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# taz.de -- Pressefreiheit in Myanmar: Als Terrorist angeklagt
> Myanmars mächtiges Militär rächt sich für ein Interview mit einem
> Rebellensprecher. Dem Chefredakteur der Newsseite droht lebenslänglich.
Bild: Ko Nay Lin, Chefredakteur der Voice of Myanmar, am Dienstag vor Gericht i…
BERLIN taz | Die Polizei in Myanmars zweitgrößter Stadt Mandalay hat am
Montag den Chefredakteur Ko Nay Lin von der englisch- und
birmesischsprachigen Nachrichtenwebseite Voice of Myanmar (VOM)
festgenommen. Laut der Webseite der früheren Exilzeitschrift [1][Irrawaddy]
hatte der Journalist am 27. März ein Interview mit dem Sprecher der
ethnischen Rebellengruppe Arakan Army (AA) veröffentlicht.
Diese kämpft im Westen des südostasiatischen Landes an der Grenze zu
Bangladesch für einen eigenen Staat und wurde von der Regierung am 23. März
als Terrororganisation eingestuft.
Das Interview mit dem AA-Sprecher wird von den Behörden als Verstoß gegen
das Anti-Terrorismus-Gesetz gewertet. Darauf steht eine Haftstrafe zwischen
zehn Jahren und lebenslänglich. Am Dienstag wurde Ko Nay Lin formal
angeklagt, die erste Anhörung in seinem Fall soll bereits am 9. April
stattfinden. Seit seiner Festnahme ist die VOM-Webseite blockiert.
Die internationale Organisation [2][Komitee zum Schutz von Journalisten
(CPJ)] fordert die umgehende Freilassung von Ko Nay Lin. „Über bewaffnete
Konflikte zu berichten heißt nicht selbst ein Terrorist zu sein. Es gibt
keine Rechtfertigung für die Drohung mit lebenslanger Haft,“ erklärte
CPJ-Südostasienvertreter Shawn Crispin. Myanmar müsse seine Angriffe auf
Journalisten beenden.
## Nationaler Presserat protestiert
Phil Robertson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch
bezeichnet die Anklage als absurd. Es gehe Myanmars mächtigem Militär
allein darum, dass es in dem bewaffneten Konflikt keine Berichte gibt, die
es nicht kontrollieren kann.
Auch Myanmars Presserat protestiert gegen die Festnahme. Es sei die Pflicht
eines Journalisten neutral zu berichten und deshalb bei einem Konflikt mit
beiden Seiten zu sprechen, erklärte Ko Kyaw Swa Min. Und wenn es schon zu
einer Anklage käme, sei das Mediengesetz und nicht das
Anti-Terrorismus-Gesetz anzuwenden.
Bereits Mitte März war mit U Ye Ni ein [3][Reporter der
birmessichsprachigen Webseite des früheren Exilorgans Irrawaddy angeklagt]
worden. Er hatte im April letzten Jahres über einen bewaffneten
Zusammenstoß zwischen der Arakan Army und dem birmesischen Militär in der
Stadt Mrauk-U berichtet. Ihm wird ein Verstoß gegen das
Telekommunikationsgesetz vorgeworfen. Es drohen zwei Jahre Haft und eine
saftige Geldstrafe.
Arakan, heute Rakhine genannt, war bis zur Eroberung durch die Birmanen
1784 ein unabhängiges Königreich gewesen. Später wurde es ein Teil von
Britisch-Indien. In Myanmar kämpfen heute mehrere ethnische Gruppen um
Autonomie oder eine Abspaltung.
## Pressefreiheit: Platz 138
In Rakhine hat der aktuelle Konflikt mit der buddhistischen AA in den
letzten Jahren zur Flucht von mehreren zehntausende Menschen geführt. Zudem
hat das birmesische Militär von dort rund eine Million Menschen der
muslimischen Volksgruppe der Rohingya gewaltsam nach Bangladesch getrieben.
In Myanmar ist das Militär weiterhin die entscheidende Macht. Die frühere
Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi führt
zwar de-facto die Regierung. Die birmesische Nationalistin ist formal
Staatsrätin, aber hat es vor allem bisher noch nie gewagt, die Medien
gegenüber dem Militär in Schutz zu nehmen.
In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen nimmt Myanmar
den 138. Rang von 180 Nationen ein.
1 Apr 2020
## LINKS
[1] https://www.irrawaddy.com/news/burma/myanmars-special-branch-police-sue-edi…
[2] https://cpj.org/2020/03/myanmar-editor-faces-life-in-prison-for-publishing.…
[3] https://www.irrawaddy.com/news/burma/myanmar-military-case-irrawaddy-editor…
## AUTOREN
Sven Hansen
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