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# taz.de -- Schusswaffendemo in den USA: Knarrenfreunde auf der Straße
> Am Martin Luther King Day demonstrieren in Virginia tausende
> Waffenfanatiker. Zu ihnen gesellen sich Rechtsradikale. Trump-Fans sind
> sie alle.
Bild: Militär? Polizei? Nein, einfache Pro-Gun-Demonstranten in Richmond am Mo…
New York taz | Zigtausende schwerbewaffnete und überwiegend weiße Männer
sowie eine winzige Minderheit von Frauen zogen am Montag durch die
Hauptstadt des Bundesstaats Virginia. Sie trugen militärische Tarnfarben,
Pistolen und Jagdmesser am Hosenbund und Sturmgewehre über der Schulter.
Auf orangefarbenen runden Stickern am Revers war zu lesen: „Gewehre
schützen Leben“.
Mit dem Ruf „Vier weitere Jahre!“ zeigten die DemonstrantInnen ihre
Unterstützung für US-Präsident Donald Trump. An die Adresse der
mehrheitlich demokratischen Abgeordneten im Parlament von Virginia
skandierten sie trotzig: „Wir werden eure Gesetze nicht befolgen“.
Zu dem martialischen Aufmarsch, der Richmond einen Tag lang in
Ausnahmezustand versetzte, hatte die Schusswaffengruppe [1][Virginia
Citizens Defense League (VCDL)] aufgerufen. Ausgerechnet an dem Feiertag,
der dem ermordeten schwarzen Bürgerrechtler Martin Luther King gewidmet
ist, organisiert sie jedes Jahr eine Demonstration zur Verteidigung des
Rechts auf Schusswaffen.
Die VCDL nennt die Demo „Lobby-Tag“. In diesem Jahr war die
TeilnehmerInnenzahl höher als sonst. Und anders als zuvor hatten auch offen
rechtsextreme und neonazistische Gruppen aus allen Orten der USA für den
Aufmarsch in Richmond mobilisiert.
In Erwartung der „Hass-Grupen“ hatte Gouverneur Ralph Northam ein
viertägiges Schusswaffenverbot auf dem Gelände des Kapitols angeordnet. Er
befürchtete rechtsextreme Gewalttaten wie im [2][August 2017 im Nachbarort
Charlottesville], wo ein Rechtsextremer die junge Gegendemonstrantin
Heather Heyer getötet hatte und wo zahlreiche GegendemonstrantInnen
verletzt wurden.
## Rechtsstreit über Ausnahmezustand
Die VCDL hatte in diesem Jahr versucht, die Verhängung des
Ausnahmezustandes vor Gericht zu Fall zu bringen. Doch Gouverneur Northam
berief sich auf polizeiliche und geheimdienstliche Informationen. Das
Gericht gab ihm Recht.
Am Montag teilten sich die DemonstrantInnen in Richmond daher in zwei
Gruppen: Wer keine Schusswaffen dabeihatte und bereit war, sich polizeilich
abtasten zu lassen, durfte auf das Gelände des Kapitols. Jene, die ihre
Schusswaffen und Munition zur Schau stellen wollten, mussten außerhalb des
abgezäunten Geländes bleiben.
Schon vor der Demonstration hatte das FBI mehrere Rechtsextreme
festgesetzt, die nach Richmond unterwegs gewesen sein sollen, darunter auch
drei Mitglieder der Gruppe The Base. Sie waren in der vergangenen Woche in
Georgia verhaftet worden. The Base ist nach der Beschreibung des
[3][Counter Extremism Project] eine Neo-Nazi-Gruppe, die sich auf den
„Rassenkrieg“ vorbereitet.
Zu den befürchteten Ausschreitungen in Richmond kam es am Montag dann aber
nicht. Anders als in Charlottesville gab es auch nur zaghafte
Gegendemonstrationen. Die meisten BürgerInneninitiativen gegen Schusswaffen
blieben der Stadt fern.
Lediglich mehrere Jugendliche, die im Februar 2018 das [4][Massaker an der
Parkland-Schule] in Florida überlebt hatten und seither mit ihrer
Organisation March for Our Lives für Schusswaffenkontrolle eintreten,
wagten sich unter die Waffenfreunde. Die Jugendlichen waren am Vorabend der
Demonstration in das Kapitol in Richmond gegangen und hatten dort
übernachtet.
Das südlich an die US-Hauptstadt Washington angrenzende Virginia ist eine
Hochburg der US-Schusswaffenlobby und der Rüstungsindustrie. Die National
Rifle Association (NRA) und einige der größten Rüstungskonzerne der Welt
sind dort ansässig.
## Empörung über Waffenreform
Der Zulauf von SchusswaffenfreundInnen zu dem „Lobby-Tag“ in Richmond war
in diesem Jahr so groß, weil es in dem traditionell konservativen
Bundesstaat einen Machtwechsel gegeben hat. Die DemokratInnen, die nun die
Mehrheit im Parlament stellen, wollen das Schusswaffenrecht reformieren.
Die Reformen entsprechen dem Wunsch der Mehrheit der WählerInnen, aber sie
empören die SchusswaffenfreundInnen: Die DemokratInnen wollen nur noch
einen Schusswaffen-Kauf pro Monat zulassen, bei jeder
Schusswaffentransaktion einen Backgroundcheck verlangen und lokalen
Behörden das Recht geben, das Tragen von Schusswaffen an bestimmten Orten
einzuschränken.
„Gott hat mir das Recht gegeben, mich selbst zu schützen“, erklärte am
Montag ein bewaffneter junger Mann vor dem Kapitol in Richmond. Ältere
Demonstranten beriefen sich statt auf Gott auf die weißen Männer, darunter
zahlreiche Plantagenbesitzer und Sklavenhalter, die im Jahr 1791 den
zweiten Verfassungszusatz geschrieben und verabschiedet hatten. In den
seither vergangenen 229 Jahren haben sie die Anwendung jenes Second
Amendment auf jede neue Waffengeneration angewandt. Sie betrachten es als
Garantie für Freiheit.
21 Jan 2020
## LINKS
[1] https://www.vcdl.org/
[2] /Proteste-am-Jahrestag-von-Charlottesville/!5527348
[3] https://www.counterextremism.com/
[4] /Amoklauf-an-Schule-in-Florida/!5485053
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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