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# taz.de -- Kampf gegen Corona in Großbritannien: Johnsons Kehrtwende
> Der britische Regierungschef Boris Johnson kündigt verschärfte Maßnahmen
> gegen die Epidemie an – und ändert damit die bisherige Strategie radikal.
Bild: Fordern härtere Maßnahmen gegen das Coronavirus: Demonstranten in London
London taz | [1][Großbritanniens Premierminister Boris Johnson] hat am
Montagabend in einer Pressekonferenz neue verschärfte Maßnahmen im Kampf
gegen das Coronavirus verkündet. Sie sind nicht so streng wie in
Frankreich, dennoch waren am Dienstagmorgen die normalerweise verstopften
Straßen Londons wie leergefegt.
Zu den britischen Maßnahmen gehören eine 14-tägige Selbstisolation, falls
irgendeine Person an einem hartnäckigem Husten oder Fieber leidet. Niemand
solle dann den Haushalt verlassen, es sei denn in sicherer Distanz zu
anderen. Um Lebensmittel aufzustocken, sollten Nachbarn und Bekannte
helfen.
Außerdem gab es einen Aufruf an die Allgemeinbevölkerung, „soziale Distanz�…
zu anderen zu halten, wenn möglich von zu Hause zu arbeiten, nicht in Pubs,
Theater, Kinos und dergleichen zu gehen und keine unnötigen Reisen
anzutreten.
Besonders wichtig sei all dies für die über 70-Jährigen. Sie sowie
Schwangere und Menschen mit chronischen Gesundheitsbeschwerden sind
wahrscheinlich ab dem Wochenende aufgerufen, sich zwölf Wochen lang von der
Gesellschaft abzuschirmen.
## Eine Kehrtwende
Von „Krieg“ wie Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron sprach Johnson
nicht, aber er sagte: „Ich glaube nicht, dass es so etwas jemals zu
Friedenszeiten gegeben hat.“ Johnsons Maßnahmenpaket stellt den [2][Vollzug
einer Kehrtwende] gegenüber der zunächst verfolgten Strategie dar, nicht
von vornherein auf die Minimierung von Sozialkontakten zu zielen.
Bisher hatte die britische Regierung sich bei der Interpretation der
Corona-Lage vor allen auf ältere Studien zur Bekämpfung von Epidemien
gestützt, die zu Beginn einer Ausbreitung auf das Erzeugen von Immunität in
der Bevölkerung setzen und dafür anfangs mehr Infektionen bei wenig
gefährdeten Menschen in Kauf nehmen. Diese britischen Standards für
Gesundheitsnotstände galten mit als die besten der Welt.
Doch eine neue Studie des weltweit anerkannten Londoner Imperial College,
die neue Corona-Beobachtungen aus Italien berücksichtigt, sowie des
renommierten Londoner Tropeninstituts hatten zuletzt andere Erkenntnisse
erbracht: Das Coronavirus breite sich für so eine Strategie viel zu schnell
aus. Ohne geeignete Maßnahmen zu einer vollkommenen Unterdrückung könnte es
in Großbritannien bis Ende des Sommers bis zu 250.000 Tote geben.
„Wir haben das Timing ziemlich präzise getroffen“, meinte Professor Neal
Ferguson vom Imperial College. Großbritannien liege den Infektionszahlen
nach zwei Wochen hinter Frankreich – am Dienstagnachmittag verzeichnete
Großbritannien 1.950 Infektionsfälle und 56 Tote, Frankreich 6.633 Fälle
und 148 Tote – und so kämen die neuen Maßnahmen vergleichsweise früher.
## Eine Kontaktsperre
Bei starkem Zurückdrängen der weiteren Ausbreitung des Virus durch soziale
Distanz betrage die Zahl der britischen Toten am Ende des Sommers dann
hoffentlich nur noch wenige Tausende, erklärte Ferguson.
Eine Aussicht auf die Aufhebung der Maßnahmen gebe es aber nur dann, wenn
es bis dahin einen Impfstoff gebe. Sonst würde sich das Virus wieder
ausbreiten. Dies ist auch der derzeitige Stand der WHO. Am Dienstagmorgen
sagte Ferguson, dass jegliche Art von sozialen Kontakten zu vermeiden sei.
17 Mar 2020
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## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn
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