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# taz.de -- Sahel-Gipfel in Frankreich: Macron allein in der Wüste
> Auf einem Antiterrorgipfel will Macron eine Koalition gegen Islamisten in
> Afrikas Sahelzone schmieden. Aber niemand hat so richtig Lust.
Bild: Französische Soldaten patrouillieren auf dem Markt von Menaka in Mali
Brüssel taz | Schon im Dezember wollte Emmanuel Macron europäische und
afrikanische Entscheidungsträger um sich versammeln, um eine neue Strategie
gegen die zunehmende islamistische Destabilisierung der Sahelzone zu
entwickeln. Dann [1][griffen am 11. Dezember Islamisten die Militärbasis
Inatès in Niger an] und töteten 71 Soldaten, und der für den 16. Dezember
geplante Gipfel wurde verschoben.
Nun soll also an diesem Montag im südfranzösischen Pau im zweiten Anlauf
der Versuch gelingen. Eingeladen von Frankreichs Präsident als Gastgeber
sind die Präsidenten von Mauretanien, Mali, Burkina Faso, Niger und Tschad,
deren Länder gemeinsam die [2][regionale Eingreiftruppe G5-Sahel] stellen,
dazu UN-Generalsekretär Antonio Guterres, AU-Kommissionspräsident Moussa
Faki, EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Außenbeauftragter Josep
Borrell.
„Dieser Gipfel hat zum Ziel, den Rahmen und die Ziele des französischen
Engagements im Sahel zu evaluieren“, erklärt der Elysée-Palast. „Er wird
auch die Grundlagen einer erhöhten internationalen Unterstützung für die
Sahelstaaten ermöglichen.“ In EU-Kreisen in Brüssel geht man davon aus,
dass Macron eine kontinentübergreifende Antiterrorkoalition mit sich selbst
an der Spitze ins Leben rufen will.
Wie ernst die Lage ist, beweist der jüngste Überfall in Niger. Am
Donnerstag überfielen Bewaffnete das Militärlager Chinagoder nahe der
Grenze zu Mali und verwickelten die Armee zwei Tage lang in schwere Kämpfe.
Nach tagelangem Herunterspielen des Angriffs bestätigte das
Verteidigungsministerium am Samstagabend 89 getötete Soldaten – noch mehr
als in Inatès.
Die Einschätzung von UN-Generalsekretär Guterres, wonach die Angriffe
„immer häufiger, gezielter und mörderischer“ werden, bestätigt sich. Ebe…
pessimistisch äußert sich Frankreichs Generalstabschef François Lecointre –
Frankreich steht mit 4.500 Soldaten in der „Operation Barkhane“ an
vorderster Front der Terrorbekämpfung im Sahel. „Es gibt keine militärische
Lösung“, erklärte der General unlängst dem französischen Parlament. Im
Radio ergänzte er: „Es wird keine Entscheidungsschlacht geben.“
## Protest, bis Frankreich abzieht
Frankreich ist auch über zunehmende [3][antifranzösische Proteste in den
Sahelstaaten] irritiert, die von den Regierungen geduldet werden. Seit dem
1. Januar ruft in Malis Hauptstadt Bamako ein „Kollektiv Yèrè-Wolo“ zum
Dauerprotest auf, bis Frankreichs Armee das Land verlässt. Vergangenes Jahr
gab es ähnliche Demonstrationen in Burkina Faso. Zahlreiche Aktivisten
gegen französischen „Neokolonialismus“ in Afrika haben sich diesen
Protesten angeschlossen. In sozialen Netzwerken kursieren „Fake News“,
wonach Frankreich die Islamisten bewaffne, um einen Vorwand für seine
Militärpräsenz in Afrika zu schaffen.
Auf dem [4][Nato-Gipfel in Großbritannien Anfang Dezember] hatte sich
Macron über die „anhaltende Uneindeutigkeit“ der Regierungen der Sahelzone
gegenüber „zuweilen von politischen Verantwortungsträgern unterstützten
antifranzösischen Bewegungen“ geärgert und die Regierungen um „Klarheit“
gebeten: „Wollen sie unsere Präsenz? Ich möchte klare Antworten.“ Genau
dieser Ton stößt in afrikanischen Hauptstädten auf.
Kaum jemand beeilt sich, Macron zu Hilfe zu eilen. Im Laufe dieses Monats
soll das US-Afrikakommando einen Abzugsplan für die US-Truppen erarbeiten,
die Frankreich und die Sahelstaaten im Antiterrorkampf unterstützen –
Ausbilder und Spezialkräfte in Niger, Tschad und Mali. In erster Linie
betroffen wäre die US-Drohnenbasis in Agadez in Niger, die 110 Millionen
US-Dollar gekostet hat.
Das Pentagon rechtfertigt die Rückzugsüberlegungen für Afrika mit der
Notwendigkeit, sich auf Russland und China zu konzentrieren – während diese
beiden Länder zugleich immer aktiver auf dem Kontinent werden, mit
russischen Söldnern in mehreren Ländern und chinesischen
Rüstungslieferungen. Peking hat Ausrüstungshilfe für die G5-Sahel-Truppe
angeboten und eine Finanzhilfe für das G5-Sekretariat.
## Europa hält sich zurück
Aus Europa ist keine unmittelbare Unterstützung für Macron zu erwarten.
Seit Monaten verfolgt Frankreich das Projekt einer zweiten
Antiterroroperation in der Sahelzone, genannt „Takuba“ – das Wort für
„Speer“ in der Tuareg-Sprache Tamaschek. Spezialkräfte aus
unterschiedlichen europäischen Ländern sollen gemeinsam gezielt gegen
bewaffnete Islamisten vorgehen. Belgien, Dänemark, Estland und Tschechien
haben eine Beteiligung zugesagt.
[5][Deutschland allerdings] hat abgelehnt. Und die belgische Zusage
beispielsweise beläuft sich auf gerade mal drei Offiziere. Mit seiner
Darstellung, wonach Frankreich in Afrikas Sahelzone die Sicherheit Europas
schütze und Europa als Ganzes sich daher engagieren müsse, hat Macron noch
viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
13 Jan 2020
## LINKS
[1] /Islamistischer-Angriff-in-Niger/!5646005
[2] /EU-finanziert-afrikanische-Eingreiftruppe/!5431936
[3] /Sahelzone-und-Islamismus/!5631914
[4] /Nato-Gipfel-in-Grossbritannien/!5643794
[5] /Bundeswehreinsatz-Mission-Gazelle/!5596095
## AUTOREN
François Misser
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