# taz.de -- Schnitzelkrise und andere Schweinenews: Die Schweine! | |
> Die „Bild“ hat Schnitzelstarre, Dänemark baut einen Schweinezaun und | |
> deutsche Säue müssen in die Klöckner-Koje. Quo vadis, Krustenbraten? | |
Bild: Hilfe, in China essen sie Schweine | |
Das Zentralorgan des Schweinesystems schlägt Alarm: Unter dem Stichwort | |
„Schnitzel-Krise“ warnt die Bild vor einer großen Teuerung von | |
Schweinefleischprodukten. Angeblich lässt [1][die in China wütende | |
Schweinepest] diesen Global Schweineplayer in Europa alles aufkaufen, was | |
nicht bei „oink“ in der Suhle ist. | |
Ausgerechnet das Schwein. Unsere Wurst. Unser Wappentier. Kein Schwein | |
weiß, warum die deutschen Farben nicht Rosarot und Braun sind; was statt | |
Miss Piggy der Adler auf der Flagge zu suchen hat; welch weltfremder Geist | |
einst die Worte „nöff“, „quiek“ und „grunz“ aus dem Text der | |
Nationalhymne strich. | |
Das stinkt übel nach drohendem Verzicht. Doch leider ist dem Schwein damit | |
noch nicht einmal geholfen. Gegessen wird es nun halt vom Chinesen. Schöner | |
wäre es, der Preis für Schweinefleisch stiege wegen strikterer Einhaltung | |
des Tierschutzgedankens. Doch im Gegenteil: [2][Bundesagrarministerin Julia | |
Klöckner will nun sogar die bislang verbotenen zu engen Einzelkäfige | |
legalisieren]. | |
Die Schweine können sich dort weder vernünftig umdrehen noch die Beine | |
ausstrecken. Wenn ich als Schwein da plötzlich einen Wadenkrampf bekomme, | |
kann ich mich nur viel zu langsam aufrichten. So eine Koje möchte man im | |
ersten Moment mal Julia Klöckner wünschen. Im zweiten Moment wird man | |
allerdings vom Armeleuteschinken im eigenen Kühlschrank daran erinnert, | |
dass man selbst doch eigentlich das größte Schwein ist. | |
## Zum Abgewöhnen | |
Wenn China also der einzige Grund für den Mangel ist, ist ökologisch wenig | |
gewonnen. Eines aber vielleicht doch: Man gewöhnt sich den Verzehr ab. Das | |
könnte sich entwickeln wie beim Fernsehfußball. Erst gibt es immer weniger | |
im Free TV zu sehen, Pay TV wird immer teurer, man guckt immer weniger und | |
irgendwann merkt man auf einmal: Hey, es geht doch auch ohne. Ich muss gar | |
nicht mehr alles sehen und empfinde das sogar als Zugewinn an Lebenssinn | |
und -qualität. In derselben Zeit, die man jahrelang für den Championsscheiß | |
verbrannt hat, könnte man fünfzehntausend alten Damen über die Straße | |
helfen. Und zurück. | |
In eine solche Richtung könnte sich der uns vom freundlichen Chinesen | |
geschenkte Schweinefleischverzicht entwickeln. Anstatt mit einer wie von | |
Wackersteinen beschwerten Wampe ächzend ins Bett zu sinken, um dort die | |
Albträume der für uns gequälten Kreaturen nachzuträumen, von der | |
Klöckner-Koje über den Transportlaster bis hin zum Bolzenschussgerät, | |
schweben wir leichtfüßig und guten Gewissens dahin. Der Schlaf ist tief, | |
nur gelegentlich garniert von Eros’ willkommenen Schweinkramgespinsten. | |
Vom Hausschwein nun zum Wildschwein, diesem späten Nachsendboten | |
Tschernobyls. Doch selbst wenn man den wohlschmeckenden, doch notorisch | |
belasteten Bio-Gesellen nicht vertilgt, ist er dennoch in der Lage, seine | |
rosa Cousins von der Couchpotato-Front zu infizieren. Nicht mit | |
Radioaktivität, sondern mit der Schweinepest. | |
Davor hat man in Dänemark Angst. Dort ist man noch schweineverrückter als | |
hier. „Auf einen Dänen kommen zwei Schweine“, weiß der NDR. Und die | |
(Schweine) sollen sich nicht anstecken, denn sobald auf jeden Dänen nur | |
noch ein Schwein kommt, heißt es für ihn: Schwein gehabt. Ihm bleiben dann | |
fast nur noch Beilagen. | |
## Hauptsache Zaun | |
Daher haben die Nordmenschen einen Schutzzaun an der Grenze zu Deutschland | |
gebaut, um die kranken Schweine vom bösen Nachbarn abzuwehren. Denn die | |
pfiffigen Paarhufer benutzen ja die offiziellen Übergänge nicht, sondern | |
latschen einfach querfeldein, wie ihnen der Rüssel gewachsen ist. Nach nur | |
zehn Monaten (es sollen bereits Experten aus den USA vor Ort gewesen sein) | |
ist der antischweinistische Schutzwall dieser Tage fertig geworden. | |
Schengen wird für die Schweine mal eben außer Betrieb gesetzt, doch das | |
kennt man an der dänischen Grenze ja bereits wegen der Flüchtlinge. | |
[3][Helfen wird der Zaun jedoch wenig]. Die Schweinepest ist auch in | |
Deutschland kaum verbreitet und der zentrale Verbreitungsgrund sind | |
weggeworfene Fleischprodukte. Aber Hauptsache, erst mal einen Zaun gebaut. | |
Fast möchte man meinen, der Verzehr von Schweinefleisch beeinträchtige den | |
Charakter. China, hilf! | |
2 Dec 2019 | |
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## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
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