| # taz.de -- Vertreibung der Rohingya: Sie wollen zurück, können aber nicht | |
| > Vor zwei Jahren begann in Myanmar die Vertreibung der Rohingya, Tausende | |
| > starben. Ohne Sicherheitsgarantien werden sie nicht zurückkehren. | |
| Bild: Rohingya im Camp Kutupalong demonstrieren für ihre Rückkehr nach Myanmar | |
| Yangon taz | Die Busse standen am Straßenrand aufgereiht, parat wie für | |
| einen Ausflug. Doch die Reise sollte für 3.000 Rohingya-Flüchtlinge zurück | |
| in ein Land gehen, das vor zwei Jahren den schleichenden Völkermord an | |
| ihrer Minderheit vollendet hat: Myanmar, das frühere Birma. Eingestiegen | |
| ist letztlich niemand. Damit ist in Bangladesch letzte Woche zum inzwischen | |
| dritten Mal ein Rückführungsversuch gescheitert. | |
| Am Sonntag ist es genau zwei Jahre her, dass [1][Myanmars Militär] einen | |
| Angriff von aufständischen Rohingya mit einer Offensive beantwortet hat, | |
| die von der UNO als Genozid bezeichnet wird. Soldaten brannten Hunderte | |
| Dörfer nieder. Sie vergewaltigten, folterten und ermordeten – konservativen | |
| Schätzungen zufolge fast 10.000 Menschen. Mehr als 700.000 Rohingya, in | |
| Myanmar seit Jahrzehnten als angeblich nichtsnutzige Einwanderer aus dem | |
| benachbarten Bangladesch verschrien, flohen innerhalb weniger Wochen über | |
| die Grenze, wo man sie mit viel Empathie empfing. | |
| Doch das Mitgefühl ist gewichen. In Bangladeschs Grenzregion leben heute | |
| mehr Rohingya als Bangladescher. Das Land ist selbst überbevölkert und arm. | |
| „Wir sind in keiner Weise für diese menschgemachte Katastrophe | |
| verantwortlich, und wir können nicht alle diese Probleme lösen“, erklärte | |
| Flüchtlingskommissar Abul Kalam der taz im letzten Jahr. Die Rohingya | |
| müssten deshalb zurück. Oder zumindest müsse es so aussehen, als würde man | |
| alles dafür versuchen. Die Leidtragenden sind einmal mehr die Rohingya. Von | |
| den Plänen erfahren haben sie im Camp vor allem aus Medienberichten. | |
| „Wenn niemand mit uns redet, wird es keine Rückführung geben“, sagt Mohib | |
| Ullah von der Arakan Rohingya Society for Peace and Human Rights (ARSPH), | |
| der im Camp Kutupalong zu einem Führer der Rohingya wurde. Während die | |
| Regierungen von Myanmar und Bangladesch wissen, dass die Rohingya nicht | |
| freiwillig zurückkehren – zumindest nicht in großer Zahl –, führt der | |
| politische Zirkus um die Rückführung in den Camps stets zu Aufruhr und | |
| Panik. Flüchtlinge versteckten sich, manche versuchten sogar, sich das | |
| Leben zu nehmen. | |
| Doch selbst wenn sie niemand nach Myanmar zurückzwingt, lassen die | |
| Aussichten für ein Leben in den inzwischen 34 Flüchtlingscamps die | |
| traumatisierten Rohingya nicht zur Ruhe kommen. Es gibt weder Arbeit noch | |
| ausreichend Schulen. Seit geraumer Zeit möchte Bangladesch einen Teil der | |
| Flüchtlinge auf einer abgeschiedenen und regelmäßig überfluteten Insel im | |
| Meer unterbringen. Hilfsorganisationen zeigen sich besorgt, doch | |
| Bangladeschs Premierministerin Sheik Hasina, die sich zu Beginn der | |
| Flüchtlingskrise gern als „Mutter der Menschlichkeit“ feiern ließ, betont, | |
| man habe „wunderschöne Häuser und Gebäude“ gebaut. | |
| „Die Rohingya auf einer Insel abzustellen, wo sie erneut um ihre Sicherheit | |
| fürchten müssen, ist keine Lösung“, sagt Brad Adams von Human Rights Watch. | |
| Bangladeschs Behörden entgegnen, die Gebäude und Zyklon-Schutzunterkünfte, | |
| die man für 100.000 Rohingya gebaut habe, seien besser als das, was viele | |
| eigene Landsleute hätten. | |
| „Das Ausland sollte nicht ständig Bangladesch kritisieren, das uns schon so | |
| lange beherbergt, sondern vielmehr Druck auf Myanmar ausüben“, sagt ein | |
| Flüchtling im Camp. Wie eigentlich alle befragten Rohingya wünscht er sich | |
| nichts sehnlicher, als nach Hause zurückzukehren. Aber nicht um jeden | |
| Preis. Die staatenlosen Rohingya fordern, ihre myanmarische | |
| Staatsbürgerschaft zurückzubekommen, die man ihnen in den Jahren | |
| weggenommen hat. Außerdem wollen sie Garantien für ihre Sicherheit. | |
| ## Die internationale Hilfsbereitschaft lässt nach | |
| Wie die aussehen sollen, ist unklar. Myanmar leugnet weiter, dass sein | |
| Militär den Rohingya überhaupt irgendetwas angetan habe. Zudem brach in der | |
| Heimatregion der Rohingya zu Jahresbeginn ein neuer Konflikt zwischen | |
| Aufständischen einer buddhistischen Minderheit und dem Militär aus. | |
| Zehntausende Menschen wurden vertrieben. [2][Amnesty International | |
| bezichtigt das Militär erneuter Kriegsverbrechen]. | |
| Während man sich in Myanmar Einmischung aus dem Ausland verbittet, kostet | |
| die humanitäre Krise in Bangladesch die Vereinten Nationen allein 2019 rund | |
| 920 Millionen Dollar. Die Bereitschaft der Weltgemeinschaft, den Rohingya | |
| zu helfen, lässt nach. „Wir spüren, dass wir längst nicht mehr so viel | |
| Hilfe bekommen wie zu Beginn“, sagt Mohib Ullah von ARSPH. | |
| Am Sonntag erinnerten mehrere zehntausend Rohingya in Kutupalong mit | |
| Protestgebeten an den Beginn der Vertreibung vor zwei Jahren. Sie wollen | |
| zurück in ihr Heimatland und dort in Frieden leben. „Wenn die Leute aus dem | |
| Ausland uns helfen, muss das doch möglich sein“, erklärt Imam Zahid | |
| Hossain. „Hätten wir Flügel, dann würden wir noch heute zurückfliegen.“… | |
| weiß, dass dies so schnell nicht passieren wird. | |
| 25 Aug 2019 | |
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| [1] /US-Sanktionen-gegen-Myanmar/!5612291 | |
| [2] /Bericht-von-amnesty-international/!5599014 | |
| ## AUTOREN | |
| Verena Hölzl | |
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