |
| passend. Es zu ändern, wäre keine große Sache, findet sie. „Logos werden ja | |
| ständig verändert, warum an einem festhalten, von dem sich viele Menschen | |
| verletzt fühlen?“ | |
| ## Rechtfertigungsdruck für Betroffene | |
| Dass sich von Rassismus Betroffene dafür rechtfertigen müssen, dass sie | |
| sich beleidigt fühlen, erlebt auch Joanna Mechnich von der Initiative | |
| Schwarze Menschen in Deutschland immer wieder. „Alltagsrassimus ist in der | |
| breiten Masse angesiedelt und findet nicht nur am Rand der Gesellschaft | |
| statt“, sagt die 28-jährige Hannoveranerin, die zu den Begründern der | |
| Petition gehört. Dabei sei die Lösung des Problems laut Mechnich gar nicht | |
| schwer: „Generell gilt es, diskriminierende Begriffe und Symbole einfach zu | |
| vermeiden.“ | |
| Ob die Petition auf Gehör stoßen wird, ist unklar. Auf taz-Anfrage wollte | |
| sich das Unternehmen dazu öffentlich nicht äußern. Immerhin: Kürzlich kam | |
| es zu einer persönlichen Unterhaltung zwischen Machwitz-Chef Koch und dem | |
| Amerikanistik-Dozenten Kenton Emery Barnes von der Technischen Universität | |
| Braunschweig, dessen Kritik am Mohren-Logo den ganzen Stein ins Rollen | |
| brachte. | |
| „Mein Gespräch mit Herrn Koch fand ich sehr angenehm“, sagte Barnes. Worum | |
| ging es? „Ich habe meine Meinung zu dem Logo geäußert und schlug vor, dass | |
| Machwitz das Logo ändert.“ | |
| 20 Feb 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.change.org/p/herr-j%C3%B6rg-walter-koch-herr-maximilian-koch-we… | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Link | |
| ## TAGS | |
| Online-Petition | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Deutscher Kolonialismus | |
| Kolonialgeschichte | |
| Hannover | |
| Kolonialismus | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Lesestück Interview | |
| Kolonialverbrechen | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| Kolonialismus | |
| taz lab 2024 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Rassistisches Logo geändert: No Logo, no Aufschrei | |
| Der hannoversche Kaffeeröster Machwitz hat ganz leise sein Logo geändert. | |
| Das ist doch besser als das peinliche PR-Getrommel rund ums | |
| "Schwarzfahren". | |
| Über alltäglichen Rassismus: „Da werden Debatten gern umgedreht“ | |
| Ozan Zakariya Keskinkılıç hat die Frage, wie es zu Rassismus kommt und was | |
| der mit Betroffenen macht, zu seinem Beruf gemacht. | |
| Aktivist über Straßenumbenennung: „Ein brutaler Militär“ | |
| Pastor i. R. Ulrich Hentschel setzt sich dafür ein, die Walderseestraße in | |
| Othmarschen umzubenennen. Ein Kriegsverbrecher verdiene diese Ehrung nicht. | |
| Rassistisches Logo der Cleveland Indians: Bye-bye Chief Wahoo! | |
| Die Cleveland Indians werden 2019 ihr Logo ändern – nach langem Protest | |
| gegen das von vielen als rassistisch empfundene Emblem des Baseballklubs. | |
| Berliner Aufarbeitung der Kolonialzeit: Wem gehört die Beute? | |
| In Berlin eröffnet eine Kolonialismus-Ausstellung. Da stellt sich die | |
| Frage: Wie sieht es eigentlich mit der Aufarbeitung in der Hauptstadt aus? | |
| Gedenkmarsch für Opfer des Kolonialismus: Wegweisende Beleidigung | |
| Rund 200 Menschen erinnern an die Opfer des Kolonialismus – und fordern | |
| eine Umbenennung der Mohren- in Nelson-Mandela-Straße. | |
| Postkoloniale Perspektive beim taz.lab: Niemals die volle Wahrheit | |
| Das koloniale Deutschland auf Berlins Straßen: Joshua Kwesi Aikins kennt | |
| die Zeichen genau und macht darauf aufmerksam. Eine Spurensuche. | |
| Antirassismus-Demo in Berlin: Protest mit Pünktchen | |
| Im Rahmen der Antirassistischen Aktionstage zogen Flüchtlinge durch die | |
| Hauptstadt - gegen Residenzpflicht und Diskriminierung. Und gegen die | |
| Mohrenstraße. |