# taz.de -- Was das Klimapaket im Alltag bedeutet: Bahn wird billiger, Fliegen … | |
> Für die Klimaziele werden die von der Regierung geplanten Maßnahmen nicht | |
> reichen. Aber was heißen sie in der Praxis für Verbraucher*innen? | |
Bild: Noch ist unklar, wie die Fördermaßnahmen für den Austausch einer alten… | |
BERLIN taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die ersten Gesetzentwürfe | |
verabschiedet, mit denen das [1][im September beschlossene | |
Klimaschutzprogramm] umgesetzt werden soll. Die taz beantwortet die | |
wichtigsten Fragen dazu – unter der Annahme, dass sich die Gesetze im | |
Bundestag und Bundesrat nicht mehr ändern. | |
Wird Bahnfahren jetzt wirklich billiger? | |
Ja, zumindest im Fernverkehr. Dort [2][sinkt der Mehrwertsteuersatz] von 19 | |
auf 7 Prozent. Zwar gibt es keine rechtliche Verpflichtung an das | |
Unternehmen, diese Senkung in vollem Umfang an die Kund*innen | |
weiterzugeben; die Bahnführung hat das aber trotzdem fest zugesagt. Im | |
Nahverkehr ändert sich nichts, denn dort werden auch bisher schon nur 7 | |
Prozent Mehrwertsteuer fällig. Auch für Unternehmen, die die Mehrwertsteuer | |
erstattet bekommen, ändert sich faktisch nichts. | |
Und ab wann? | |
Wenn es keine Verzögerungen gibt, soll die Mehrwertsteuersenkung schon zum | |
1. Januar 2020 in Kraft treten. | |
Wie stark sinken die Preise dadurch genau? | |
Durch die Absenkung der Mehrwertsteuer sollten die Fernverkehrsfahrkarten | |
etwa 10 Prozent billiger werden. (Dass es nicht 12 Prozent sind, wie man | |
bei Wechsel von 19 Prozent zu 7 Prozent annehmen könnte, ist keine | |
Verschwörung, sondern reine Mathematik: Eine Fahrkarte mit einem Nettowert | |
von 100 Euro kostet statt 119 Euro künftig 107 Euro – eine Ersparnis von | |
gut 10 Prozent.) | |
Was bedeutet das beispielsweise für eine Bahnfahrt von Berlin nach | |
Stuttgart? | |
Wer ohne Bahncard spontan in der 2. Klasse reist, zahlt auf der Strecke | |
Berlin–Stuttgart bisher 153 Euro. In Zukunft müsste dieser Wert bei 138 | |
Euro liegen. Wer mehr als einmal im Jahr Bahn fährt und ein bisschen | |
rechnen kann, nutzt aber mindestens eine Bahncard 25, die zum Preis von | |
bisher 62 Euro ein Jahr lang 25 Prozent Rabatt bietet. (Ob auch die | |
Bahncard selbst billiger wird, steht nach Auskunft der Bahn noch nicht | |
fest.) Damit kostet die Fahrt statt bisher 114,75 Euro nur noch 103,20 | |
Euro. Mit der Bahncard 50 sinkt der Preis von 76,50 auf 68,80 Euro. Wer | |
lange im Voraus bucht oder zu unbeliebten Zeiten am frühen Morgen oder | |
späten Abend reist, kann den Super-Sparpreis nutzen. Der günstigste Tarif | |
liegt statt 19,90 Euro künftig bei 17,90 Euro, mit Bahncard sogar nur bei | |
13,40 Euro. Weitaus häufiger zu finden sind auf dieser Strecke aber | |
Super-Sparpreise zwischen 29,90 und 53,90 Euro. | |
Was ändert sich beim Fliegen? | |
Das wird zum 1. April nächsten Jahres durch eine Anhebung der Ticketabgabe | |
teurer – allerdings eher in homöopathischer Dosis: Sofern die | |
Fluggesellschaften die höhere Steuer vollständig an ihre Kund*innen | |
weitergeben, verteuert sich ein Inlandsflug um 6,58 Euro – immerhin mehr | |
als die zunächst geplanten 3,50 Euro, aber immer noch kaum mehr als ein | |
Cappuccino am Flughafen. Bei innereuropäischen Flügen mit ausländischen | |
Gesellschaften liegt der Aufschlag nur bei 5,53 Euro, weil dort keine | |
Mehrwertsteuer fällig wird. Für Mittelstrecken (etwa nach Zentralafrika | |
oder den Nahen Osten) steigt der Preis um 9,58 Euro, für Langstrecken um | |
17,25 Euro. | |
Was zahle ich künftig also, wenn ich von Berlin nach Stuttgart fliege? | |
Fest steht nur: 6,58 Euro mehr als bisher. Was ein solcher Flug (neben | |
einem schlechten Gewissen) kostet, hängt davon ab, wie lange im Voraus man | |
bucht und wie flexibel man zeitlich ist. Ein Ticket für den nächsten Tag | |
ist auf dieser Strecke aktuell ab 88 Euro erhältlich; künftig wären es also | |
etwa 95 Euro. Wer vier Wochen im Voraus bucht, kann schon für 34 Euro | |
fliegen; künftig wären das gut 40 Euro. | |
Was ändert sich für Pendler*innen? | |
Wer weite Strecken zur Arbeit fährt, wird künftig besser gestellt: Die | |
sogenannte Pendlerpauschale steigt von 2021 an ab dem 21. | |
Entfernungskilometer von 30 auf 35 Cent. Wer täglich an seinen 50 Kilometer | |
entfernten Arbeitsplatz fährt, kann damit statt bisher 3.300 Euro künftig | |
3.630 Euro von der Steuer absetzen. Wer den Eingangssteuersatz von 14 | |
Prozent zahlt, spart dadurch 46 Euro Steuern im Jahr; wer den | |
Spitzensteuersatz von 45 Prozent zahlt, spart 149 Euro. Besserverdienende | |
werden also deutlich bevorzugt. | |
Und warum steigt die Pendlerpauschale? Das hat doch nichts mit Klimaschutz | |
zu tun! | |
Die steuerliche Entlastung soll ein Ausgleich dafür sein, dass Benzin und | |
Diesel durch die [3][geplante CO2-Abgabe im Jahr 2021] um etwa 3 Cent pro | |
Liter teurer werden. Wenn das Auto des Beispiel-Pendlers aus der Frage | |
zuvor 7 Liter auf 100 Kilometer verbraucht, steigen seine jährlichen | |
Spritkosten dadurch um 46 Euro. Geringverdiener bekommen also etwa ihre | |
Mehrkosten ersetzt, Spitzenverdiener machen einen Gewinn von über 100 Euro | |
im Jahr – eine ziemlich unsoziale Regelung. Kleiner Trost: Der Aufschlag | |
ist befristet bis 2026 – mit dem Argument, dass bis dahin die meisten | |
Pendler*innen auf ein sparsameres Fahrzeug umsteigen können (wobei auch das | |
den Gutverdiener*innen leichter fallen sollte als den Bezieher*innen | |
kleiner Einkommen). | |
Und was ist mit denen, die so wenig verdienen, dass sie gar keine Steuern | |
zahlen? | |
Hier ist das Gesetz gegenüber den ursprünglichen Plänen nachgebessert | |
worden: Wer weniger verdient als den Grundfreibetrag, profitiert von der | |
Pendlerpauschale bisher nicht – denn wer keine Steuern zahlt, kann auch | |
keine sparen. Um auch hier eine Entlastung für die höheren Spritpreise zu | |
schaffen, wird eine neue „Mobilitätsprämie“ eingeführt. Für den Anteil … | |
Arbeitswegs, der über 20 Kilometer liegt, sieht sie eine Prämie vor, die | |
sich von der Höhe her an der Entlastung orientiert, die man bekäme, wenn | |
man den Eingangssteuersatz von 14 Prozent bezahlen würde. Das entspricht | |
knapp 5 Cent pro Entfernungs-Kilometer ab dem 21. Kilometer. Sie soll auf | |
Antrag vom zuständigen Finanzamt ausgezahlt werden. | |
Was passiert mit der Pendlerpauschale, wenn man – etwa als | |
Grünen-Vorsitzender – gar nicht mit dem Auto zur Arbeit fährt? | |
Auch wenn das manche nicht wissen: Die Pendlerpauschale gilt unabhängig vom | |
Verkehrsmittel. Mit dem Rad wird aber kaum jemand regelmäßig mehr als 20 | |
Kilometer in eine Richtung zur Arbeit fahren. Doch wer eine | |
Fahrgemeinschaft oder öffentliche Verkehrsmittel nutzt, profitiert in | |
gleicher Höhe von der Pauschale wie Autofahrer*innen. Ein Umstieg wird | |
dadurch attraktiver. | |
Und wenn ich mein Haus saniere – wird das jetzt endlich stärker gefördert? | |
Angekündigt wurde es schon oft, jetzt soll es wirklich passieren: Für | |
energiesparende Baumaßnahmen in Wohnungen oder Häusern, in denen man selber | |
wohnt, gibt es künftig mehr und leichter Geld vom Staat. Neue Vorgaben für | |
vermietete Wohnungen folgen später. | |
Was genau wird gefördert? | |
Zuschüsse gibt es für die Dämmung von Wänden, Dächern und Geschossdecken, | |
für die Erneuerung von Fenstern oder Außentüren, für eine neue | |
Lüftungsanlage und für die Erneuerung oder Optimierung der Heizungsanlage. | |
Die genauen Standards, die dabei eingehalten werden müssen, werden erst | |
noch festgelegt; orientieren sollen sie sich an den Vorgaben für Neubauten. | |
Voraussetzung ist, dass das Haus älter als 10 Jahre ist. | |
Wie viel Geld gibt es und wie bekommt man es? | |
Geplant ist, dass man über einen Zeitraum von drei Jahren insgesamt 20 | |
Prozent der Investitionskosten bei der Steuer erstattet bekommt. Das | |
geschieht nicht über eine Abschreibung (bei der Spitzenverdiener mehr | |
zurückbekommen würden als Geringverdiener), sondern als Abzug von der | |
Steuerschuld (von der alle Steuerzahlenden in gleicher Höhe profitieren). | |
Der Höchstbetrag pro Eigentumswohnung oder Haus liegt, unabhängig von der | |
Wohnfläche, bei 40.000 Euro. | |
Und was ist mit Eigentümer*innen, die keine Steuern zahlen? | |
Die können wie bisher Zuschüsse oder vergünstigte Kredite über die KfW | |
beantragen, die aber weniger attraktiv sind als die neuen | |
Steuergutschriften. | |
16 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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