# taz.de -- Corona in der EU: Völlig unvorbereitet | |
> In Sachen Corona-Bekämpfung agiert jedes EU-Land für sich. Eine | |
> gemeinsame europäische Strategie fehlt. Das könnte sich jetzt ändern. | |
Bild: Menschen gehen zum Evakuierungsflug für EU-Bürger*innen aus Wuhan Anfan… | |
Brüssel taz | Was unternimmt die Europäische Union eigentlich gegen die | |
Ausbreitung des [1][Coronavirus]? Bisher herzlich wenig, kritisiert der | |
CSU-Europapolitiker Manfred Weber. | |
Jedes EU-Land ergreife nationale Schutzmaßnahmen, doch es fehle eine | |
gemeinsame Strategie, findet Weber, der die konservative EVP-Fraktion im | |
Europaparlament führt. Seine Fraktion schlug vor, dass jeder bei der | |
Einreise in die EU einen Fragebogen ausfüllen muss, um einer weiteren | |
Verbreitung des Virus vorzubeugen. | |
Vor dem Krisentreffen der EU-Gesundheitsminister am Donnerstag in Brüssel | |
forderte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) derweil Mittel | |
aus dem EU-Haushalt für die Forschung im Kampf gegen das Virus. | |
Dass dieses Krisentreffen überhaupt nötig wurde, zeigt, wie schlecht es um | |
die gemeinsame Gesundheitspolitik bestellt ist. Die EU hinkt den USA und | |
Großbritannien hinterher, die bereits frühzeitig Alarm geschlagen haben. | |
Sogar auf der Ebene der G7 – der sieben größten Industrieländer – ging d… | |
Abstimmung schneller als in Brüssel. Dabei hatte EU-Gesundheitskommissarin | |
Stella Kyriakides schon Ende Januar behauptet, die EU sei auf die | |
Ausbreitung des Coronavirus vorbereitet. | |
## Alles im Alleingang unter Kontrolle | |
Dass es dennoch so schleppend vorangeht, liegt an den fehlenden | |
Zuständigkeiten. Nach EU-Recht sind allein die Mitgliedstaaten für die | |
Gestaltung und Finanzierung ihres Gesundheitswesens verantwortlich. Der | |
EU-Kommission kommt nur eine ergänzende und koordinierende Rolle zu. Zwar | |
legte die EU in den 1990er Jahren eigene Programme auf, um spezifische | |
Erkrankungen zu bekämpfen – darunter Krebs, Aids sowie andere ansteckende | |
und seltene Krankheiten. Doch wirklich effizient waren diese Programme | |
nicht. Erst vor Kurzem erinnerte sich die EU-Kommission wieder an den Kampf | |
gegen Krebs – nachdem Weber die Volksseuche zum Thema beim Europawahlkampf | |
2019 gemacht hatte. | |
Überhaupt gehen die meisten gesundheitspolitischen Initiativen vom | |
Europaparlament aus. Ein Beispiel sind die [2][Schockbilder auf | |
Zigaretten-Packungen]. Den Anstoß gab ein britischer Europaabgeordneter – | |
er hatte sich ein Vorbild an Australien genommen. Die EU-Kommission folgt | |
meist nur zögerlich. Denn sie ist bei allen Vorschlägen auf die Zustimmung | |
der Mitgliedstaaten angewiesen, die eifersüchtig über ihre nationalen | |
Kompetenzen wachen. So war es auch beim Coronavirus. | |
Als die ersten Fälle in Bayern bekannt wurden, erklärte Spahn, Deutschland | |
habe alles unter Kontrolle. Auch Italien reagierte im Alleingang, als | |
Corona-Verdacht auf einem Kreuzfahrtschiff gemeldet wurde. Die europäische | |
Abstimmung kam immer erst hinterher – wenn überhaupt. | |
Doch das soll sich nun ändern. Es dürfe keine nationalen Alleingänge mehr | |
geben, erklärte Spahn in Brüssel. Aufgrund der offenen Grenzen in Europa | |
mache es keinen Sinn, wenn nur Deutschland Reisebeschränkungen erlasse oder | |
verschärfte Kontrollen an den Flughäfen einführe. | |
## Beginn einer gemeinsamen Initiative? | |
Das ist richtig – führt in der Praxis aber oft dazu, dass Entscheidungen | |
verschleppt werden. Solange sich nicht alle 27 EU-Staaten für | |
Schutzmaßnahmen aussprechen, geht es nicht voran. Immerhin wollen die | |
nationalen Gesundheitsminister die EU-Kommission nun auffordern, | |
„Vorschläge für abgestimmte Maßnahmen für die nächste mögliche Phase des | |
Ausbruchs“ zu unterstützen. Auch ein engerer Informationsaustausch über die | |
Lage an Flughäfen ist geplant. | |
Die Gesundheitsminister wollen sich auch endlich um die „Verfügbarkeit von | |
Medikamenten in der EU“ kümmern. Die nationalen Gesundheitsbehörden sollen | |
dabei eng mit Brüssel zusammenarbeiten. Vielleicht ist das ja der Beginn | |
einer gemeinsamen europäischen Gesundheitsoffensive. | |
16 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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