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# taz.de -- Solidarisches Wohnprojekt in Berlin: Geflüchtete zu Genoss*innen
> Ein Genossenschaftsbauprojekt in Weißensee nimmt Flüchtlinge auf –
> mithilfe von Sponsor*innen, die deren Anteile finanzieren.
Bild: Sonnige Aussichten: Das Wohnprojekt in Weißensee
Noch ist es Baustelle. Aber bereits im Januar sollen im „Quartier Wir“ am
Brodenbacher Weg in Weißensee 250 Menschen in 160 Wohnungen einziehen.
Sechs der ohne staatliche Förderung entstehenden genossenschaftlichen
Wohnungen gehen an Geflüchtete.
Dafür hat sich die Genossenschaft BeGeno 16 einiges einfallen lassen. „Die
Flüchtlinge bezahlen wie alle anderen auch ihren Genossenschaftsanteil und
werden damit bei uns Mieter“, sagt Udo Knapp von der Genossenschaft. So
weit die Theorie.
Doch das Jobcenter, auf das viele Geflüchtete angewiesen sind, übernimmt
keine Genossenschaftsanteile, und Banken geben ihnen dafür keine Kredite.
So hat man über den Träger [1][Xenion] und die gemeinnützige [2][Stiftung
trias] Sponsoren gefunden, die die Anteile aufbringen. Das sind Menschen,
die etwa ihr Erbe in soziale Projekte investieren wollen. 250.000 Euro
wurden insgesamt gebraucht, 160.000 sind bereits zusammengekommen.
„Eigentlich müssten sich alle Bauherren so engagieren. Denn nur so
funktioniert der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft“, sagt
Genossenschaftler Knapp, der sich wünscht, der Senat würde die Kompetenzen
der Genossenschaften viel stärker im Wohnungsbau nutzen.
Neben ganz normalen Wohnungen gibt es in der Wohnanlage zwei
Gemeinschafts-Dachterrassen, ein kleines Schwimmbad und sogenannte
Clusterwohnungen. Das heißt, mehrere Singles haben jeweils ein eigenes
Zimmer mit Kochnische und Sanitärbereich. Mit anderen Singles teilen sie
sich dann zudem einen Gemeinschaftsraum mit großer Küche. Für die BeGeno 16
ein Weg, der Vereinsamung in der Gesellschaft etwas entgegenzustellen. Und
das sei gerade für geflüchtete Singles wichtig, die aus ihren
Herkunftskulturen die Kompetenz des gemeinschaftlichen Wohnens mitbrächten.
Bea Fünfrocken, bei Xenion zuständig für die Akquise von Wohnungen für
Geflüchtete, erklärt: „Wenn so jemand eine Einraumwohnung in
Hohenschönhausen bezieht, wo er die Nachbarn nicht kennt und wo man abends
die Bürgersteige hochklappt, geht er kaputt.“ Aber auch andere künftige
Bewohner haben sich für diese Wohnform entschieden: Clusterwohnungen gibt
es auch für demenzkranke SeniorInnen und für eine Gruppe lesbischer
Buddhistinnen.
Xenion ist eine Beratungsstelle, die Psychotherapie für Folteropfer sowie
Opfer von Krieg und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen anbietet.
Psychotherapie allein reiche aber nicht aus, so die Erfahrung von Xenion.
Die Folteropfer brauchen auch soziale Netzwerke, die sie auffangen und in
die sie ihre Kompetenzen einbringen können.
Genossenschaftliche Wohnformen böten sich da geradezu an, meint Bea
Fünfrocken. Das genossenschaftliche Engagement ermögliche es den dort
einziehenden Geflüchteten zudem, überhaupt eine Wohnung zu bekommen, denn
sie haben keinen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein und ohne diesen
auf dem Wohnungsmarkt keine Chance.
Unterstützer des Wohnprojektes ist der grüne Abgeordnete und Bauexperte
Andreas Otto. Ursprünglich sei er auf das Bauprojekt aufmerksam geworden,
weil hier ökologisch in Holzbauweise gebaut wird. Nachdem er es näher
kennengelernt hat, halte er auch das soziale Engagement der Genossenschaft
für vorbildhaft. „Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind da noch
ein wenig schwerfällig. Es ist toll, dass hier genossenschaftliches
Engagement etwas vormacht, was für andere Bauherren Vorbild werden könnte.“
28 Oct 2019
## LINKS
[1] http://xenion.org
[2] http://www.stiftung-trias.de/home/
## AUTOREN
Marina Mai
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