# taz.de -- Auswahl der EU-Kommission: Leyens Leiden an der Frauenquote | |
> Frankreich und Rumänien haben neue Kandidaten nominiert. Damit würde die | |
> versprochene Geschlechterparität wohl verfehlt. | |
Bild: Quote in Sicht? Eher nicht | |
BRÜSSEL taz | Zwei kleine Schritte vorwärts, einen großen Schritt zurück: | |
Die neue EU-Kommission nimmt – eine Woche nach dem ursprünglich geplanten | |
Start am 1. November – langsam Gestalt an. Allerdings dürfte die künftige | |
Kommissionschefin Ursula von der Leyen ihr zentrales Ziel verfehlen, die | |
EU-Behörde paritätisch mit Männern und Frauen zu besetzen. | |
Bisher wurden 11 Kommissarinnen und 14 Kommissare bestätigt. Zwei Stellen | |
sind noch offen: Frankreich und Rumänien mussten neue Kandidaten benennen, | |
nachdem ihre (weiblichen) Anwärter im Oktober in den Anhörungen im | |
Europaparlament [1][durchgefallen waren]. Der Start der Kommission wurde | |
daraufhin auf den 1. Dezember verschoben. | |
Doch nun hat sich Paris für einen männlichen Bewerber entschieden: | |
Frankreich will den früheren Wirtschaftsminister [2][Thierry Breton] nach | |
Brüssel schicken. Rumänien hat die Europaabgeordneten Siegfried Mureșan und | |
Adina Vălean nominiert. | |
Damit würde es in der neuen Kommission nur 11 oder 12 Frauen geben, aber 15 | |
oder 16 Männer – je nachdem, für welchen rumänischen Kandidaten sich von | |
der Leyen entscheidet. So oder so würde das Ziel einer Frauenquote von 50 | |
Prozent verfehlt. | |
## Ärger um Männerüberhang | |
Dies führt noch vor den Anhörungen der beiden Nachrücker zu neuem Ärger im | |
Europaparlament. Sozialdemokraten und Grüne wollen sich nicht mit dem | |
Männerüberhang abfinden; sie fordern weibliche Kandidaten. | |
„Das ist eine klare Bedingung dafür, dass wir die künftige EU-Kommission | |
unterstützen“, sagte die Fraktionschefin der Sozialdemokraten, Iratxe | |
García, am Mittwoch in Brüssel. Der Ko-Chef der Europa-Grünen, Reinhard | |
Bütikofer, schloss sich dieser Forderung an. Allerdings spricht wenig | |
dafür, dass der Frauenanteil noch steigt. | |
Die Nominierung der Kommissarinnen und Kommissare liegt nämlich in der Hand | |
der Mitgliedsländer und ihrer Regierungen. Von der Leyen bekräftigte am | |
Mittwoch ihren Wunsch, dass die Länder jeweils zwei Bewerber benennen | |
sollten – einen Mann und eine Frau. Doch Frankreich hat sich auf Monsieur | |
Breton festgelegt. | |
Auch Rumänien, das gerade eine neue Regierung bekommen hat, dürfte an | |
seinem Mann festhalten. Die letzte Hoffnung liegt nun ausgerechnet bei | |
Großbritannien. Da das Land nicht wie geplant am 31. Oktober aus der EU | |
ausgetreten ist, sondern den Brexit vertagt hat, soll nun auch noch London | |
einen Kandidaten für Brüssel nominieren. | |
## Premier Johnson wird sich wohl Zeit lassen | |
Vielleicht wird es ja eine Frau. Genauso gut könnte es aber auch sein, dass | |
Premier Boris Johnson sich mit der Nominierung Zeit lässt. Schließlich wird | |
am 12. Dezember ein neues britisches Parlament gewählt. Johnson hat | |
womöglich Wichtigeres zu tun, als von der Leyen aus der Patsche zu helfen. | |
Streit gibt es nicht nur wegen der Frauenquote. Auf Vorbehalte stößt auch | |
noch der Ressortzuschnitt in der neuen Kommission. So würde das | |
Europaparlament gerne das für Breton vorgesehene Binnenmarkt-Ressort | |
zusammenstreichen. Außerdem wurde die Forderung laut, den Kandidaten aus | |
Ungarn nicht mit der EU-Erweiterung zu betrauen. | |
Ein Land, das sich selbst nicht an Demokratie und Rechtsstaat halte – wie | |
Ungarn unter Viktor Orbán – könne nicht mit der Aufgabe betraut werden, | |
diese Prinzipien bei den Beitrittskandidaten auf dem Balkan durchzusetzen, | |
meinen viele Europaabgeordnete. Doch wird es von der Leyen wagen, Orbán | |
dieses sensible Dossier zu entziehen? Die CDU-Politikerin steht unter | |
massivem Druck – schon wieder. | |
6 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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