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# taz.de -- Einigung auf Klimapaket: Bahn frei für mehr Klimaschutz
> Autofahren und Heizen mit fossilen Kraftstoffen wird deutlich teurer.
> Darauf haben sich Bund und Länder geeinigt. Die SPD soll dabei gebremst
> haben.
Bild: Stau kostet Nerven und bald auch mehr Geld
Es sind ganze 20 Zeilen Text, auf die sich die Unterhändler von Bund und
Ländern in der Nacht zu Montag geeinigt haben, doch die haben es in sich.
Gegen 1 Uhr in der Nacht soll Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sie
persönlich in seinen Laptop getippt haben.
Gleich nachdem er zuvor mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und den
MinisterpräsidentInnen Volker Bouffier (CDU/Hessen), Manuela Schwesig
(SPD/Mecklenburg-Vorpommern), Stephan Weil (SPD/Niedersachsen) und Winfried
Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) stundenlang um [1][eine Einigung zum
Klimapaket] der Bundesregierung gerungen hatte.
Das war zu großen Teilen bereits von Bundestag und Bundesrat verabschiedet
worden. Lediglich ein Teil der Gesetze, die steuerliche Fragen betreffen,
war vom Bundesrat gestoppt und in den Vermittlungsausschuss überwiesen
worden.
Dazu gehören unter anderem die Senkung der Mehrwertsteuer auf Fahrkarten im
Fernverkehr, die stärkere Förderung der Gebäudesanierung und die Erhöhung
der Pendlerpauschale für alle, die mehr als 20 Kilometer zur Arbeit
pendeln.
## Grüne setzen sich durch
Doch mit der Drohung, dieses Gesetz weiterhin zu blockieren, ist es den
Grünen gelungen, Veränderungen auch beim neuen CO2-Preis für die Sektoren
Wärme und Verkehr zu erzwingen. Der war eigentlich längst final
verabschiedet – und hatte wegen des Einstiegspreises von nur 10 Euro pro
Tonne im Jahr 2021, die als völlig wirkungslos gilt, für massive Kritik aus
Wissenschaft, Umweltbewegung und Opposition gesorgt.
In dem kurzen Papier der Arbeitsgruppe sagen Union und SPD nun zu, dieses
Gesetz im neuen Jahr noch einmal zu ändern und den Preis deutlich
anzuheben: Im Jahr 2021 soll er statt 10 Euro nun 25 Euro betragen und
durch jährliche Steigerungen bis 2025 auf 55 Euro, statt bislang auf 35
Euro steigen.
Für das Jahr 2026, in dem kein Festpreis, sondern ein Preiskorridor
vorgesehen ist, soll er statt zwischen 35 und 55 Euro nun zwischen 55 und
65 Euro liegen. Die tatsächliche Höhe entscheidet sich dann aufgrund der
Nachfrage.
Für die VerbraucherInnen dürfte der CO2-Preis damit tatsächlich spürbar
werden. Während der Preis für Benzin und Diesel bei 10 Euro pro Tonne nur
um rund 3 Cent pro Liter gestiegen wäre sind es beim neuen Einstiegspreis
von 25 Euro im Jahr 2021 schon über 7 Cent pro Liter, im Jahr 2025 dann bei
Benzin über 15 Cent, bei Diesel sogar über 17 Cent.
## Günstige Bahntickets schon 2020
Der Anreiz, beim nächsten Autokauf ein sparsameres Modell oder gleich ein
Elektrofahrzeug zu kaufen, nimmt damit zu.
Zudem wird es attraktiver, vom Auto auf die Bahn umzusteigen, sofern es
eine Verbindung gibt. Denn während die Fahrt in einem 6-Liter-Diesel pro
100 Kilometer 2021 zunächst um 45 Cent, 2025 dann um knapp 1 Euro teurer
wird, sinkt der Preis für Fahrkarten im Fernverkehr durch die niedrigere
Mehrwertsteuer um 10 Prozent.
Sollte das Gesetz nun wie geplant noch diese Woche von Bundesrat und
Bundestag verabschiedet werden, würde diese bereits zum 1. Januar gelten,
bestätigte ein Bahn-Sprecher.
Teurer wird durch den höheren CO2-Preis auch das Heizen mit fossiler
Energie: Ein Liter Heizöl verteuert sich bei einem CO2-Preis von 25 Euro
pro Tonne um knapp 8 Cent, was einem Anstieg um 12 Prozent entspricht. Eine
Kilowattstunde Erdgas kostet etwa 0,6 Cent mehr, was rund 10 Prozent
Aufschlag ausmacht.
## Strom wird billiger
Sanierungen, die Heizenergie sparen, rentieren sich damit schneller. Zudem
werden elektrisch betriebene Wärmepumpen finanziell attraktiver.
Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass der Strompreis deutlich sinken
soll. Denn anders als bei den ursprünglichen Plänen, bei denen nur etwa 30
Prozent der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung durch eine Absenkung des
Strompreises und eine Erhöhung der Pendlerpauschale direkt an die
Bevölkerung zurückgegeben werden sollten, sollen die nun zusätzlich
geplanten Einnahmen komplett zurückfließen.
Durch eine Absenkung [2][der sogenannten EEG-Umlage], mit der die
Stromkunden den Ausbau der erneuerbaren Energien finanzieren, soll der
Strompreis pro Kilowattstunde um gut 2 Cent sinken. Das geht aus einer
Berechnung des Bundesfinanzministeriums hervor, die der taz vorliegt.
Für einen Durchschnittshaushalt mit einem Verbrauch von 3500
Kilowattstunden im Jahr würde die Stromrechnung damit um knapp 6 Euro im
Monat sinken. Im Jahr 2025 läge die rechnerische Senkung bei etwa 10 Euro
im Monat.
## Höhere Entlastung für Fernpendler
Als Ausgleich für Autofahrende wird zudem die Pendlerpauschale noch einmal
erhöht: Zusätzlich zu den zuvor beschlossenen 5 Cent Aufschlag ab dem 21.
Kilometer des Arbeitswegs von 2021 an soll es ab 2024 weitere 3 Cent geben.
Insgesamt fällt die Entlastung im Verhältnis zum steigenden Spritpreis aber
geringer aus als zuvor geplant, so dass es – anders als bei den bisherigen
Plänen – keine Überkompensation geben sollte. Am Problem, dass Bezieher
höherer Einkommen stärker entlastet werden als Geringverdiener, ändert sich
allerdings erstmal nichts.
Die Einigung stieß bei Grünen, SPD und Union auf Zustimmung. Für die
Grünen, die am stärksten auf eine Erhöhung des CO2-Preises gedrängt hatten,
bezeichnete Fraktionschef Anton Hofreiter ihren Erfolg als „Schritt in die
richtige Richtung“.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) nannte die Einigung „eine gute
Nachricht für hunderttausende Pendler, für alle Bahnfahrer und für die
Stromkunden“.
## FFF unzufrieden
Für die SPD erklärte die neue Co-Vorsitzende Saskia Esken, dass die
Nachbesserungen auch auf das Konto der Sozialdemokraten gingen. Aus
Teilnehmerkreisen war allerdings zu hören, dass die SPD beim höheren
CO2-Preis eher gebremst habe. Der klimapolitische Sprecher der
Linksfraktion, Lorenz Gösta-Beutin, lehnte die Einigung als
„Klima-Kleckerei“ ab.
Scharfe Kritik kam von der SchülerInnen-Bewegung Fridays for Future (FFF).
Die Erhöhung auf 25 Euro sei völlig unzureichend und „kein Erfolg“, hieß…
auf Twitter.
Dem widersprach der Klimawissenschaftler Ottmar Edenhofer, auf den sich FFF
in der Vergangenheit oft berufen hatte: Er erklärte, „der angepeilte
Preispfad könnte den Ausstoß von Treibhausgasen tatsächlich absehbar
verringern“.
16 Dec 2019
## LINKS
[1] /CO2-Preis-soll-auf-25-Euro-steigen/!5650622
[2] /EEG-Umlage-steigt-leicht-an/!5633939
## AUTOREN
Malte Kreutzfeldt
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