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# taz.de -- Reaktion auf Klimapaket: Jammern als Industrie-Strategie
> Immer mehr Länder verteuern den CO2-Ausstoß, Deutschland liegt im Trend.
> Der BDI warnt trotzdem davor, dass der Mittelstand unter die Räder kommt.
Bild: CO2-Ausstoß: Schornstein des Kohlekraftwerks Moorburg
Berlin taz | Deutschland liegt mit seiner [1][Entscheidung, fossile Heiz-
und Kraftstoffe zu verteuern], voll im Trend. Mittlerweile müssen
Wirtschaft und Verbraucher in 56 Staaten oder Teilstaaten weltweit dafür
zahlen, wenn sie CO2 ausstoßen, schreibt die Weltbank [2][in einem Report].
Südafrika und Singapur haben beispielsweise 2019 eine CO2-Steuer
eingeführt. Allerdings sind die Preise sehr unterschiedlich und laut
Weltbank viel zu niedrig, um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Dafür
müsste der Preis bei 35 bis 71 Euro pro Tonne CO2 liegen, was nur bei fünf
Prozent der weltweiten Emissionen der Fall ist.
Besonders in Europa finden sich höhere Preise: In Frankreich (44,50 Euro
die Tonne), Finnland, der Schweiz, Norwegen und Schweden mit 113 Euro
kostet es deutlich mehr als in Deutschland, CO2 auszustoßen.
Trotzdem warnt der Bundesverband der Deutschen Industrie nun, der geplante
CO2-Preis drohte die Wettbewerbsfähigkeit des heimischen Standorts
drastisch zu verschlechtern. „Viele Mittelständler würden gegenüber ihren
internationalen, europäischen und nationalen Wettbewerbern ins
Hintertreffen geraten“, so der BDI.
## Viele Ausnahmen
Konkret stört den Industrieverband folgendes: Bereits heute muss die
Industrie in der EU einen einheitlichen Preis zahlen, wenn sie CO2
ausstößt. Das geschieht, indem sie Emissionszertifikate vorweist.
Zahlreiche Branchen bekommen die Zertifikate allerdings kostenlos, etwa der
Eisenerzbergbau, Hersteller von Kartoffelmehl, konzentriertem Tomatenmark
oder keramischen Ziergegenständen.
Alle anderen, etwa Fahrzeughersteller, müssen nur für einen kleinen Teil
ihrer Emissionen zahlen. Die jeweils effizienteste Anlage einer Branche
muss nichts zahlen, der Rest nur den Faktor, um den sie ineffizienter sind.
Im Schnitt zahlt die Industrie nach Angaben des BDI so nur für rund 10 bis
15 Prozent ihres Klimagasausstoßes, derzeit in der EU 25 Euro pro Tonne.
Trotzdem funktioniert das System: Von 2005 bis 2020 sank der CO2-Ausstoß
der Unternehmen, die an dem System mitmachen müssen, um 21 Prozent.
## Kleiner Finger? Ganze Hand!
Das europaweite System gilt aber nur für Unternehmen ab einer bestimmten
Größe. Für private Verbraucher*innen und kleine Unternehmen gibt es in
Europa nationale CO2-Preise.
Kleine Produzenten hierzulande waren deshalb bisher ausgenommen und fallen
nun unter die deutsche Neuregelung. Und die sieht derzeit vor, dass sie nun
auf ihren kompletten Verbrauch von fossilen Rohstoffen einen CO2-Preis von
zunächst 25 Euro zahlen müssen.
Größere Unternehmen fallen unter die günstigeren EU-Regeln, erläutert der
BDI. Weil die EU großzügig Ausnahmen beim CO2-Preis zulässt, fordert der
BDI die gleichen Vorteile nun auch für kleine Unternehmen.
Eine [3][Expertengruppe der Weltbank] untersuchte dagegen 2019 weltweit den
Effekt von CO2-Preisen: „Es gibt bis heute kaum einen Beweis, dass ein
CO2-Preis zu einer Verlagerung von Produktionen, Dienstleistungen oder
Investitionen führt.“ Das liege auch an den vielen Ausnahmen für
Unternehmen.
16 Dec 2019
## LINKS
[1] /CO2-Preis-soll-auf-25-Euro-steigen/!5650622
[2] https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/31755/9781464814…
[3] https://openknowledge.worldbank.org/bitstream/handle/10986/32419/141917.pdf…
## AUTOREN
Ingo Arzt
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