# taz.de -- Tag der inhaftierten Schriftsteller: Verfolgt, verhaftet, getötet | |
> Der Tag der inhaftierten Schriftsteller erinnert an die verfolgten | |
> Künstler weltweit. An Menschen wie Ahmet Altan, Stella Nyanzi und Xu Lin. | |
Bild: Stella Nyanzi im Jahr 2017 | |
Zum Beispiel [1][Ahmet Altan.] Der türkische Journalist und Schriftsteller | |
sitzt im Gefängnis, weil er vor dem Putsch 2016 in einer Talkshow folgende | |
Sätze gesagt hat: „Die AKP wird ihre Macht verlieren. Und sie wird vor | |
Gericht gestellt werden.“ Damit habe der heute 69-Jährige „unterschwellige | |
Botschaften“ verbreitet, die „assoziativ“ zum Sturz der Regierung | |
aufgerufen hätten, so die Begründung. | |
Nachdem er am 4. November aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri | |
freikam, wurde der Autor am Dienstag erneut verhaftet. Das Urteil: | |
„lebenslänglich“. | |
Zum Beispiel [2][Stella Nyanzi]. Wegen eines Facebook-Posts sitzt die | |
ugandische Frauenrechtlerin im Gefängnis. Nyanzi kämpft mit der Kampagne | |
[3][#Pads4GirlsUg] dafür, dass Mädchen aus armen Familien Monatsbinden | |
zugänglich gemacht werden, damit sie zur Schule gehen können. Ugandas | |
Präsident Yoweri Museveni brach diesbezüglich sein Wort, Nyanzi | |
beschimpfte ihn und seine Frau auf Facebook („Arschbacken“). | |
Im April 2017 wurde die 45-Jährige festgenommen, zunächst kam sie gegen | |
Kaution frei, seit Oktober 2018 sitzt sie wieder. Das Urteil: 18 Monate. | |
Zum Beispiel [4][Xu Lin]. Der 55-Jährige aus Guangzhou sitzt im Gefängnis, | |
weil er sich im Netz für Demokratie und Menschenrechte einsetzte und 2017 | |
die Freilassung des Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo forderte. | |
Laut der Organisation Chinese Human Rights Defenders wurde er im Dezember | |
2018 wegen „zerstörerischer“ Onlineaktivitäten festgenommen. Das Urteil: | |
drei Jahre Haft. | |
Am Freitag erinnert die Schriftstellerorganisation PEN am „Tag der | |
inhaftierten Schriftsteller“ an Menschen wie Ahmet Altan, Stella Nyanzi und | |
Xu Lin und viele andere, die wegen der Veröffentlichung von | |
Meinungsäußerungen in Haft sind. Laut der vom PEN veröffentlichten | |
[5][„Caselist 2018“] (Stand Juni 2019) betrifft dies weltweit mindestens 68 | |
Schriftsteller:innen. Der PEN listet sogar 205 Fälle auf, in denen | |
Künstler:innen in den vergangenen Jahren verhaftet, verfolgt, getötet | |
wurden. Darin sind alle Fälle – Ermittlungsverfahren, laufende Verfahren – | |
einbezogen. | |
Die Auflistung ist Indikator dafür, wie es um Meinungsfreiheit in den | |
Weltregionen bestellt ist. So werden allein 88 Fälle von Repression in der | |
Asien-Pazifik-Region gezählt, 40 in Europa/Zentralasien, 36 im Nahen Osten | |
und Nordafrika (MENA), 26 in Nord- und Südamerika und 15 in Afrika. | |
## Frauen bedroht, wenn sie über Missbrauch schreiben | |
Kontinuierlich gestiegen sind die Fallzahlen seit 2016 in der | |
Asien-Pazifik-Region und in Amerika. In Europa, Afrika sowie im Nahen | |
Osten und in Nordafrika sind die Zahlen niedriger als noch 2016. | |
Salil Tripathi, Vorsitzender des PEN-Writers-in-Prison-Komitees, betont im | |
Leitwort zur aktuellen Caselist: „Zahlen erzählen nie die ganze Geschichte. | |
Wir als Schreiber, Dichter, Journalisten und Publizisten wissen das | |
selbstverständlich.“ | |
Für ihn sage es wenig aus, dass die Anzahl der Fälle von 2017 bis 2018 | |
insgesamt von 218 auf 205 zurückging. Denn in einzelnen Geschichten zeige | |
sich eine andere Tendenz: Etwa dass Frauen in vielen Ländern bedroht sind, | |
wenn sie sich für das Recht auf Abtreibung eintreten, wenn sie über | |
Missbrauch, Vergewaltigung und Gewalt gegen Frauen schreiben. | |
Das „Writers in Prison“-Kommitee des PEN rief den Gedenktag 1980 ins Leben. | |
Gegründet hatte sich der Ausschuss 1960, als die Repressionen gegen | |
Publizist:innen in vielen Weltregionen zunahmen. Das PEN-Zentrum London | |
lädt am Freitag zu einem [6][Gespräch] mit dem im September frei gelassenen | |
ukrainischen Regisseur Oleg Sentzow, bereits am Donnerstag findet in Genf | |
eine Veranstaltung [7][mit dem chinesischen Schriftsteller Liao Yiwu] | |
statt. | |
14 Nov 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Justizreform-in-der-Tuerkei/!5642109 | |
[2] /Repression-in-Uganda/!5615183 | |
[3] https://twitter.com/pads4girlsug?lang=de | |
[4] https://www.amnesty.org/en/documents/asa17/9579/2018/en/ | |
[5] https://www.pen-deutschland.de/de/informieren/caselist/ | |
[6] https://www.englishpen.org/campaigns/oleg-sentsov-to-visit-the-united-kingd… | |
[7] https://www.pen-dschweiz.ch/ | |
## AUTOREN | |
Jens Uthoff | |
## TAGS | |
Schriftsteller | |
Autoren | |
Künstler | |
Repression | |
Haft | |
Türkei | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Schriftsteller | |
taz.gazete | |
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2023 | |
Uganda | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Freiheit für türkischen Journalist: Ahmet Altan aus Haft entlassen | |
Ein türkisches Gericht hebt die Haftstrafe von Ahmet Altan auf. Der | |
prominente Schriftsteller und Journalist war wegen Putschbeteiligung | |
verurteilt. | |
Schwangerschaftsabbrüche in Nigeria: Letzter Ausweg Quack | |
Nirgendwo sterben so viele Frauen an den Folgen unsicherer Abtreibungen wie | |
in Nigeria. Drei Überlebende erzählen. | |
Geschwister-Scholl-Preis für Ahmet Altan: „Lasst ihn frei!“ | |
In München wird der türkische Autor und Journalist Ahmet Altan mit dem | |
Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet. Doch er ist inhaftiert. | |
Justizreform in der Türkei: Rache statt Rechtsstaat | |
Publizist Ahmet Altan muss ins Gefängnis, und zwar acht Tage nach seiner | |
Haftentlassung. Das Hin und Her zeigt, dass die Justizreform wenig geändert | |
hat. | |
Norwegische Ministerin über Buchmesse: „Sie kann ja zurückschießen“ | |
Für Norwegens Außenministerin Ine Eriksen Søreide ist klar: Das Gastland | |
der Frankfurter Buchmesse ist ein Vorzeigeland für die Freiheit des Wortes. | |
Ugandische Feministin wieder frei: Gebrochen, aber entlassen | |
Die Feministin Stella Nyanzi darf auf Kaution vorläufig in die Freiheit. | |
Ihr gesundheitlicher Zustand nach der Haft ist sehr schlecht. |