| # taz.de -- Eurobonds-Debatte in Coronakrise: Bestehende Institutionen nutzen | |
| > Es braucht höhere Garantien der finanziell starken Länder für die | |
| > schwächeren. Das Instrument, das man dazu nutzt, ist derzeit zweitrangig. | |
| Bild: Leere in Mailand, Ende März | |
| Es gibt keinen zwingenden Grund, jetzt [1][Eurobonds], Coronabonds, | |
| European Renaissance Bonds oder wie auch immer wir das nennen, einzuführen. | |
| Die ökonomisch schwachen Länder brauchen finanzielle Solidarität von den | |
| starken – ja, zwingend. Aber wie gerade aus technischen Detailfragen eine | |
| Frage des Überlebens der EU gebastelt wird, das schadet Europa enorm. | |
| Um eins klarzustellen: Die EU braucht eigene Steuern und eigene | |
| Schuldeninstrumente, die eine soziale Sicherung für alle finanzieren, | |
| kontrolliert vom EU-Parlament. Ein Wagnis, ein massiver Eingriff in | |
| nationale Souveränität, aber nur so wird es langfristig was, sonst bleibt | |
| Europa ein Geisterhaus. Aber es sollte ein Tabu sein, für dieses Ideal die | |
| derzeitige Krise auszunutzen. | |
| Frankreich und die EU-Grünen etwa schlagen Derartiges temporär vor, eine | |
| Art EU-Soli und gemeinsame Kredite, von allen Staaten abgesichert, um den | |
| Wiederaufbau nach Corona zu ermöglichen. Eine vierte Säule soll das sein, | |
| zeitlich befristet – neben den Krisenprogrammen der Europäischen | |
| Zentralbank (EZB), der Europäischen Investitionsbank (EIB) und dem | |
| Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM). | |
| [2][Die Bundesregierung ist strikt dagegen], was wenig verwundert: Die | |
| vierte Säule könnte schnell zur Dauereinrichtung werden. Emmanuel Macron | |
| und auch die Grünen wollen die Krise nutzen, um ihre – richtigen – | |
| Vorstellungen von Europa durchzusetzen. Kann man machen, sollte man aber | |
| auch so sagen. Und nicht so tun, als ginge Europa zugrunde, wenn am Ende, | |
| wie von Berlin gefordert, ESM oder EIB die Coronakrise finanzieren. | |
| Der ESM würde in der Krise so funktionieren: Er nimmt zinsgünstige Schulden | |
| auf, für die alle Euroländer gemäß ihrer Wirtschaftskraft haften. Das Geld | |
| gibt er ebenso günstig an einzelne Mitgliedsstaaten weiter, die sonst | |
| höhere Zinsen zahlen müssten. Das ist im Kern auch die Idee gemeinsamer | |
| Bonds, egal mit welcher Vorsilbe versehen. | |
| Im Detail gibt es Unterschiede. Der wichtigste ist, dass bei ESM-Krediten | |
| die Schuldenquote jener Länder steigen würde, die sie erhalten. Bonds | |
| könnte man so gestalten, dass sich die EU als Institution verschuldet und | |
| die einzelnen Staaten für diese Schulden haften – was am | |
| Gesamtschuldenstand einzelner Länder nichts ändert. Alles klar? Eben. | |
| Gefrickel. | |
| ## Der ESM ist nicht igitt | |
| Zumal, und das übersehen viele, hinter allen Instrumenten die Europäische | |
| Zentralbank als Absicherung steht. Sie kauft Staatsschulden einzelner | |
| Euroländer von den Anleihemärkten, um die Zinsen niedrig zu halten. Genauso | |
| würde die EZB Schuldentitel der EU-Kommission, des ESM oder eines neu | |
| geschaffenen Instruments aufkaufen, um dort die Zinsen bezahlbar zu machen. | |
| Und wenn die Schuldentitel irgendwann fällig werden? Dann ersetzt sie die | |
| EZB einfach durch neue. | |
| Es braucht deutlich höhere Garantien der finanziell starken Länder für die | |
| schwächeren, egal wie. Das ist ein Imperativ politischer Solidarität und | |
| langfristiger ökonomischer Stabilität. Das Instrument, das man dazu nutzt, | |
| ist zumindest derzeit zweitrangig. Ausgemacht sind diese höheren Garantien, | |
| allen voran aus Deutschland, aber noch nicht. Der Rest Europas könnte es | |
| Berlin leichter machen und bestehende Institutionen nutzen. Statt so zu | |
| tun, als seien vom ESM bereitgestellte Milliarden irgendwie igitt. | |
| 7 Apr 2020 | |
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| Ingo Arzt | |
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