# taz.de -- Weltklimagipfel in Madrid: Aktivismus ist anderswo | |
> Die erste Woche des Weltklimagipfels geht mit Protesten zu Ende. Wie | |
> erwartet gibt es bisher keine nennenswerten Fortschritte. | |
Bild: Erde an Klima – am Donnerstag auf dem UN-Gipfel in Madrid | |
MADRID/BERLIN taz | Die [1][erste Woche des Klimagipfels COP 25] in Madrid | |
endet mit einer Großdemonstration. An diesem Freitag führt [2][Greta | |
Thunberg] einen „Marsch für das Klima“ durch die Straßen der spanischen | |
Hauptstadt an. An ihrer Seite werden sich Klimaaktivist*innen und | |
Vertreter*innen der indigenen Völker Lateinamerikas einreihen. | |
Die Demonstrierenden fordern von den Delegierten des Klimagipfels echte | |
Schritte [3][gegen den Klimanotstand] und wollen die öffentliche | |
Aufmerksamkeit auf den globalen Süden lenken. Die drohe verloren zu gehen, | |
seitdem die UN die Klimakonferenz [4][auf Bitten Chiles] hin vor einem | |
Monat von Santiago de Chile nach Madrid verlegt hat. 850 Organisationen | |
von beiden Seiten des Atlantiks unterstützen den Protest unter dem Motto: | |
„Die Welt erwacht angesichts des Klimanotstands.“ | |
Mit ihren Forderungen rennen die Protestierenden bei den Vereinten Nationen | |
allerdings offene Türen ein. Denn an der UNO liegt es am allerwenigsten, | |
dass die Klimaverhandlungen zäh wie Kleister vorangehen. Zu Beginn des | |
Gipfels hatte UN-Generalsekretär António Guterres sogar wieder einmal in | |
einem dramatischen Appell vor allem die G20-Staaten aufgefordert, endlich | |
mehr für den Klimaschutz zu tun. | |
Die Verlegung der COP nach Madrid wiederum stößt unter den gegebenen | |
Umständen bei vielen Delegierten auf Zustimmung. Die Organisation des | |
Treffens mit knapp 30.000 Teilnehmern laufe ohne Probleme, heißt es. Das | |
sei angesichts der kurzen Zeitspanne – Madrid hatte nur einen guten Monat | |
für die Vorbereitung – beeindruckend, heißt es lobend von vielen Seiten. | |
## „Der Süden wird erneut vergessen“ | |
Für den Klimamarsch werden über 100.000 Teilnehmer*innen erwartet. | |
Insgesamt haben die Veranstalter in Madrid 1.300 Schlafplätze für Besucher | |
von der anderen Seite des Atlantiks vorbereitet. „Es war ein Fehler, den | |
Gipfel nach Madrid zu bringen. Der Süden wird erneut vergessen“, sagt | |
Samuel Martín-Sosa, Sprecher des alternativen „Sozialen Klimagipfels“, der | |
am Sonntag ebenfalls in Madrid beginnt. | |
„Es muss darum gehen, die Verantwortlichen zu benennen. Manchmal wird das | |
Thema Klima behandelt, als würden wir alle im selben Boot sitzen“, sagt | |
Martín-Sosa. Doch das sei nicht wahr. Fossile Brennstoffe hätten Besitzer | |
mit Namen und Nachnamen. Länder des Nordens konsumierten mehr als andere. | |
Darum gehe es auf dem Gegengipfel. | |
Der „Soziale Klimagipfel“ wird von 500 NGOs, Umwelt- und Klimagruppen, den | |
großen Umweltverbänden und Gewerkschaften von beiden Seiten des Atlantiks | |
unterstützt. Auch Aktivist*innen von Fridays for Future, Extinction | |
Rebellion oder die Vereinigung Indigener Völker sind dabei. „Es sollte ein | |
COP Lateinamerikas sein. Deshalb bringen wir unsere Stimmen hierher“, | |
erklärt die Sprecherin von Friday for Future Chile, Ángela Santiago. „Die | |
indigenen Völker waren nie an den Verhandlungen beteiligt“, sagt Juan | |
Antonio Correa, Sprecher des Stamms der Mapuche aus Chile. Beide sind in | |
Madrid, um einen „sozial gerechten Klimaschutz“ zu fordern. | |
## Kostenpunkt: 60 Millionen Euro | |
„Normalerweise braucht es ein Jahr, um einen Alternativgipfel | |
vorzubereiten“, sagt Martín-Sosa. In Chile stand bereits das komplette | |
Alternativprogramm. Das alternative Treffen in Madrid wird deshalb | |
gleichzeitig an mehreren Orten stattfinden. Während die COP 25 nach | |
Schätzungen der spanischen Regierung 60 Millionen Euro kosten wird, | |
verfügen die Veranstalter des Gegengipfels über Spenden in Höhe von 90.000 | |
Euro. Die Alternativveranstaltungen werden bis zum Abschluss der COP 25 am | |
13. Dezember dauern. | |
Ein Teil, wie etwa das Treffen indigener Völker aus ganz Lateinamerika, | |
wird trotz des Umzugs der COP nach Spanien in Santiago de Chile | |
stattfinden. Streaming per Internet soll die Veranstaltungen verbinden. Auf | |
der offiziellen Konferenz wiederum machten die Delegierten in der ersten | |
Woche wie erwartet keine großen Fortschritte. Die Debatten drehen sich vor | |
allem um drei große Themen: Die Entwicklungsländer fordern einen | |
offiziellen Finanzierungsmechanismus für „Verluste und Schäden“, die aus | |
dem Klimawandel entstehen. | |
Die Verhandlungen darüber, die eigentlich schon abgeschlossen sein sollten, | |
wurden verlängert. Dann gibt es weiter große Differenzen darüber, ob und | |
wie CO2 zwischen Staaten und Unternehmen auf internationalen Märkten zu | |
handeln sein soll. Und schließlich drängen arme Länder und Klimaschützer – | |
darin einig mit dem UN-Generalsekretär – darauf, dass die Industrieländer | |
noch 2020 höhere Ziele für neue Klimapläne vorlegen. Davon ist aber derzeit | |
nichts zu sehen. Und die Chefin des UN-Klimasekretariats, Patricia | |
Espinosa, erklärte dann auch: „Das steht nicht auf der Agenda, also | |
erwarten wir spezifisch dazu auch keine Entscheidung.“ | |
6 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
Bernhard Pötter | |
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nie. |