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# taz.de -- Infektionen mit Coronavirus: Arbeit nach Corona
> Alle bestätigten Coronavirus-Infizierten in Südbayern sind bei Webasto
> beschäftigt. In der Firmenzentrale wird die Arbeit wieder aufgenommen.
Bild: „Die Leute sind aufmerksamer“ – Archivfoto eines Werbestands von We…
Gauting taz | Am Mittwochmorgen war es so weit, ein Plakat mit dem
Schriftzug „Willkommen zurück!“ begrüßte die Mitarbeiter von Webasto am
Eingang der Firmenzentrale. Das Unternehmen in Gauting-Stockdorf im
Landkreis Starnberg nimmt den Betrieb wieder auf – nachdem die 1.000
Mitarbeitenden zwei Wochen lang daheim blieben wegen der Gefahren durch das
[1][Coronavirus].
Nach den Erkenntnissen der Mediziner und Gesundheitsbehörden kam es von
dort aus zu allen bisher bestätigten 14 Coronavirus-Fällen in Bayern, die
beiden letzten wurden am Dienstagabend bekannt. Zwei weitere Infizierte
sind in einer Frankfurter Klinik in Quarantäne, sie waren unter den von der
Bundesregierung ausgeflogenen Deutschen aus dem chinesischen Wuhan.
Die in Bayern isoliert in Kliniken untergebrachten Patientinnen und
Patienten müssen bis auf weiteres dort bleiben. Neun von ihnen sind im
Klinikum Schwabing. Am Nachmittag bezeichnete das Krankenhaus deren Zustand
als „klinisch stabil“. Die meisten Patientinnen und Patienten, so der
behandelnde Chefarzt Clemens Wendtner, zeigten „lediglich leichte
grippeähnliche Symptome, wobei fast alle inzwischen wieder weitestgehend
symptomfrei sind“.
Allerdings: Bei Tests werden weiterhin Coronaviren in ihren Körpern
nachgewiesen. Deshalb könne über den Zeitpunkt der Entlassung noch nichts
gesagt werden.
## Durchbrochene Infektionskette
Das Bürogebäude in Stockdorf wurde über mehrere Tage hinweg desinfiziert,
während die Belegschaft im Homeoffice arbeitete. Man habe „die
Infektionskette durchbrochen“, sagte der Webasto-Vorstandsvorsitzende
Holger Engelmann. Allerdings: Gerade am Vorabend meldete das bayerische
Gesundheitsministerium zwei weitere bestätigte Fälle, die im Zusammenhang
mit der Firma stehen.
Demnach handelt es sich um einen 49-jährigen Webasto-Mitarbeiter sowie um
einen Familienangehörigen eines Infizierten, der bereits im Klinikum
Schwabing isoliert wird. Die Betroffenen und deren Familien leben weit
verstreut über Südbayern. Übertragen wurden die Ansteckungen, so die
bisherigen Erkenntnisse, von einer chinesischen Webasto-Mitarbeiterin, die
im Januar in Gauting war und Schulungen abhielt. Erst auf dem Rückflug nach
Schanghai spürte sie erste Krankheitssymptome, in ihrer Heimat wurde bei
ihr die Erkrankung dann festgestellt.
In Gauting – 20.000 Einwohne, ein paar Kilometer südwestlich von München –
ging das Leben in den vergangenen zwei Wochen seinen gewohnten Gang. „Es
gibt hier keine Spur von Hysterie“, sagt die Bürgermeisterin Brigitte
Kössinger (CSU) gegenüber der taz. Die Kindergärten und Schulen seien in
enger Abstimmung mit dem Gesundheitsamt, das beim Landkreis Starnberg
angesiedelt ist.
Von dort ging in der vergangenen Woche ein Informationsschreiben an die
Grund- und Mittelschulen: Von „Entwarnung“ war darin die Rede, keine Schule
sei von einer Schließung bedroht. Besonders solle auf das Händewaschen mit
Seife sowie regelmäßiges Lüften geachtet werden. Außerdem wird darum
gebeten, das Thema „altersgemäß“ in den Klassen zu besprechen. Bei
Verdachtsfällen sollen sich Schulleitenden an das Gesundheitsamt wenden.
## „Die Leute sind aufmerksamer und etwas ängstlicher“
Einzelne Kinder würden mit Desinfektionsmittel in die Schule kommen, so das
Landratsamt, davon werde aber wegen möglicher allergischer Reaktionen
abgeraten. Christine K., Mutter von einem Kindergarten- und einem
Grundschulkind in Gauting, meint: „Die Stimmung würde ich nicht als sehr
angespannt bezeichnen, doch die Leute sind sicher aufmerksamer und auch
etwas [2][ängstlicher].“
Außer einer Schulweghelferin sieht man im Gautinger Zentrum keinen Menschen
mit Mundschutz. Hat sie Angst vor dem Virus? Die Frau nickt, sagen will sie
nichts. Der Postbote trägt Briefe aus und hält das eine oder andere
Schwätzchen, an der Bushaltestelle „Am Rathaus“ warten ein paar Menschen.
Krisenstimmung sieht anders aus. Im Kulturzentrum „Don Bosco“ läuft das
normale Programm, und die Bürgermeisterin Kössinger kommt „Auf einen
Kaffee...“ ins Caritas-Altenheim, schließlich sind Mitte März
Kommunalwahlen.
Die Webasto-Mitarbeitenden machten aber auch andere Erfahrungen, wie die
Firma berichtet. Erfahrungen von Ausgrenzung. Kindergärten haben demnach
Kindern von Webasto-Angestellten den Besuch der Einrichtung untersagt – was
entgegen den Vorgaben der Behörden steht. Schulen haben versucht,
Schülerinnen und Schülern, die bei Webasto ein Praktikum gemacht hatten,
den Umgang mit Klassenkameraden zu untersagen. Und: Mitarbeitende einer
Werkstatt haben sich geweigert, das Auto eines Webasto-Mannes zu reparieren
– wegen einer [3][angeblichen Ansteckungsgefahr].
In der Ratsapotheke im Zentrum sagt Leiterin Anke Uthe, dass die
Mundschutzmasken ausverkauft und auch auf unabsehbare Zeit nicht mehr
lieferbar seien. „Das macht aber nichts, es fragt kaum einer danach.“
Ärztinnen und Apotheker hätten jetzt vor allem mit der normalen Grippe, der
Influenza, zu tun. „Und die Millionen Chinesen brauchen die Masken jetzt
viel dringender, zumal die ja in China hergestellt werden.“
12 Feb 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Patrick Guyton
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