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# taz.de -- Personenkult in Brasilien und Bolivien: Entbehrliche Männer
> Ex-Präsident Lula in Brasilien und Evo Morales in Bolivien zeigen, so
> unterschiedlich ihre Situation ist, welche Gefahren im Kult um Personen
> steckt.
Bild: Er hat viel bewirkt, doch mit seinem Kleben an der Macht hat Morales sich…
Zwei Länder, zwei linke Parteien und zwei Männer, die für deren Erfolg
unerlässlich scheinen oder sich selbst dafür halten. Zwar stecken beide,
Boliviens Präsident Evo Morales und Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva,
in vollkommen unterschiedlichen Situationen. Lula, dessen Inhaftierung den
Wahlsieg des Rechtsextremen Jair Bolsonaro überhaupt erst möglich gemacht
hatte, ist gerade aus dem Gefängnis entlassen worden und wird [1][von
seinen Anhänger*innen frenetisch gefeiert]. Evo Morales, der sich über
seine eigene Verfassung und das Ergebnis eines Referendums hinweggesetzt
und für eine eigentlich verbotene vierte Amtszeit kandidiert hatte, hat
sich im Streit über die offenbar von Betrug gekennzeichneten Wahlen vom 20.
Oktober [2][selbst ins Abseits geschossen]. Jetzt musste er nachgeben und
steht vor dem politischen Aus.
Überall auf der Welt befördern Präsidialsysteme die Dominanz von Personen
über Parteien oder Programme. Aber es ist besonders ärgerlich, wenn linke
Regierungsprojekte wie das bolivianische im Würgegriff ihres
Spitzenvertreters stehen, der an der Macht klebt und nicht dafür sorgt,
Nachfolger*innen aufzubauen.
Evo Morales hatte gute Chancen, nicht nur als erster indigener Präsident in
die Geschichte Boliviens einzugehen, sondern auch als einer, der enormen
sozialen Fortschritt bei ökonomischer Stabilität geschafft und Bolivien
eine gute, progressive und demokratische Verfassung gebracht hat. Mit
seinem Klammern an der Macht hat er das alles eingerissen.
Lula in Brasilien kann man das nicht vorwerfen. Dennoch hat die
brasilianische PT das Problem, dass da keine Führungsfiguren nachkommen. Je
messianischer Lula verehrt wird, desto eher kommt ein Bolsonaro an die
Macht, wenn Lula nicht antreten kann. Eine Linke, die von einer Person
abhängt? Das ist fatal und hat mit linker Emanzipationspolitik nichts zu
tun.
In Bolivien hat Morales in den letzten Tagen das traditionelle rhetorische
Arsenal [3][in ihrer Macht bedrohter lateinamerikanischer Linker] bemüht:
Ein von der Rechten orchestrierter Staatsstreich sei im Gange, warnte er
und appellierte an die Solidarität aller Linken. Das war durchsichtige
Propaganda. Nur: Gerade Erfahrungen wie die brasilianische, wo eine
korrupte Rechte die PT-Präsidentin Dilma Rousseff hat absetzen und Lula ins
Gefängnis stecken lassen, bestärken solche Diskurse. Oder der Putsch in
Honduras 2009. Oder die Absetzung Fernando Lugos in Paraguay 2012. Es gibt
sie, die rechten Staatsstreiche. Aber die Antwort darauf können nur starke
demokratische Institutionen sein, nicht Verfassungsbruch und Wahlbetrug.
10 Nov 2019
## LINKS
[1] /Ex-Praesident-Lula-da-Silva-freigelassen/!5639876
[2] /Nach-Praesidentschaftswahl-in-Bolivien/!5637858
[3] /Politische-Krisen-in-Suedamerika/!5634050
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Evo Morales
Luiz Inácio Lula da Silva
Jair Bolsonaro
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Kolumne Latin Affairs
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