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# taz.de -- Konzerne profitieren von EU-Grenzen: Das Geschäft mit den neuen Ma…
> Die EU mauert sich immer mehr ein, zeigt eine Studie. Rüstungskonzerne
> freuen sich über öffentliche Gelder für Drohnen, Schiffe und
> Stacheldraht.
Bild: Dieser Migrant schaffte es 2014 auf den Grenzzaun in der nordafrikanische…
Brüssel taz | Dreißig Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer werden in
Europa wieder glänzende Geschäfte mit Mauerbau und Abschottung gemacht. Vor
allem Rüstungskonzerne wie Thales, Airbus und Leonardo profitieren von
millionenschweren Aufträgen, die auch von der EU und ihren Mitgliedstaaten
vergeben werden.
Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des globalisierungskritischen Netzwerk
Transnational Institute, der niederländischen Kampagne gegen Waffenhandel
(Stop Wapenhandel) und dem spanischen Friedensforschungsinstitut Centre
Delàs. Mit den neuen Mauern sollen Flüchtlinge und Arbeitsmigranten auf
ihrem Weg in die EU gestoppt werden. Sie bestehen nicht mehr, wie vor 30
Jahren, aus weithin sichtbarem Beton und Stacheldraht.
Heute schotten Helikopter, Drohnen und Schiffe die Grenzen ab. Insgesamt
sind seit 1990 neue Grenzbefestigungen mit einer Länge von rund 1.000
Kilometern entstanden, heißt es in der Studie mit dem Titel [1][„The
Business of Building Walls“]. Das entspricht sechsmal der Länge der
Berliner Mauer. Rechnet man die „maritime“ und für das bloße Auge
unsichtbare Grenze im Mittelmeer hinzu, so wären die [2][neuen Mauern]
sogar noch 4.750 Kilometer länger.
Brüssel will von Mauerbau nichts hören, schon gar nicht, dass es dafür auch
noch EU-Förderung gibt. Als Ungarns Regierungschef Viktor Orbán 2018
forderte, die EU müsse sich an den Kosten [3][„seiner“ Mauer] beteiligen,
da sie ja auch Europa schütze, fuhr er sich in Brüssel eine Abfuhr ein. Die
EU wollte nicht zahlen.
Anders sieht es aus, wenn sich die Industrie um Aufträge bewirbt. Dann
fließen EU-Mittel, zeigen die Autoren anhand offizieller EU-Angaben. Seit
der Flüchtlingskrise 2015 wurden die Fördermittel massiv ausgeweitet. „Der
europäischen Militär- und Sicherheitsindustrie ist es durch Lobbyarbeit
gelungen, die Migration als Sicherheitsbedrohung statt als humanitäre
Herausforderung darzustellen“, sagt Studienautor Mark Akkerman. Dies habe
einen scheinbar endlosen Fluss öffentlicher Mittel für die Militarisierung
der Grenzen ausgelöst.
## Thales, Airbus und Leonardo profitieren
So seien mindestens 900 Millionen Euro für Grenzmauern und -zäune, 676,4
Millionen für maritime Einsätze (2006–2017) und 999,4 Millionen Euro für
virtuelle Mauern (2000–2019) ausgegeben worden. Darüber hinaus hätten die
beteiligten Unternehmen Milliarden aus dem Außengrenzenfonds der EU und dem
Fonds für innere Sicherheit kassiert. Neben Thales, Airbus und Leonardo
konnten auch viele Firmen aus der Baubranche, der Schifffahrt und dem
Technologiesektor Fördermittel abgreifen. Dazu zählt laut Studie das
Unternehmen European Security Fencing, ein spanischer Hersteller von
Bandstacheldraht, der an Grenzzäunen zwischen Spanien und Marokko, aber
auch zwischen Ungarn und Serbien, Bulgarien und der Türkei, Österreich und
Slowenien zum Einsatz kommt.
Genannt wird auch das slowenische Unternehmen Dat-Con, das am Bau von
Grenzbefestigungen in Kroatien, Zypern, Mazedonien, Moldawien, Slowenien
und der Ukraine beteiligt ist. Oder der niederländische Schiffbauer Damen,
dessen Schiffe werden von Albanien, Belgien, Bulgarien, Portugal, den
Niederlanden, Rumänien und Schweden zur Grenzsicherung eingesetzt. Auch in
Zukunft winken glänzende Geschäfte. Denn im neuen EU-Rahmenbudget für die
Jahre 2021 bis 2027 werden die Mittel für den Grenzschutz ausgeweitet. Es
gehe darum, Menschenleben im Mittelmeer zu retten und den Schleppern das
Handwerk zu legen, so die Begründung. In Brüssel hat niemand die Absicht,
von Mauern zu reden.
5 Nov 2019
## LINKS
[1] https://www.tni.org/en/businessbuildingwalls
[2] /Mauern-und-Zaeune-um-Europa/!5546699
[3] /Fluechtlinge-in-Ungarn/!5527593
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
EU-Flüchtlingspolitik
EU-Grenzpolitik
Grenzschutz
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