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# taz.de -- Morales-Rücktritt in Bolivien: Die Legende vom Putsch
> Evo Morales trat unter Druck zurück. Doch die Rede vom Putsch ist fehl am
> Platz. Morales hat sich mit dem eigenen Machtanspruch schlicht verzockt.
Bild: Gegner von Morales verbrennen die Fahne des multikulturellen Staates
Nur Stunden nachdem er am Sonntag Neuwahlen angekündigt hatte, ist
Boliviens Präsident [1][Evo Morales zurückgetreten] – und mit ihm auch sein
Vize und die Präsidenten beider Parlamentskammern. Damit ergibt sich
zunächst ein Machtvakuum in Bolivien. Formal muss das Parlament die
Rücktritte noch annehmen und entscheiden, wer das Land interimsmäßig
regiert. Wann das passiert, ist derzeit unklar.
Nahezu die gesamte lateinamerikanische Linke, vom designierten Präsidenten
Argentiniens über den gerade freigelassenen [2][Lula in Brasilien] bis zum
kubanischen Präsidenten Miguel Díaz-Canel, verurteilt die Vorgänge als
Staatsstreich, als Putsch. Der Beweis: Kurz vor Morales’
Rücktrittserklärung hatte ihn die Führung von Militär und Polizei zu diesem
Schritt aufgefordert.
Morales hat unter Druck seine laufende Amtszeit vorzeitig beendet. Aber ist
jeder Rücktritt unter Druck auch der Beweis für einen Militärputsch? Nein,
nicht alle der Figuren, die jetzt als Oppositionsführer auftreten, sind
politisch sympathisch oder wirken wie echte Demokraten. Die Angriffe von
Oppositionsgruppen auf die bunte Fahne des plurinationalen Boliviens lassen
nichts Gutes ahnen.
Dennoch scheint der Begriff Putsch – den Morales schon wenige Tage nach der
Wahl verwendete, als die Opposition zunächst nur gegen den angenommenen
Wahlbetrug und für eine Stichwahl auf die Straße ging – hier fehl am Platz.
Eine Ablenkung von eigenen Fehlern.
## Das eine ein Putsch, das andere ein Sieg des Volkes
Anders gefragt: Wäre es für die, die einen Staatsstreich beklagen, auch
einer, wenn die chilenischen Carabineros damit aufhören würden, den
[3][Protestierenden die Augen auszuschießen], sich mit ihren Forderungen
solidarisieren und den Rücktritt Piñeras fordern würden? Wird nicht
passieren. Aber wenn doch, würde es als Sieg des Volkes und der Demokratie
gefeiert werden.
Morales hat sich mit seinem Machtanspruch verzockt. Sein unrühmlicher
Abgang bringt jetzt in Gefahr, was er in seiner Regierungszeit aufgebaut
hat. Er selbst hätte das sehr leicht verhindern können.
11 Nov 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Bernd Pickert
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