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# taz.de -- CDU will zu enge Käfige legalisieren: Agrarministerin Klöckners S…
> Sauen sollen noch 17 Jahre in Gestelle gesperrt werden dürfen, in denen
> sie nicht die Beine ausstrecken können. Jetzt ist das illegal, aber
> üblich.
Bild: In solchen „Kastenständen“ müssen Sauen monatelang leben: Schweines…
Berlin taz | Bundesagrarministerin Julia Klöckner will die seit Jahrzehnten
verbotenen zu engen Einzelkäfige für Sauen legalisieren. [1][Ein
Verordnungsentwurf] der CDU-Politikerin streicht die Vorschrift, dass die
Tiere ihre Beine ausstrecken können müssen. Erst nach einer Übergangsfrist
von bis zu 17 Jahren müssten diese „Kastenstände“ ein bisschen größer s…
als bislang üblich und die Zeiten der Tiere darin verkürzt werden. Darüber
will der [2][Agrarausschuss des Bundesrats] am Montag beraten. Tierschützer
wollen gegen Klöckners Plan auch beim gleichzeitig stattfindenden
Agrargipfel im Kanzleramt protestieren.
Die [3][1,8 Millionen Sauen] in Deutschland werden überwiegend monatelang
in Metallgestellen gehalten, die ungefähr so groß wie das Schwein sind. Es
kann sich nicht umdrehen und sich nur langsam hinlegen. Dies hat den
Vorteil, dass die Jungtiere nicht so leicht erdrückt werden. Zudem
erleichtert der Kastenstand dem Personal den Überblick, zum Beispiel,
welche Sau schon besamt ist. Das Metallgestell spart auch Platz, denn
außerhalb des Käfigs ist mehr Bewegungsfreiheit vorgeschrieben.
Tierschützer kritisieren jedoch, dass die Kastenstände oft Geschwüre im
Schulter- und Hüftbereich verursachten. Es sei Tierquälerei, die Sauen ohne
Kontakt zu Artgenossen und ohne Möglichkeiten zu halten, herumzulaufen,
ihren Erkundungstrieb auszuleben oder sich zu suhlen. Wenn Sauen genug
Platz hätten, würden ohne Kastenstand auch nicht wesentlich mehr Ferkel
erdrückt werden.
Die [4][Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung] erlaubt Kastenstände zwar
für einen begrenzten Zeitraum. Aber bereits seit 1992 ist laut Verordnung
vorgeschrieben, dass „jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen
sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann“. Das
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt verlangte deshalb 2015, dass der
Kastenstand entweder mindestens [5][so breit wie das stehende Schwein hoch]
ist oder ermöglichen muss, die Gliedmaßen ohne Behinderung in benachbarte
leere Käfige zu stecken. Das [6][Bundesverwaltungsgericht bestätigte] 2016
das Urteil aus Sachsen-Anhalt.
## Übergangsfrist: Bis zu 17 Jahre
Kastenstände wie vom Gericht gefordert „sind kaum anzutreffen“, räumt das
Agrarministerium in der Begründung seines Verordnungsentwurfs ein.
„Praxisüblich sind derzeit Kastenstände mit einer Breite von 65 cm
(Jungsauen) bzw. 70 cm (Sauen) und einer Länge von 200 cm, wobei in
regional unterschiedlichem Ausmaß auch schmalere Kastenstände verbreitet
sein können.“ Die durchschnittliche Sau hat aber Wissenschaftlern zufolge
eine Körperhöhe von 90 cm. Demnach müsste der Kastenstand ebenso breit
sein.
Doch wenn die Bauern die Kastenstände verbreitern müssten, könnte das teuer
werden. Deshalb will das Agrarministerium die für viele Tierhalter lästige
Vorschrift aufheben. Es schreibt ausdrücklich, die neuen „Anforderungen
sind weniger weitreichend als die bisher geltenden, vom
Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt ausgelegten Regelungen, da die
Forderung nach der Möglichkeit des ungehinderten Ausstreckens der
Gliedmaßen nicht mehr erhoben wird“.
„Die Übergangsfrist für Bestandsbetriebe soll maximal 15 Jahre betragen“,
so das Ministerium weiter. Die Behörden könnten sie sogar zur „Vermeidung
einer unbilligen Härte“ auf 17 Jahre verlängern.
## Straffreiheit für Rechtsbrecher
Erst nach weit mehr als einem Jahrzehnt müssten die Käfige umgebaut werden.
Sie sollen dem Entwurf zufolge 20 Zentimeter länger als bisher
vorgeschrieben sein. Die Breite wird auf 65 Zentimeter für Jungsauen, 75
für Sauen mit einer Schulterhöhe bis zu 90 Zentimeter und auf 85 Zentimeter
für Sauen mit einer Schulterhöhe über 90 Zentimeter angehoben. Sie sind
also geringer als bislang von den Richtern gefordert. Ebenfalls erst nach
der langen Frist dürfen die Sauen laut dem Entwurf nur noch wenige Tage
statt mehrere Wochen hintereinander im Kastenstand eingesperrt bleiben.
„Straffrei“ würden nach diesem Verordnungsentwurf die Tierhalter
davonkommen, die aus rein ökonomischen Gründen seit vielen Jahren engere
Kastenstände als vorgeschrieben hatten, kritisieren der [7][Deutsche
Tierschutzbund, Vier Pfoten, ProVieh] und andere Tierschutzorganisationen
in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die Bauern, die in rechtskonforme
Käfige investiert haben, würden benachteiligt. „Gleichzeitig stellt sich
die Frage, welches Vertrauen die Gesellschaft in den Gesetz- und
Verordnungsgeber setzen kann, der rechts- und tierwidrige Praktiken in
geltendes Recht deshalb überführen will, weil dieses Recht in der Praxis
aus wirtschaftlichen Gründen nicht umgesetzt wurde“.
## „Unlösbare finanzielle Schwierigkeiten“
Klöckners Ministerium teilte der taz auf Anfrage mit, dass der
Verordnungsentwurf den Tierschutz deutlich verbessern würde. Schließlich
würden die Fixierzeiten erheblich verkürzt und die Kastenstände vergrößert.
Kürzere Übergangsfristen wären „gerade für kleine Betriebe nicht machbar,
ohne sie damit vor unlösbare finanzielle Schwierigkeiten zu stellen“, so
das Ministerium. „Es ist wichtig, die Produktion in Deutschland zu halten
und weitere Strukturbrüche zu vermeiden – denn nur in Deutschland haben wir
konkrete Einflussmöglichkeiten auf die Haltungsbedingungen und somit das
Tierwohl.“
Die Kastenstände würden künftig so breit sein, dass „die Tiere normal
aufstehen und sich hinlegen sowie in Seitenlage liegen können.“ Sie dürften
aber auch nicht so breit sein, dass sich die Sauen umdrehen und dabei
verletzen können.
Die Tierschützer hoffen jetzt auf den Bundesrat. Er könnte zum Beispiel die
Übergangsfristen verkürzen.
1 Dec 2019
## LINKS
[1] https://www.bundesrat.de/drs.html?id=587-19
[2] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/auschuesse-termine/av/termine-to/2019-1…
[3] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forst…
[4] https://www.gesetze-im-internet.de/tierschnutztv/__24.html
[5] http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal/t/buq/page/bssahpro…
[6] https://www.bverwg.de/081116B3B11.16.0
[7] https://media.4-paws.org/8/5/3/6/853644494812eb056f5660386747f614db107d77/s…
## AUTOREN
Jost Maurin
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