# taz.de -- Proteste gegen die IAA in Frankfurt: Erschöpft, aber glücklich | |
> Zu Fuß und auf dem Rad demonstrieren Tausende gegen die Autoindustrie und | |
> für eine Verkehrswende. Am Sonntag soll die IAA blockiert werden. | |
Bild: Ohne Gegenverkehr: Aktivist*innen radeln am Samstag auf der Autobahn gen … | |
Frankfurt taz | Die Rapperin Baby Shoo kommt nicht bei allen gut an. Eine | |
ältere Frau mit einem grünen T-Shirt des Naturschutzbundes BUND verzieht | |
das Gesicht. „Ich find’s nicht so passend“, sagt sie zu ihrer | |
Mitstreiterin, die ebenfalls ein grünes Shirt anhat und eine BUND-Flagge | |
schwenkt. Etwa tausend Menschen haben sich am Samstag Mittag an der | |
Frankfurter Hauptwache versammelt, um für die Verkehrswende zu | |
demonstrieren. | |
Sie wollen zu Fuß durch die Frankfurter Innenstadt bis zur Messe laufen, wo | |
gerade die [1][Internationale Automobilausstellung IAA] stattfindet. | |
Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace, Campact, BUND, der Allgemeine | |
Deutsche Fahrradclub ADFC und Naturfreunde Deutschland hatten zum Protest | |
aufgerufen. Baby Shoo, die Rapperin aus Frankfurt, erzählt den | |
Demonstrant*innen auf dem Platz der Auftaktkundgebung gerade, dass sie | |
früher nicht so an Umweltschutz gedacht und stattdessen „viel Caprisonne | |
getrunken“ habe. Das bei Kindern und Rapper*innen beliebte Getränk ist in | |
ziemlich unfreundliches Plastik und Aluminium verpackt. „Aber die Sache mit | |
dem Klimawandel ist schon hart“, räumt Baby Shoo ein. | |
Die Frau vom BUND verdreht die Augen und setzt sich auf eine Bank. Sie | |
sieht müde aus. Müde dürften auch einige Radfahrer*innen sein, die später | |
an der Frankfurter Messe eintreffen. Die Demo, die unter dem Motto | |
#aussteigen steht – aus dem [2][SUV], aus der Autoindustrie, aus dem auf | |
individuelle Verbrennungsmotoren ausgerichteten Verkehrssystem – setzt sich | |
aus einem Fußgänger*innen und einem Fahrradfahrer*innenteil zusammen. | |
Die Radfahrenden sind aus dem ganzen Rhein-Main-Gebiet gestartet, um auf 13 | |
Hauptrouten, teils über Autobahnen, nach Frankfurt zu radeln. Einige sind | |
um 5 Uhr morgens gestartet, um pünktlich um 14.30 Uhr an der Messe | |
anzukommen. Es sollen sogar welche um Mitternacht in Stuttgart aufgebrochen | |
sein. Auch die Schüler*innen von [3][Fridays for Future] sind vertreten, | |
die Ortsgruppen aus Köln ist zu Fuß unterwegs und bildet einen Block mit | |
kleineren Ortsgruppen aus dem Umland. Auf ihrem Fronttransparent fordern | |
die Jugendlichen „Burn Capitalism“. | |
Ganz so radikal sind sie dann aber doch nicht unterwegs, zur Blockade am | |
Sonntag rufen sie nicht offiziell auf. Ein Bündnis, das sich „Sand im | |
Getriebe“ nennt, hat angekündigt, am Sonntag die Zugänge der Messe zu | |
blockieren. Daran wollen sich nur Einzelpersonen von Fridays for Future | |
beteiligen. Ziviler Ungehorsam gehört bislang nicht zum Aktionsrepertoire | |
der Schüler*innen. | |
Die IAA findet sie aber „ziemlich scheiße“, sagt die 17-jährige | |
Abiturientin Elli von der Kölner Ortsgruppe. Sie habe keine Lust, in der | |
Zukunft um Wasser oder andere Ressourcen zu streiten, deshalb müsse sich | |
schnell etwas ändern. Die Aktivist*innen von Sand im Getriebe nehmen der | |
Autoindustrie nicht ab, ernsthaft an einer Verkehrswende interessiert zu | |
sein. Der Bundesregierung auch nicht. „Verkehrsminister Andreas Scheuer ist | |
ein Autoverkaufsminister“, sagte Sand-im-Getriebe-Sprecherin Tina Velo im | |
Gespräch mit der taz. Es sei deshalb Zeit für ein deutlicheres Zeichen. Für | |
die Blockade-Aktion rechnen sie mit 1.000 Unterstützer*innen. | |
Am Samstagnachmittag geben die Veranstalter*innen auf der | |
Abschlusskundgebung direkt gegenüber der Messe bekannt, dass sich nach | |
ihren Zählungen 25.000 Leute am Protest beteiligt haben – darunter 18.000 | |
mit dem Fahrrad. Viele sehen erschöpft, aber die meisten glücklich aus, als | |
sie ihre Räder über den Rasen schieben, in Grüppchen zusammenstehen, sich | |
an Ständen Essen und Bier holen. Ein Redner auf der Bühne schimpft noch | |
einmal auf Verkehrsminister Scheuer, bevor er die Kundgebung für offiziell | |
beendet erklärt und sich für das Engagement bedankt. Falls es die IAA in | |
zwei Jahren noch geben sollte, sagt er, werde man wiederkommen. | |
14 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Proteste-zur-Auto-Messe-IAA/!5625804 | |
[2] /Unfallforscher-ueber-SUV-Unfall-in-Berlin/!5621063 | |
[3] /Fridays-for-Future-in-Berlin/!5625893 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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