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# taz.de -- EU-Klimaschutzgesetz vorgestellt: Bruchlandung mit Greta
> Das Klimaschutzgesetz der EU sollte Europas Mondlandung werden. Doch für
> Klimaaktivistin Greta Thunberg stellen die Pläne eine Kapitulation dar.
Bild: Inhaltlich nicht zueinander gefunden: Frans Timmermans, Ursula von der Le…
Es war ein PR-Desaster mit Ansage. Schon vor ihrer Ankunft in Brüssel hatte
Greta Thunberg, Star der „Fridays for Future“-Bewegung, das neue
EU-Klimagesetz in der Luft zerrissen. In einem offenen Brief, den auch die
deutsche Aktivistin Luisa Neubauer unterschrieben hat, sprach die
17-jährige Schwedin von einer „Kapitulation“. Es helfe gar nichts, wenn
sich die EU nun auch per Gesetz zum Ziel der Klimaneutralität bis 2050
bekenne, so Thunberg. Auch der „European Green Deal“ sei nicht genug. „Die
Natur macht keine Deals“, heißt es in dem Schreiben. Nötig seien
Sofortmaßnahmen und nicht vage Zielvorgaben ab 2030, wie sie im EU-Entwurf
stehen.
Das war eine Ohrfeige für Ursula von der Leyen. Die
EU-Kommissionspräsidentin hatte „Greta“ eigens eingeladen, an der
wöchentlichen Kommissionssitzung teilzunehmen, bei der der Klimaplan
verabschiedet wurde. Seht her, wir reden nicht nur mit der Jugend, sondern
wir handeln auch, so die erhoffte frohe Botschaft.
Doch das ging daneben. Beim Treffen mit den Kommissaren herrschte dicke
Luft. „Ich habe Greta meinen Standpunkt dargelegt, doch sie ließ sich nicht
überzeugen“, fasste Klimakommissar Frans Timmermans den Austausch zusammen.
Das sei aber nicht weiter schlimm, denn die EU werde in der Klimapolitik
„liefern“. Doch daran gibt es erhebliche Zweifel – nicht nur bei den
Klimaaktivisten, sondern auch im Europaparlament.
Kurz nach dem Schlagabtausch in der Kommission nahm Thunberg an einer
Sitzung des Umweltausschusses im Europaparlament teil. Dort herrschte eine
ganz andere Stimmung als im Berlaymont, dem Sitz der EU-Behörde. Thunberg
wurde zwar auch hier wie ein Star empfangen – mit Blitzlichtgewitter und
großem Gedränge. Doch die EU-Abgeordneten hörten nicht nur höflich zu,
sondern quittierten Thunbergs zehnminütige Rede mit Standing Ovations.
Sogar der CDU-Umweltpolitiker Peter Liese lobte das „beeindruckende
Statement“.
## Thunberg hält Politikern den Spiegel vor
Dabei hat Thunberg den EU-Politikern den Spiegel vorgehalten. „Als das
Europaparlament im letzten Herbst den Klimanotstand ausrief, war das eine
wunderbare Botschaft“, sagte sie. Doch danach sei nichts geschehen. „Unser
Haus steht in Flammen, das haben Sie selbst gesagt.“ Statt die Feuerwehr zu
rufen, seien die Politiker aber „wieder ins Haus gegangen, um das
Abendessen zu beenden“. Die EU brauche keine Klimaziele für 2050 oder 2030,
sondern für 2020 und jedes Folgejahr, forderte Thunberg.
Tatsächlich ist dies ein Schwachpunkt der Vorlage, die eigentlich den
Grundstein der europäischen Klimapolitik legen soll. Sie enthält keine
Sofortmaßnahmen. Selbst das umstrittene Ziel für 2030 soll erst im
September folgen. Das ist auch vielen Europaabgeordneten ein Dorn im Auge.
„Die Uhr tickt, wir brauchen Action“, sagte der Vorsitzende des
Umweltausschusses, Pascal Canfin, der die Ausrufung des Klimanotstands mit
initiiert hatte. September sei zu spät, wenn die EU wie versprochen bei der
Klimakonferenz im November in Glasgow eine Führungsrolle einnehmen wolle.
Widerstand ganz anderer Art ist im EU-Ministerrat zu erwarten, der das
Klimagesetz schon am Donnerstag diskutieren könnte. Viele EU-Staaten stoßen
sich an einer Klausel, die es der EU-Kommission erlauben soll, die
Klimaziele ab 2030 in Eigenregie nachzuschärfen – zur Not auch gegen die
Mitgliedsstaaten und das Parlament. Damit werde die Demokratie ausgehebelt,
schimpft der CDU-Abgeordnete Markus Pieper.
Von der Leyen kann es offenbar niemandem recht machen. Sie hat ihren „Green
Deal“ mit der Mondlandung verglichen und wollte Greta mit auf die Reise
nehmen. Stattdessen erlebt sie nun ihre erste Bruchlandung.
4 Mar 2020
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Green Deal
Schwerpunkt Klimawandel
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