| # taz.de -- Gipfel zum EU-Haushalt: Alle liegen über Kreuz | |
| > Beim Gipfel verhandeln die Mitgliedstaaten den EU-Haushalt. Die Briten | |
| > sind zwar nicht mehr dabei, aber Einigkeit gibt's trotzdem nicht. | |
| Bild: Küsst sie oder stößt sie ihn? Angela Merkel und Emmanuel Macron müsse… | |
| Brüssel taz | Drei Wochen nach dem Brexit ist in der EU ein | |
| Verteilungskampf entbrannt. Es geht um das Loch, das der britische Austritt | |
| in das EU-Budget reißt – aber auch um neue Prioritäten wie den Kampf gegen | |
| die Klimakrise und die Digitalisierung der Wirtschaft. Kurz vor einem | |
| Sondergipfel am Donnerstag in Brüssel stehen die Zeichen auf Sturm – das | |
| Europaparlament droht mit einem Veto. | |
| „Wir sind noch weit von einem akzeptablen Vorschlag entfernt“, sagte | |
| Parlamentspräsident David Sassoli. Der Entwurf von Ratspräsident Charles | |
| Michel liege um 230 Milliarden Euro unter dem, was nötig sei. Michel hatte | |
| vorgeschlagen, für 2021 bis 2027 insgesamt knapp 1,1 Billionen Euro | |
| bereitzustellen. Das entspricht 1,074 Prozent der Wirtschaftsleistung, das | |
| Parlament fordert 1,3 Prozent. | |
| Doch Deutschland und andere Nettozahler bestehen auf einem strikten | |
| Sparkurs. Sie wollen den EU-Beitrag auf 1,0 Prozent begrenzen und sogar | |
| noch den Rabatt behalten, der nach dem Brexit eigentlich abgeschafft werden | |
| sollte. Vor allem die deutsche Haltung sorgt für Ärger in Brüssel. Denn | |
| Kanzlerin Angela Merkel hatte im Koalitionsvertrag einen höheren | |
| deutschen Beitrag versprochen. | |
| „Nach außen gibt sich Deutschland viel proeuropäischer als hinter den | |
| Kulissen“, kritisiert Rasmus Andresen von den Grünen, der als einziger | |
| deutscher Europaabgeordneter im Haushaltsausschuss sitzt. Die | |
| Bundesregierung spreche sich eng mit Dänemark und anderen knausrigen | |
| Staaten ab – und mache gleichzeitig Front gegen Frankreichs Staatschef | |
| Emmanuel Macron und Ratspräsident Michel. | |
| ## Plastiksteuer und Emissionshandel reichen nicht | |
| Kritisch äußerte sich Andresen gegenüber der taz auch zu Michels Vorschlag, | |
| den „mehrjährigen Finanzrahmen“ mit neuen Eigenmitteln wie einer | |
| Plastiksteuer aufzustocken. Nach Michels Entwurf soll sie 14 bis 15 | |
| Milliarden Euro einbringen – ein winziger Betrag im Vergleich zur riesigen | |
| Finanzierungslücke. „So leicht lassen wir uns nicht einkaufen“, warnte | |
| Andresen. | |
| Neben der Plastiksteuer und den Erträgen aus dem europäischen | |
| Emissionshandel sei noch einer dritte Finanzquelle nötig, sagte der grüne | |
| Haushaltspolitiker. Denkbar sei etwa eine Grenzsteuer auf Treibhausgase | |
| oder eine europäische Abgabe auf Flugtickets. Das Parlament werde sich | |
| nicht mit unverbindlichen Absichtserklärungen abspeisen lassen, sondern | |
| wolle verbindliche Zusagen. | |
| Für eine Erhöhung der Eigenmittel spricht sich auch Frankreich aus. Das sei | |
| nötig, um die nationalen EU-Beiträge zu begrenzen und die neuen Ziele zu | |
| erreichen, sagte ein Diplomat. Präsident Macron fordert zudem die | |
| Abschaffung aller Beitragsrabatte – auch für Deutschland. Die Rabatte | |
| hätten mit dem Brexit ihre Existenzberechtigung verloren, so der Diplomat. | |
| ## Zwist über Agrarsubventionen | |
| Damit zeichnet sich beim EU-Gipfel eine Schlacht an mehreren Fronten ab. | |
| Kanzlerin Merkel äußerte sich pessimistisch. „Ich sage voraus, dass ich | |
| noch nicht weiß, ob das gelingt“, erklärte sie. „Wir finden, dass unsere | |
| Belange an vielen Stellen noch nicht ausreichend berücksichtigt sind.“ | |
| Die Bundesregierung wendet sich nicht nur gegen die Abschaffung der | |
| Rabatte, sondern sie fordert zudem eine weitgehende „Modernisierung“ des | |
| Budgets. Berlin will vor allem die Subventionen für die Landwirtschaft | |
| zusammenstreichen, die besonders Frankreich zugutekommen. Das wiederum | |
| lehnt Macron strikt ab. | |
| Doch nicht nur Deutschland und Frankreich liegen über Kreuz. Ein | |
| Verteilungskampf tobt auch zwischen West und Ost, Nord und Süd. Die | |
| Osteuropäer wehren sich dagegen, dass EU-Hilfen künftig an | |
| Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gebunden werden, wie dies Berlin und | |
| Paris fordern. Die Südeuropäer wollen aus sozialen Gründen Kürzungen bei | |
| den Strukturhilfen verhindern. | |
| Eine Einigung schon am Donnerstag erscheint vor diesem Hintergrund | |
| unwahrscheinlich. Doch selbst wenn sich die 27 EU-Staaten zusammenraufen | |
| sollten, muss am Ende noch das Europaparlament zustimmen. Das gibt sich | |
| kämpferischer denn je. Sogar CDU und CSU lehnen die bisher diskutierten | |
| Vorschläge ab. „Wir ziehen alle an einem Strang“, so Andresen. „Wir werd… | |
| hart verhandeln bis zum Schluss.“ | |
| 20 Feb 2020 | |
| ## AUTOREN | |
| Eric Bonse | |
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