# taz.de -- Frankfurts OB über die IAA: „Das hat es bislang nicht gegeben“ | |
> Seit Jahren ist es Tradition, dass Frankfurts Oberbürgermeister das | |
> Grußwort auf der IAA hält. Dieses Jahr wurde er nicht eingeladen. Warum? | |
Bild: „Die Themen Klimawandel und Verkehr sind eng miteinander verknüpft“,… | |
taz: Herr Feldmann, was haben Sie gedacht, als der Verband der | |
Automobilindustrie (VDA) Ihnen mitgeteilt hat, dass Sie dieses Jahr nicht | |
zur IAA-Eröffnung eingeladen sind? | |
Peter Feldmann: Ehrlich gesagt war ich ein bisschen überrascht. Dass der | |
Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzende der Frankfurter Messe bei | |
der IAA kein Grußwort hält, hat es bislang noch nicht gegeben. | |
Meinen Sie, Ihre Rede war dem VDA zu kritisch? | |
Die Rede kannte der VDA vorher ja nicht. Aber bei der letzten Eröffnung der | |
IAA vor zwei Jahren habe ich schon das eine oder andere Wort in Richtung | |
Automobilindustrie gesagt, das jetzt vielleicht nicht jedem gefallen hat. | |
Ich hatte allerdings ähnliches für dieses Jahr angekündigt. | |
Sie fordern eine Mobilitätswende [1][und weniger SUVs]. Das dürfte nicht im | |
Sinne des VDA sein. | |
In Städten wie Frankfurt geht es eigentlich gar nicht anders. Der Platz ist | |
begrenzt, da können wir nicht darüber diskutieren, die Stellplätze von | |
Parkhäusern zu vergrößern, weil die neuesten Karossen dort nicht mehr | |
reinpassen. Aber wie wir die Verkehrsströme organisieren, sodass weniger | |
Menschen morgens und abends im Stau stehen, wie wir es schaffen, dass mehr | |
Menschen auf Bus, Bahn oder das Rad umsteigen, wie wir genug | |
Stromtankstellen schaffen und die Autos vernetzen – das sind wichtige | |
Fragen für uns alle. | |
Sie sagen, die Verantwortung dürfe nicht bei den Verbrauchern abgeladen | |
werden, die Industrie müsse sich stattdessen an die Gesetze halten. Nach | |
allem, was bekannt ist, wäre es aber fast naiv zu glauben, dass dort | |
Einsicht einkehren wird. Wäre es nicht Zeit für harte Sanktionen? | |
Ich würde mir wünschen, dass die Bundesregierung forscher auftritt. Die | |
Nachrüstung von Diesel-Fahrzeugen wurde zu zögerlich angegangen. Die Städte | |
stehen außerdem vor dem Problem, dass sie nur wenig von Berlin unterstützt | |
werden. Etwa, wenn es darum geht Elektrobusse anzuschaffen oder Handwerkern | |
und dem Gewerbe zu helfen. Klar ist: ohne Autos, ohne Busse, ohne Lastwagen | |
wird es in den Städten nicht gehen. Und: Die Menschen müssen davor sicher | |
sein, dass ihr teuer erkauftes Fahrzeug plötzlich nichts mehr wert ist. | |
Sie bedanken sich bei den Protestierenden. Wieso? | |
In Frankfurt haben wir in der Geschichte immer gute Erfahrungen mit | |
Protestbewegungen gemacht. Zu einer Stadt der Händler gehört eben auch, | |
dass man diskutieren, mitreden, mitentscheiden will. Das war 1848 so, als | |
hier das erste deutsche Parlament zusammenkam. Das war 1968 so, als | |
Frankfurt eines der Epizentren der Studentenbewegung war. In den | |
vergangenen Jahren haben die Frankfurterinnen und Frankfurter für mehr | |
Mieterrechte demonstriert, für günstigere Fahrpreise, für besser | |
ausgestattete Schulen, kostenlose Kindergärten … und diese Forderungen sind | |
letztlich in politische Entscheidungen umgemünzt worden. | |
Es werden mehr Sozialwohnungen gebaut, [2][es gibt 365-Euro-Tickets für | |
Schüler und Senioren], Schulen werden gebaut und renoviert, Kindergärten | |
sind endlich kostenlos – und zuletzt hat die Initiative Radentscheid dafür | |
gesorgt, dass das Parlament für den massiven Ausbau von Fahrradwegen | |
gestimmt hat. Proteste bringen etwas in Gang – man sieht es ja auch bei der | |
IAA. | |
Ist die IAA im Jahr 2019 nicht mehr angemessen? | |
Eine neue IAA wäre es. Eine IAA, die uns hilft zu verstehen, wie wir die | |
sozial-ökologische Verkehrswende schaffen. Wie wir mit Bus oder Bahn, mit | |
dem Fahrrad oder dem Auto schneller und umweltfreundlicher ans Ziel kommen. | |
Es gibt gute Ansätze auf der IAA. Wie jene Konferenzprogramme, die sich | |
genau mit diesen Fragen auseinandersetzen. Doch von einer breiten | |
gesellschaftlichen Debatte sind wir entfernt, wenn man versucht, | |
Wirtschafts- und Umweltfragen gegeneinander auszuspielen. | |
Sie sitzen im Aufsichtsrat der Messe. Werden Sie dagegen stimmen, dass die | |
IAA nochmal in Frankfurt stattfindet? | |
Frankfurt ist eine Messe-Stadt seit hunderten von Jahren. Der Grund dafür | |
ist, dass Messen nicht nur Orte sind, um Geschäfte zu machen. Messen sind | |
Marktplätze der Ideen, des Austauschs von Menschen aus verschiedensten | |
Ecken der Welt. Zu einer Pendlerstadt wie Frankfurt würde eine „Neue IAA“ | |
passen. | |
[3][Sie haben Ihre Rede auf Facebook veröffentlicht]. Welche Reaktionen | |
haben Sie bekommen? | |
Manche meinten schon scherzhaft, ich solle öfter Reden nicht halten – damit | |
sie mehr Aufmerksamkeit bekommen. Der Zuspruch auf Facebook und Twitter hat | |
mich jedenfalls gefreut. Er zeigt: Die Themen Klimawandel und Verkehr sind | |
eng miteinander verknüpft. Und sie berühren viele Menschen. Das kann man | |
nicht einfach ignorieren. | |
15 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] /SUV-Boom-in-Deutschland/!5624204 | |
[2] /Oeffentlicher-Nahverkehr-in-Frankfurt/!5486656 | |
[3] https://www.facebook.com/notes/oberb%C3%BCrgermeister-peter-feldmann/die-ni… | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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