# taz.de -- Völkermordvorwurf gegen Myanmar: Kein Vorsatz zum Genozid | |
> Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi gibt in Den Haag zu, es habe | |
> eventuell Übergriffe gegen Rohingya gegeben. Aber nicht mit Absicht. | |
Bild: Bestreitet jede Schuld: Aung San Suu Kyi am Mittwoch vor dem Internationa… | |
DEN HAAG dpa/rtr | Im [1][Völkermord-Verfahren] vor dem Internationalen | |
Gerichtshof hat Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi Vorwürfe gegen | |
ihr Land entschieden zurückgewiesen. Die Beschuldigungen seien „irreführend | |
und unvollständig“, betonte die Friedensnobelpreisträgerin am Mittwoch vor | |
dem höchsten UN-Gericht in Den Haag. | |
Das westafrikanische Gambia hatte Klage eingereicht und Myanmar wegen der | |
Gewalttaten der Militärs gegen die muslimische Rohingya-Minderheit | |
Völkermord vorgeworfen. Aung San Suu Kyi rechtfertigte aber das Vorgehen. | |
Die Armee verteidige nur das Land gegen Angriffe bewaffneter Rebellen. | |
„Wir haben einen internen bewaffneten Konflikt in Myanmar“, sagte Aung San | |
Suu Kyi vor den 17 internationalen Richtern im Friedenspalast. Der Konflikt | |
gehe auf bereits seit Jahrzehnten andauernde Spannungen zurück. Im Herbst | |
2016 hätten Rohingya-Rebellen im Bundesstaat Rakhine Polizeistationen | |
angegriffen. Daraufhin habe das Militär reagiert. Dabei habe es | |
möglicherweise auch Übergriffe gegeben, räumte sie ein. | |
Die Justiz Myanmars [2][verfolge Schuldige strafrechtlich]. Außerdem sei | |
eine unabhängige Untersuchung eingeleitet worden. „Tragischerweise führte | |
der Konflikt zu einem Exodus von tausenden Menschen.“ | |
## Auch der Internationale Strafgerichtshof ermittelt | |
Dutzende Demonstranten bekundeten vor dem Gerichtsgebäude ihre Solidarität | |
mit Myanmar und Suu Kyi und jubelten der Politikerin zu. Auf Transparenten | |
stand: „Wir stehen hinter Myanmar.“ | |
Das westafrikanische Gambia beruft sich in der Klage auf die | |
Völkermord-Konvention von 1948 und stützt sich auf einen Bericht von | |
UN-Ermittlern. Sie hatten dem Militär „anhaltenden Völkermord“ zur Last | |
gelegt. Soldaten hätten Tausende Menschen ermordet, Frauen und Kinder | |
vergewaltigt, Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und Menschen lebendig in | |
ihren Häusern verbrannt. Mehr als 700.000 Menschen waren vor der Gewalt | |
[3][in das Nachbarland Bangladesch geflohen]. | |
Mehrere Massenvertreibungen während der Balkan-Kriege in den 1990er Jahren | |
seien nicht als Völkermord behandelt worden, argumentierte Suu Kyi weiter. | |
Die internationale Justiz habe der Versuchung widerstanden, diese legale | |
Bewertung anzuwenden, denn die Absicht, die betroffene Gruppe als ganze | |
oder teilweise zu zerstören, sei nicht gegeben gewesen. | |
Das UN-Gericht berät noch bis Donnerstag über die Klage. Zunächst muss es | |
über die von Gambia beantragten Sofortmaßnahmen gegen Myanmar entscheiden, | |
um die noch im Land lebenden rund 600.000 Rohingya zu schützen. Ein Urteil | |
darüber wird in wenigen Wochen erwartet. | |
Anschließend wird das Hauptverfahren eingeleitet. Das könnte mehrere Jahre | |
dauern. Bisher hat der Internationale Gerichtshof nur den Massenmord | |
serbischer Einheiten an Muslimen in der bosnischen Enklave Srebrenica 1995 | |
als Völkermord anerkannt. | |
Mitte November hatte der [4][Internationale Strafgerichtshof] (IStGH) | |
Ermittlungen zu möglichen Verbrechen gegen die Rohingya in Myanmar | |
zugestimmt. Es gebe „eine glaubwürdige Basis“ für die Annahme, dass „we… | |
verbreitete und/oder systematische Gewaltakte“ begangen worden seien, die | |
als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden könnten, hieß es | |
zur Begründung. Die UN werfen dem Militär eine Kampagne gegen die Rohingya | |
mit „genozidaler Absicht“ vor. | |
11 Dec 2019 | |
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