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# taz.de -- Entwicklungszusammenarbeit: Hilfe für Myanmar ausgesetzt
> CSU-Minister Gerd Müller beendet von Bangladesch aus die deutsche
> Entwicklungshilfe für Myanmar – wegen der Vertreibung der muslimischen
> Rohingya.
Bild: Rohingya auf dem Weg zum Gericht in Hlegu, wo sie wegen nicht genehmigter…
BANGKOK taz | Die deutsche Bundesregierung hat sich bisher in
Menschenrechtsfragen zu Myanmar, das sich derzeit [1][vor den höchsten
internationalen Gerichten wegen Vorwürfen des Völkermords an den Rohingya
verantworten] muss, zumindest öffentlich nicht in den Vordergrund gedrängt.
Umso überraschender kam die Ankündigung von Minister Gerd Müller, die
Entwicklungszusammenarbeit mit dem südostasiatischen Land vorerst zu
stoppen.
Seit Wiederaufnahme der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit Myanmar
hatte Deutschland dem Land 153 Millionen Euro an Hilfen zugesagt.
„Myanmar muss die Rückkehr der Rohingya-Flüchtlinge in Sicherheit
garantieren. Bis dahin werden wir unsere Entwicklungszusammenarbeit
aussetzen“, erklärte Müller in einem am Mittwoch gesendeten Tweet des
Ministeriums zufolge bei einem Besuch in Bangladesch. [2][Dort besuchte er
auch Flüchtlingslager der Rohingya.] Auf Nachfrage der taz hieß es am
Donnerstag aus seinem Ministerium: „Die Wiederaufnahme der Zusammenarbeit
ist nicht davon abhängig, ob alle Flüchtlinge nach Myanmar zurückgekehrt
sind.“
Der in Deutschland lebende Aktivist Nay San Lwin von der „Free Rohingya
Coalition“ begrüßte die Aussetzung der deutschen Hilfe und dankt der
Bundesregierung: „Deutschland hat der Welt gezeigt, wie man mit den Tätern
solcher Menschenrechtsverletzungen umgeht. Andere Länder sollten sich ein
Vorbild nehmen.“
## Entwicklungshelfer überrascht
Weniger erfreut waren Entwicklungshelfer in Yangon. Obwohl seit Wochen
entsprechende Gerüchte kursierten, überrascht viele Art und Weise der
Ankündigung. „Ich habe nicht damit gerechnet aus einer Pressemitteilung von
einer solchen Entscheidung zu erfahren“, sagt der Mitarbeiter einer
deutschen Organisation in Yangon.
Er habe auch keine Informationen darüber, was dies für seine Arbeit
bedeutet. „Ich reise morgen in die Provinz und weiß nicht, was ich unseren
Projektpartnern sagen soll.“
Aus dem Entwicklungshilfeministerium (BMZ) verlautete am Tag nach
Veröffentlichung der Pressemitteilung, man sei noch dabei, die Details zu
eruieren und die Akteure zu informieren.
„Nach jahrzehntelanger Isolation Myanmars haben wir uns hier als deutsche
Entwicklungshilfe mühsam Vertrauen erarbeitet. Diese Unsicherheit und dass
es jetzt so aussieht, als würden wir einfach auf und davon rennen, halte
ich für höchstproblematisch“, sagt der Projektmitarbeiter.
## Reaktion des Ministers auf Besuch in Flüchtlingslager
Ein BMZ-Sprecher sagte der taz auf Anfrage: „Es werden keine neuen Projekte
beauftragt. Bestehende Zusagen werden aber eingehalten.“ Investitionsruinen
sollten nicht entstehen. Die Entscheidung sei eine Reaktion des Ministers
darauf gewesen, was er beim [3][Besuch eines Flüchtlingslagers] erfahren
habe.
„Ich habe es eben meinen Mitarbeitern mitgeteilt, immerhin steht es jetzt
ja in Deutschland in der Zeitung“, sagt Axel Harneit-Sievers, Direktor der
Heinrich-Böll-Stiftung in Yangon. Die parteinahen Stiftungen sind nicht
Teil der klassischen Entwicklungszusammenarbeit. „Was das hier für uns
unter Umständen dennoch bedeutet, kann ich noch nicht sagen.“
Renate Künast, grüne Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der
Asean-Parlamentariergruppe pocht regelmäßig darauf, wie wichtig der Dialog
mit der früheren Militärdiktatur ist. Jetzt warnt sie vor den
geopolitischen Folgen der Abwendung von Myanmar. „China kauft sich schon
jetzt massiv in Myanmar ein.“ Das sei nicht in deutschem Interesse.
## Künast: „Am Ende trifft es die Falschen“
„Der Minister scheint nicht erklären zu können, was eigentlich seine
Strategie ist,“ sagt Künast. 2018 besuchte sie ein Projekt der deutschen
Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Rakhine, dem
Heimatstaat der Rohingya und eine der ärmsten Regionen des Landes. Mit
deutschem Geld wurden dort Familien beim Gemüseanbau unterstützt. Projekte
wie dieses wird es wohl nicht mehr geben. „Am Ende trifft es die Falschen“,
fürchtet Künast.
Deutschland friert seine Entwicklungszusammenarbeit nicht zum ersten Mal
ein. Mit dem Sudan wurde nach dem Putsch unter Führung von Omar Bashir die
Kooperation gestoppt. Das BMZ plant jetzt nach der Absetzung Bashirs 2019
eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit. Auch in Simbabwe habe man sich in
der Vergangenheit aufgrund der politischen Situation aus der
Entwicklungshilfe zurückgezogen.
27 Feb 2020
## LINKS
[1] /Voelkermordverfahren-gegen-Myanmar/!5653676
[2] /Vertreibung-der-Rohingya/!5617773
[3] /Fluechtlinge-in-Bangladesch/!5637710
## AUTOREN
Verena Hölzl
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