# taz.de -- NGO will Deutschland klimaneutral machen: Im Turbogang gegen die Kr… | |
> Die neue Organisation „German Zero“ hat große Pläne: Bis 2035 soll | |
> Deutschland komplett klimaneutral werden. Das finden nicht alle | |
> realistisch. | |
Bild: Sie müssten in einem klimaneutralen Deutschland seltener und mit erneuer… | |
Es ist ein Plan, den man durchaus ambitioniert nennen kann: Bis 2035 soll | |
Deutschland komplett klimaneutral werden; schon im Frühjahr 2022 werden die | |
dafür notwendigen Gesetze inklusive Grundgesetzänderung verabschiedet. Und | |
durchsetzen will das eine Organisation namens [1][„German Zero“], die erst | |
vor einigen Monaten gegründet wurde, seit letzter Woche als gemeinnütziger | |
Verein anerkannt ist und die bislang gerade mal fünf bezahlte | |
MitarbeiterInnen hat. | |
Trotzdem dürfte das Projekt nicht so chancenlos sein, wie es auf den ersten | |
Blick erscheint. Initiiert wurde German Zero von Heinrich Strößenreuther, | |
der neben Berufserfahrung bei der Deutschen Bahn, bei Greenpeace, im | |
Bundestag und als Start-up-Unternehmer vor allem seine Erfahrung als | |
Initiator des erfolgreichen Berliner [2][Volksentscheids zum Radverkehr] | |
mitbringt. Und Strößenreuther hat mit seiner Idee einer bundesweiten | |
Kampagne für ein klimaneutrales Deutschland in kurzer Zeit viele | |
Unterstützer mobilisiert. | |
Nicht unbedingt bei den klassischen klimapolitischen Akteuren, die das neue | |
Projekt – sofern sie es überhaupt kennen – bisher meist abwartend | |
beobachten. Sondern vor allem aus verschiedenen Start-up-Unternehmen und | |
Prominenten aus der Unterhaltungsbranche, darunter Joko Winterscheidt, | |
Carolin Kebekus, Sven Regener, Eva Menasse und Jan Delay. | |
Als German Zero am Dienstag im Berliner Techno-Club Tresor seinen | |
„1,5-Grad-Klimaplan für Deutschland“ vorstellte ([3][hier] als pdf), war | |
von den Promis zwar niemand zu sehen. Doch zumindest haben sie mit dafür | |
gesorgt, dass die Veranstaltung stattfinden konnte. Denn aus diesen Kreisen | |
stammt auch die Anschubfinanzierung für die neue NGO: Allein an einem Abend | |
im Oktober, als Strößenreuther sein Konzept vor etwa 30 Personen aus der | |
Show- und Start-up-Szene vorstellte, kam fast eine halbe Million an Spenden | |
zusammen. | |
Die wurden unter anderem dafür genutzt, im November eine zweitägige | |
Zukunftswerkstatt mit 30 Umwelt- und PolitikexpertInnen zu veranstalten. | |
Dort wurde ein Maßnahmenkatalog erstellt, mit dem Klimaneutralität bis 2030 | |
erreicht werden soll. Dazu gehören unter anderem ein deutlich | |
ambitionierter CO2-Preis als der derzeit geplante, der Abbau sämtlicher | |
klimaschädlicher Subventionen, ein sehr viel schnellerer Ausbau von Wind- | |
und Solarenergie sowie Speichern, die Umstellung von Industrieprozessen auf | |
Wasserstoffbasis, ein massiver Ausbau des öffentlichen Verkehrs, ein | |
Tempolimit von 120 und die Einstellung des Verkaufs fossiler Brennstoffe ab | |
2030. | |
## Gesetzespaket geplant | |
Nächstes Jahr soll auf dieser Grundlage ein Gesetzespaket erstellt werden, | |
für das dann im Wahlkampf und bei den Koalitionsverhandlungen mit einer | |
breiten Kampagne geworben werden soll. Die dafür benötigten 6 Millionen | |
Euro sollen im Gegensatz zur Anschubfinanzierung vor allem durch | |
Kleinspenden aufgebracht werden. | |
„Weil die Politik es offensichtlich nicht hinbekommt, haben wir jetzt | |
selber einen Plan vorgelegt“, sagte Strößenreuther. Obwohl die Maßnahmen | |
natürlich mit Kosten und Einschränkungen verbunden seien, hofft er auf | |
breite Unterstützung. „Viele Menschen sagen, sie möchten sich später nicht | |
von ihren Kindern fragen lassen müssen: ‚Was hast du denn damals eigentlich | |
gegen die Klimakrise gemacht?‘“, sagte er. | |
## Gemischte Reaktionen | |
Unterstützt wurde er am Dienstag bei der Vorstellung des Plans von der | |
früheren BUND-Vorsitzenden Angelika Zahrnt, die auch am Maßnahmenplan | |
mitgearbeitet hat. „Trotz der breiten Proteste passiert politisch viel zu | |
wenig“, sagte sie. Darum sei es gut, wenn aus der Klimabewegung jetzt auch | |
konkrete Forderungen erhoben würden. Bei großen Organisationen dauere es | |
sehr lange, sich auf so einen Plan zu einigen, sagte Zahrnt. „Darum begrüße | |
ich die Radikalität und den Mut von German Zero.“ | |
Kritischer fällt die Einschätzung vom Co-Vorsitzenden der Deutschen | |
Umwelthilfe, Sascha Müller-Kraenner, aus: „Den Gebäudesektor in 15 Jahren | |
komplett klimaneutral zu bekommen, ist kaum realistisch“, sagte er der taz. | |
„Die Aufgabe ist schon schwer genug, noch radikalere Ziele helfen da | |
nicht.“ | |
Christoph Bals, Geschäftsführer der Klima- und Entwicklungsorganisation | |
Germanwatch, setzt dagegen Hoffnung in das neue Projekt. „Es ist ein | |
innovativer Impuls, der ein spannendes Konzept in die politische Debatte | |
bringt“, sagte er der taz. Allerdings müssten die Vorschläge noch | |
sozialpolitisch flankiert werden. Auch Christiane Averbeck, | |
Geschäftsführerin der Klimaallianz, sagt: „Wir finden das sehr spannend.“ | |
Über eine mögliche Kooperation sei aber noch nicht entschieden worden. | |
17 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://germanzero.de/ | |
[2] /Deutschlands-erfolgreichster-Radaktivist/!5512283 | |
[3] https://germanzero.de/downloads/GermanZero_Klimaplan_191217_ES.pdf | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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