# taz.de -- Finanzgipfel der EU gescheitert: Das bisschen Haushalt | |
> Anderthalb Tage an Verhandlungen sind zu wenig: Die Regierungen der | |
> Einzelstaaten können sich nicht auf die Finanzen der EU einigen. | |
Bild: Es gibt noch viel zu besprechen: Angela Merkel und Emmanuel Macron | |
BRÜSSEL rtr | Die 27 EU-Regierungen sind am Freitag mit dem Versuch | |
gescheitert, sich auf den [1][Umfang und die Verteilung der Finanzen] der | |
Union bis 2027 zu einigen. Nach eineinhalb Tagen Verhandlungen in Brüssel | |
brach EU-Ratspräsident Charles Michel am Freitagabend die Gespräche wegen | |
zu großer Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungen ab. | |
„Wir brauchen mehr Zeit“, sagte er zur Begründung. Nun soll auf einem | |
weiteren Gipfel versucht werden, sich auf ein neues Finanztableau der EU ab | |
2021 zu einigen. Ein Datum wurde in Brüssel aber nicht genannt. Erschwert | |
wurden die Verhandlungen diesmal dadurch, dass die Mitgliedstaaten die | |
Lücke stopfen müssen, [2][die der Austritt Großbritannien] im EU-Etat | |
gerissen hat. | |
Am Ende zeigten sich vor allem unterschiedliche Interessen zwischen den | |
Nettozahlern in der EU und den Staaten, die wesentlich mehr Geld aus der | |
EU-Kasse erhalten als sie einzahlen. Dänemark, Österreich, Schweden und die | |
Niederlande beharrten darauf, dass die Zahlung der Mitgliedstaaten an den | |
EU-Haushalt wie bisher bei maximal einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts | |
festgeschrieben wird. | |
Ratspräsident Michel hatte dagegen ursprünglich einen Wert von 1,074 | |
Prozent vorgeschlagen. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban forderte | |
sogar wie das Europäische Parlament eine 1,3-Prozent-Grenze. | |
Am Freitagabend legte Michel noch einen letzten Kompromissvorschlag vor, um | |
einen Interessenausgleich zu finden. So schlug er vor, dass auch | |
Deutschland einen Rabatt auf seine Beiträge bis 2027 erhalten soll. Der | |
Plan stieß jedoch auf Ablehnung, woraufhin die Verhandlungen abgebrochen | |
wurden. | |
## Mathematische Grundrechenarten gesucht | |
Bereits in der ersten Verhandlungsrunde hatte sich am Donnerstag gezeigt, | |
dass sich die Positionen unversöhnlich gegenüberstehen. Dabei ging es aber | |
nicht nur um die Höhe der nationalen Beiträge, sondern auch die Frage, | |
wofür das Geld ausgegeben werden soll. Merkel sowie andere Nettozahler | |
hatten eine zu starke Ausrichtung der Ausgaben auf die Bereiche | |
Landwirtschaft und Strukturpolitik kritisiert. Sie forderten mehr Ausgaben | |
für [3][Zukunftsbereiche wie Klima], Sicherheit und Innovation. | |
Dagegen hatten sich vor allem Frankreich sowie ost- und südeuropäische | |
Staaten dafür eingesetzt, nicht bei den Struktur- und Agrarmitteln zu | |
kürzen. „Das alles muss irgendwie dann noch den mathematischen | |
Grundrechenarten entsprechen. Und um das zusammenzubringen, braucht man | |
einfach noch etwas Zeit“, sagte Merkel. | |
Die Kanzlerin hatte zuvor darauf verwiesen, dass Deutschlands Zahlungen an | |
die EU wegen des Brexit schon bei einer Obergrenze von einem Prozent um | |
zehn Milliarden Euro jährlich stiegen. Die Nettozahler hatten zum | |
Gipfelauftakt kritisiert, dass sich der Ratspräsident bei seinem Konzept zu | |
sehr an den Interessen Frankreichs und Polens ausgerichtet habe. | |
## Kritik an nationalen Egoismen | |
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zum Gipfelauftakt gemahnt, die | |
EU müsse sich die Finanzen geben, die für ihre Ambitionen nötig sein. Nach | |
dem Gipfel sagte Macron, er bedauere zutiefst, dass keine Einigung gelungen | |
sei. Das Scheitern des Gipfels zeige, dass die EU nicht Großbritannien | |
benötige, um Uneinigkeit zu demonstrieren. Die Briten sind Ende Januar aus | |
der EU ausgetreten. | |
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz zeigte sich dagegen am Freitagabend | |
entspannt: „Auch in der Vergangenheit habe es jeweils zwei oder drei | |
Treffen gebraucht, um ein Ergebnis (in den Finanzverhandlungen) zu | |
erreichen“, sagte er. | |
Die Bundesregierung will einen Abschluss der Finanzverhandlungen noch im | |
ersten Halbjahr erreichen, damit diese nicht die deutsche | |
EU-Ratspräsidentschaft ab dem 1. Juli überschatten. Eine rasche Einigung | |
gilt auch deshalb als wichtig, weil sonst keine EU-Fördermittel für die | |
Zeit ab 2021 beantragt werden können. Das Europäische Parlament muss am | |
Ende einem Kompromiss zustimmen und hat bereits erheblich mehr Geld der | |
nationalen Regierungen für die EU gefordert. | |
Der Grünen-Europapolitiker Rasmus Andresen kritisierte, dass nationale | |
Egoismen verantwortlich für das Scheitern seien. „Je schwächer der | |
Vorschlag der Mitgliedstaaten wird, desto ungemütlicher werden die | |
Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament“, warnte er. | |
22 Feb 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Gipfel-zum-EU-Haushalt/!5665101 | |
[2] /!t5313864/ | |
[3] /Schwerpunkt-Klimawandel/!t5008262/ | |
## TAGS | |
Europäische Union | |
Charles Michel | |
Finanzen | |
EU-Haushalt | |
Green Deal | |
EU-Budget | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Von der Leyens European Green Deal: Programm zum Discountpreis | |
Die EU-Kommission plant eine grüne Revolution für den Klimaschutz. Aber | |
frisches Geld für das Riesenvorhaben gibt es kaum. | |
Gipfel zum EU-Haushalt: Alle liegen über Kreuz | |
Beim Gipfel verhandeln die Mitgliedstaaten den EU-Haushalt. Die Briten sind | |
zwar nicht mehr dabei, aber Einigkeit gibt's trotzdem nicht. |