# taz.de -- Gambias Justizminister gegen Myanmar: Kämpfer gegen Völkermord | |
> Der gambische Minister Ba Tambadou brachte den Internationalen | |
> Gerichtshof dazu, Myanmar zu verurteilen. An das Thema kam er eher | |
> zufällig. | |
Bild: Erst Menschenrechtsaktivist, nun Gambias Justizminister: Abubacarr Marie … | |
Berlin taz | Wie konnte ausgerechnet das kleine Gambia tief in Westafrika | |
vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine Verurteilung Myanmars | |
wegen [1][Völkermord an den Rohingya] erwirken? Der Erfolg hat einen Namen: | |
Ba Tambadou, Gambias Justizminister. | |
Abubacarr Marie Tambadou, wie der in Großbritannien ausgebildete 47-Jährige | |
mit vollem Namen heißt, kam eher durch Zufall an das Thema. Er sprang ein, | |
als Gambias Außenminister im Mai 2019 einem Gipfeltreffen der Organisation | |
für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Bangladesch fernblieb. So war er mit | |
von der Partie, als eine Delegation des muslimischen Staatenbundes dort die | |
Rohingya-Flüchtlingslager besichtigte. | |
„Da erkannte ich, wie viel ernster das war als die Blitzberichte im | |
Fernsehen“, erzählte der Minister später im BBC-Interview und schilderte, | |
was er zu hören bekam: „Häuser wurden niedergebrannt, Babys aus den Armen | |
ihrer Mutter gerissen und lebendig ins Feuer geworfen, Männer | |
zusammengetrommelt und hingerichtet, Mädchen gruppenvergewaltigt“. Das | |
„trug alle Merkmale des Völkermords“, sagte er. | |
Tambadou wusste, wovon er sprach. Von 2003 an hatte er in der | |
Anklagebehörde des UN-Völkermordtribunals für Ruanda gearbeitet – bis zur | |
Schließung des Gerichtshofs im tansanischen Arusha im Jahr 2016. In den | |
90er Jahren war er Generalstaatsanwalt seines Heimatlands. Später, als | |
Militärherrscher Yahya Jammeh [2][eine straffe Diktatur] errichtete, wurde | |
er als Menschenrechtsaktivist bekannt. | |
In Arusha erwirkte er mehrere Verurteilungen [3][von Verantwortlichen für | |
den Völkermord] an einer Millionen Tutsi in Ruanda 1994: darunter der | |
damalige Generalstabschef Augustin Bizimungu und der damalige | |
Militärmachthaber Théoneste Bagosora. Daraus hat Tambadou die Gewissheit | |
gezogen, dass es auch im Falle der Rohingya Myanmars einen Völkermord zu | |
ahnden gibt – und so sorgte er dafür, [4][dass Gambia im Namen der IOC | |
Klage] erhob. | |
Für den Juristen hatte die Arbeit des Ruanda-Tribunals genau im richtigen | |
Moment geendet. Wenige Monate später erlebte Gambia eine denkwürdige Wahl, | |
bei der Diktator Jammeh erst seine Niederlage und dann seinen Sieg | |
verkündete und Anfang 2017 durch das Eingreifen westafrikanischer | |
Nachbarländer ins Exil gezwungen wurde. Der gewählte Präsident Adama Barrow | |
holte Tambadou als Justizminister in sein Kabinett. | |
Mit als Erstes machte Tambadou [5][Gambias Austritt aus dem Internationalen | |
Strafgerichtshof] rückgängig – dessen Chefanklägerin Fatou Bensouda ist | |
ebenfalls aus Gambia, wie auch der letzte Chefankläger des | |
UN-Ruanda-Tribunals, Hassan Bubacar Jallow, heute Gambias | |
Generalstaatsanwalt. Das kleine Land ist ein großer Player des | |
Völkerstrafrechts. | |
Auch in der Heimat blieb Tambadou nicht untätig. Die Todesstrafe wurde | |
abgeschafft, alle politischen Gefangenen kamen frei, eine | |
Wahrheitskommission entstand. Das Rohingya-Verfahren, bei dem Tambadou die | |
Anklage vertrat, hat Gambia nun weltweit Sympathien eingebracht. | |
24 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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