Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Tierschützer gegen Käfige für Schweine: Grüne sollen die Sau ra…
> Aktivisten warnen die Grünen: Die Partei dürfe im Bundesrat die
> verbotenen, aber weit verbreiteten Sauenkäfige nicht legalisieren.
Bild: Meist hat die Sau nicht einmal dafür Platz: die Beine im Liegen ausstrec…
Berlin taz | Tierschützer haben die Grünen aufgefordert, im Kampf gegen zu
enge Einzelkäfige für Säue hart zu bleiben. „Es darf kein Wackeln der
Grünen geben“, sagte der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes Thomas
Schröder am Montag der taz. Die zehn Landesregierungen mit grünen Ministern
müssten im Bundesrat verhindern, dass die seit Jahrzehnten verbotenen, aber
weit verbreiteten „Kastenstände“ legalisiert werden, verlangt der Chef des
größten deutschen Tierschutzverbands.
„Die Grünen haben immer behauptet, sie sind auch die Tierschutzpartei.
Jetzt sind sie in der Verantwortung. Jetzt müssen sie auch mal liefern“,
ergänzte Jasmin Zöllmer, Referentin bei der Organisation ProVieh. Von
Freitag bis Montagnachmittag unterschrieben rund 370.000 Menschen einen
[1][Online-Appell] von Campact und Foodwatch an die Grünen, das „Martyrium
von Millionen Muttersauen jetzt zu beenden“.
Am Dienstag wollen sich Staatssekretäre und Ministerialdirektoren von Bund
und Ländern bei einem Treffen im Agrarministerium in Berlin über eine
Reform der Passage in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung zum
Kastenstand verständigen.
Bundesministerin Julia Klöckner (CDU) will die meist missachtete Vorschrift
streichen, dass die Tiere im Liegen ihre Beine ausstrecken können müssen.
Nach einer [2][Übergangsfrist von bis zu 17 Jahren] sollen die Kastenstände
etwas größer und die Zeiten der Tiere darin von mehreren Wochen auf 12 Tage
je Gebärzyklus reduziert werden.
Der Agrarausschuss des Bundesrats empfiehlt, die Ausstreck-Vorschrift
beizubehalten, die [3][Übergangsfrist auf 8 Jahre] und die Fixierdauer auf
10 Tage zu begrenzen. Das Plenum, in dem die Stimmen anders als im
Ausschuss verteilt sind, [4][verschob die Abstimmung] über die Empfehlung
aber wegen zu großer Differenzen.
„Wir fordern die Grünen auf, an der Empfehlung des Ausschusses
festzuhalten“, sagte ProVieh-Aktivistin Zöllmer. Tierschutzbund-Chef
Schröder lehnte einen möglichen Kompromiss ab, die Ausstreck-Regel vor der
Vergrößerung der Kastenstände durchzusetzen. „Eine grüne Bundesministerin
hat das Staatsziel Tierschutz mit uns gefeiert und in Kraft gesetzt: Renate
Künast. Es wäre ein Kuriosum, wenn die Grünen nun durch Druck der
unionsgeführten Länder vom Staatsziel abweichen“, warnte Schröder.
Wie die Tierschützer verlangt auch die Verbraucherorganisation Foodwatch,
Kastenstände sofort abzuschaffen. „Ein Bauer, der einen Kastenstand hat,
der wird den so nutzen, wie er es arbeitsökonomisch für nötig hält, denn es
gibt niemanden, der kontrollieren wird, wie lange die Tiere da drin stehen
werden“, sagte Matthias Wolfschmidt, Internationaler Kampagnendirektor von
Foodwatch, der taz. Die Veterinärämter würden mangels Personal nur selten
jeden landwirtschaftlichen Betrieb überprüfen.
Er wies das Argument der Landwirte zurück, dass ohne den Kastenstand die
Sauenhaltung komplett nach Polen oder Dänemark abwanderte, wo die Tiere
dann doch im Kastenstand gehalten würden. Deutschland könne bei der
Umsetzung der EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken „vorschreiben,
dass der Handel nur solche tierischen Lebensmittel zum Kauf anbieten darf,
die mindestens die Anforderungen des deutschen Tierschutzrechts erfüllen“,
sagte Wolfschmidt dazu.
## Grünen-Chefs wollen Kompromiss
Die Bundesvorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock undRobert Habeck,
schrieben Foodwatch zwar: „[5][Wir Grüne wollen einen Abschied vom
Kastenstand.]“ Da die Partei in den Ländern aber nicht allein regiere,
müsse sie einen Kompromiss finden. Die Grünen wollten die Vorschrift
erhalten, dass die Säue auch im Liegen ihre Beine ausstrecken können
müssen. Eine Übergangsfrist von 15 bis 17 Jahren sei „deutlich zu lange“.
Die Fixierung könne auf 5 Tage verkürzt werden.
Renate Künast dagegen, jetzt tierschutzpolitische Sprecherin der
Grünen-Bundestagsfraktion teilte der taz mit: „Das Grundgesetz muss
respektiert und das Magdeburger Urteil umgesetzt werden. Bis zum Aufruf des
Tagesordnungspunktes im Bundesrat hoffe ich darauf, dass dieses geschieht.“
Die [6][1,8 Millionen Sauen] in Deutschland werden meist monatelang in
Metallgestellen gehalten, die nur etwa so groß wie das Schwein sind. Es
kann sich nicht umdrehen und sich nur langsam hinlegen. Dies hat den
Vorteil, dass die Jungtiere nicht so leicht erdrückt werden. Zudem
erleichtert der Kastenstand dem Personal den Überblick, zum Beispiel,
welche Sau schon besamt ist. Das Metallgestell spart auch Platz, denn
außerhalb des Käfigs ist mehr Bewegungsfreiheit vorgeschrieben.
Tierschützer kritisieren jedoch, dass die Kastenstände oft Geschwüre im
Schulter- und Hüftbereich verursachten. Es sei Tierquälerei, die Sauen ohne
Kontakt zu Artgenossen und ohne Möglichkeiten zu halten, herumzulaufen,
ihren Erkundungstrieb auszuleben oder sich zu suhlen. Wenn Sauen genug
Platz hätten, würden ohne Kastenstand auch nicht wesentlich mehr Ferkel
erdrückt werden.
Die [7][Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung] erlaubt Kastenstände zwar
für einen begrenzten Zeitraum. Aber seit 1992 ist laut Verordnung
vorgeschrieben, dass „jedes Schwein ungehindert aufstehen, sich hinlegen
sowie den Kopf und in Seitenlage die Gliedmaßen ausstrecken kann“.
Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt verlangte deshalb 2015, dass der
Kastenstand entweder mindestens [8][so breit wie das stehende Schwein hoch]
ist oder ermöglichen muss, die Gliedmaßen ohne Behinderung in benachbarte
leere Käfige zu stecken. Das [9][Bundesverwaltungsgericht bestätigte] 2016
das Urteil aus Sachsen-Anhalt.
## „Für kleine Betriebe nicht machbar“
Kastenstände wie vom Gericht gefordert „sind kaum anzutreffen“, räumt das
Agrarministerium in der Begründung seines Verordnungsentwurfs ein.
„Praxisüblich sind derzeit Kastenstände mit einer Breite von 65 cm
(Jungsauen) bzw. 70 cm (Sauen) und einer Länge von 200 cm, wobei in
regional unterschiedlichem Ausmaß auch schmalere Kastenstände verbreitet
sein können.“ Die durchschnittliche Sau hat aber Wissenschaftlern zufolge
eine Körperhöhe von 90 cm. Demnach müsste der Kastenstand ebenso breit
sein.
Klöckners Ministerium teilte der taz auf Anfrage mit, dass der
Verordnungsentwurf den Tierschutz deutlich verbessern würde. Schließlich
würden die Fixierzeiten erheblich verkürzt und die Kastenstände vergrößert.
Kürzere Übergangsfristen wären „gerade für kleine Betriebe nicht machbar,
ohne sie damit vor unlösbare finanzielle Schwierigkeiten zu stellen“, so
das Ministerium. „Es ist wichtig, die Produktion in Deutschland zu halten
und weitere Strukturbrüche zu vermeiden – denn nur in Deutschland haben wir
konkrete Einflussmöglichkeiten auf die Haltungsbedingungen und somit das
Tierwohl.“
Die Kastenstände würden künftig so breit sein, dass „die Tiere normal
aufstehen und sich hinlegen sowie in Seitenlage liegen können.“ Sie dürften
aber auch nicht so breit sein, dass sich die Sauen umdrehen und dabei
verletzen können.
2 Mar 2020
## LINKS
[1] https://aktion.campact.de/schweinequal/appell/teilnehmen?utm_medium=email&a…
[2] https://www.bundesrat.de/drs.html?id=587-19
[3] https://www.bundesrat.de/drs.html?id=587-1-19
[4] /Archiv-Suche/!5663765&s=kastenstand/
[5] https://www.foodwatch.org/de/aktuelle-nachrichten/2020/kastenstand-gruenen-…
[6] https://www.destatis.de/DE/Themen/Branchen-Unternehmen/Landwirtschaft-Forst…
[7] https://www.gesetze-im-internet.de/tierschnutztv/__24.html
[8] http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal/t/buq/page/bssahpro…
[9] https://www.bverwg.de/081116B3B11.16.0
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Tierschutz
Landwirtschaft
Foodwatch
Schweine
Tierschutz
Massentierhaltung
Tierschutz
Tierschutz
Landwirtschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Bundesratsbeschluss zu Schweinekäfigen: Öfter die Sau rauslassen
Der Bundesrat beschließt, dass Mutterschweine nur noch wenige Tage und
nicht mehrere Wochen in Kastenstände gesperrt dürfen. Aber erst in zehn
Jahren.
Zu enge Einzelkäfige für Sauen: Tierschutzbund will Verbot
Wieder hat der Bundesrat die Regeln für breitere Sauenkäfige verschoben.
Nun verlangen Tierschützer, das Verbot zu enger Gestelle durchzusetzen.
Dahlenburger Rat ist für Schweinezucht: Neue Chance für Massentierhaltung
Obwohl ein Gericht den Bau einer Schweinezuchtanlage in Ellringen bereits
2018 gestoppt hatte, wird nun ein veränderter Bebauungsplan diskutiert.
Agrarministerin will Käfige legalisieren: Bundesrat schiebt Sauerei
Die Länderkammer kann sich nicht einigen: Eine Entscheidung über Sauen, die
noch 17 Jahre in enge Gestelle gesperrt werden sollen, ist verschoben.
Agrarministerin will Käfige legalisieren: Protest gegen Klöckners Sauerei
Sauen sollen noch 17 Jahre in Gestelle gesperrt werden dürfen, in denen sie
liegend nicht die Beine ausstrecken können. Nun entscheidet der Bundesrat.
CDU will zu enge Käfige legalisieren: Agrarministerin Klöckners Sauerei
Sauen sollen noch 17 Jahre in Gestelle gesperrt werden dürfen, in denen sie
nicht die Beine ausstrecken können. Jetzt ist das illegal, aber üblich.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.