# taz.de -- Von der Leyens European Green Deal: Programm zum Discountpreis | |
> Die EU-Kommission plant eine grüne Revolution für den Klimaschutz. Aber | |
> frisches Geld für das Riesenvorhaben gibt es kaum. | |
Bild: Treibt nicht viel frisches Geld für ihren Green Deal auf: EU-Kommissions… | |
Berlin taz | Die Kommissionschefin wählte große Worte: Einen „Fahrplan zum | |
Handeln“ nannte Ursula von der Leyen ihren [1][„Green Deal“] im Dezember | |
2019, mit dem „wir unsere Wirtschaft mit unserem Planeten versöhnen“. Zwei | |
Monate später wird es nun ernst mit dem ehrgeizigen Vorhaben, Europa bis | |
2050 „klimaneutral“ und wirtschaftlich erfolgreich zu machen. Doch bei den | |
nackten Zahlen zeigt sich: Die Kommission hat zwar viele Gesetze und | |
Verordnungen im Angebot – aber kaum neues Kapital, um die nötigen | |
Milliardeninvestitionen in eine grüne Infrastruktur zu bezahlen. | |
Der „Green Deal“ ist ein ökowirtschaftliches Schockprogramm, das die [2][EU | |
auf Klimakurs] bringen soll: Noch in diesem Frühjahr will die Kommission | |
ein neues EU-Klimagesetz vorlegen. Sie will das CO2-Ziel bis 2030 (bisher | |
minus 40 Prozent) auf minus 50 bis 55 Prozent erhöhen, den Emissionshandel | |
verschärfen, neue Regeln für Autos einführen, eine CO2-Steuer für Importe | |
prüfen, den Schutz gegen Klimafolgen verbessern, Gebäude sanieren, grünen | |
Stahl herstellen, Stromspeicher fördern und die Landwirtschaft ergrünen | |
lassen. Insgesamt 50 Maßnahmen sollen dazu führen, dass die EU 2050 nur | |
noch so viel CO2 ausstößt, wie sie aus der Luft aufnimmt. | |
Das kostet viel Geld. Insgesamt 1.000 Milliarden Euro bis 2030, rechnet die | |
Kommission vor. Im heftig umkämpften EU-Haushalt bis 2027 sollen 25 Prozent | |
aller Mittel für Klima- und Umweltschutz ausgegeben werden. Das | |
EU-Parlament will einen Anteil 30 Prozent, der Deutsche Naturschutzbund DNR | |
sogar 40 Prozent. Außerdem solle die EU fossile Projekte nicht mehr | |
subventionieren, fordert DNR-Präsident Kai Niebert: „Jeder Euro, der in | |
umwelt- oder klimaschädliche Investitionen fließt, untergräbt die Zukunft | |
Europas.“ | |
Da die EU kein eigenes Geld hat, muss es von den Mitgliedstaaten kommen. | |
Laut EU-Planung setzt sich die Billion für den Green Deal bis 2030 zusammen | |
aus etwa 500 Milliarden aus dem EU-Haushalt, 140 Milliarden aus einem | |
„Fonds für den gerechten Übergang“, etwa 250 Milliarden an Krediten der | |
Europäischen Investitionsbank (EIB) und privaten Investitionen sowie 110 | |
Milliarden Kofinanzierung aus den Ländern. | |
## Zahlungen grüngerechnet | |
Diese Rechnung hat viele Unbekannte: Es ist unklar, wie viel Geld die | |
EU-Staaten der Kommission tatsächlich zusagen. Auch will die EU den | |
[3][Umbau zu einer Öko-Volkswirtschaft] praktisch ohne frisches Geld | |
schaffen. Schon bisher hat sie sich mit Buchungstricks grüngerechnet; so | |
gelten etwa pauschal 40 Prozent der Direktzahlungen an Bauern als | |
Ökomittel, obwohl die Landwirtschaft ein großer CO2-Emittent ist. | |
Schon im vergangenen Haushalt 2013–2020 wollte die EU 20 Prozent für das | |
Klima ausgeben. Und bereits 2016 warnte der EU-Rechnungshof, das Ziel werde | |
ohne Kurskorrektur verfehlt. Eine Bilanz gibt es bisher nicht. Eine Studie | |
der Organisation „Bankwatch“ fand jedenfalls 2019, dass der „Juncker-Plan… | |
(Efsi) der vorigen Kommission, mit dem 500 Milliarden Euro an Investitionen | |
angestoßen werden sollten, nur mit 29 Prozent den Klimaschutz finanzierte. | |
Die EU-Garantien unterstützten auch Investitionen in Ölraffinerien, | |
Gaspipelines, Straßenbau und Flughäfen. | |
Auch im groß angekündigten „Übergangsfonds“, der Regionen beim Abschied … | |
der Kohle helfen soll, sind von den 100 Milliarden bis 2027 nur 7,5 | |
Milliarden frisches Geld. Den Rest müssten die Staaten selbst aufbringen, | |
aus anderen EU-Töpfen für Strukturentwicklung oder Zusammenhalt umleiten | |
oder als Kredite der EIB aufnehmen. Die Bank wiederum hat im Januar | |
verkündet, zur „Klimabank“ werden zu wollen und bis 2025 die Hälfte ihrer | |
Kredite für die Umwelt auszugeben. Bankchef Werner Hoyer versicherte auch, | |
die EIB werde Ende 2021 aus der Finanzierung von Fossilen aussteigen. „Aber | |
dann sind alle Pipelines gebaut“, sagt Markus Trilling, Finanzexperte vom | |
Climate Action Network. Für ihn ist der Green Deal ein Beispiel für | |
„großartiges Marketing“ und ein Schritt in die richtige Richtung. Die | |
Finanzierung aber bleibe „alter Wein in neuen Schläuchen“. | |
Auch um das EU-Ziel der Klimaneutralität wird beim Poker um den Haushalt | |
gefeilscht. Polen wollte dabei als einziges Land nicht mitmachen. Zugang | |
zum „Übergangsfonds“ sollten aber nur Staaten bekommen, die das Ziel | |
akzeptieren. Der neueste Vorschlag von Ratspräsident Charles Michel ist nun | |
ein Kompromiss: Zugang auch für Polen – aber nur zur Hälfte der Summen. | |
20 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Von-der-Leyens-Green-Deal/!5645980 | |
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## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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