# taz.de -- Frankfurts OB über GroKo-Sondierungen: „Da muss nachgebessert we… | |
> Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) stellt sich am 25. | |
> Februar wieder zur Wahl. Mit dem Sondierungsergebnis in Berlin ist er | |
> nicht zufrieden. | |
Bild: „Die damalige Bundesregierung unter Schröder hat sich von den sozialen… | |
taz: Herr Feldmann, der SPD-Parteivorstand sieht nach den Sondierungen mit | |
CDU und CSU eine gute Grundlage für Koalitionsverhandlungen. Die Basis der | |
Partei tickt offenbar anders, auch Ihr Landesvorsitzender Thorsten | |
Schäfer-Gümbel sieht Nachbesserungsbedarf. Wie soll das gehen? | |
Peter Feldmann: Als Oberbürgermeister von Frankfurt bewerte ich die | |
Ergebnisse erst einmal aus kommunaler Sicht. Das heißt: Bekommen wir es | |
hin, dass die nötigen Mittel für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs | |
zur Verfügung gestellt werden? Dass der Bund endlich wieder richtig in den | |
Sozialwohnungsbau einsteigt – und schließlich, dass den Kommunen die Kosten | |
für die Flüchtlinge zu 100 Prozent bezahlt werden. | |
Im Ergebnispapier der Sondierungen werden Schwerpunkte beim Wohnungsbau und | |
in der Sozialpolitik gesetzt. Sind das gute Ansätze? | |
Diese Ansätze sind gut, reichen aber bei Weitem nicht. Da muss noch | |
nachgebessert werden. Wir brauchen eine steuerliche Entlastung für untere | |
und mittlere Einkommen. Das Thema prekäre Beschäftigung, also befristete | |
Beschäftigung und Leiharbeit, muss gelöst werden. Mit dem Mindestlohn kann | |
man sich keine Wohnung in Frankfurt leisten. | |
Im OB-Wahlkampf haben Sie vor allem auf das eine Thema gesetzt: Es sollte | |
endlich bezahlbarer Wohnraum in Frankfurt entstehen. Doch auch in Ihrer | |
Amtszeit sind mehr Sozialwohnungen aus der sozialen Bindung herausgefallen | |
als neue gebaut wurden. Es wird viel gebaut. Die Mietpreise explodieren | |
trotzdem. Haben Sie zu viel versprochen? | |
Jeder, der für Frankfurt arbeitet, muss sich auch Frankfurt leisten können. | |
Im Zentrum unserer Anstrengungen steht die Bereitstellung von bezahlbarem | |
Wohnraum. Wir bauen mit dem Umland, wir wandeln leerstehenden Büro- in | |
Wohnraum um. Jeder private Investor weiß jetzt: Wer hier in Wohnungen | |
investieren will, muss mindestens 30 Prozent geförderten Wohnraum bauen, | |
die öffentlich-rechtlichen Wohnungsgesellschaften mindestens 40 Prozent. | |
Wenn es nach mir geht, soll bei denen der Anteil auf 50 Prozent steigen. | |
Genügen Ihnen die bestehenden gesetzlichen Voraussetzungen? | |
Ich würde mir wünschen, dass es die Bundesregierung nicht den Ländern | |
überlässt, über das Verbot von Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen | |
zu entscheiden. In der Vergangenheit sind viel zu viele Wohnungen vom | |
Mietwohnungsmarkt verschwunden, weil sie in Eigentum umgewandelt wurden. | |
Die Länder brauchen da vom Bund eine klare Ansage. | |
Der Bund selbst hat Sozialwohnungen privatisiert, die Länder und viele | |
Städte ebenso. Hat da die SPD da nicht auch selbst Fehler gemacht? | |
Alle haben Fehler gemacht. Der Bund, die Bahn, die Post, Länder, Kommunen, | |
sie alle haben Wohnungen verkauft. Das war sicher falsch. Das kann man vor | |
allem jetzt am Zustand dieser Wohnungen sehen. | |
Sie sind vor sechs Jahren bewusst in die Quartiere gegangen, in denen die | |
SPD vor der Agenda 2010 stark war. Muss sich Ihre Partei nicht | |
entschiedener mit ihren StammwählerInnen versöhnen, die sie in der | |
Regierungszeit von Kanzler Schröder verloren hat? | |
Ich gehe weiterhin jeden Monat in die Stadtteile und die | |
Hochhaussiedlungen. Hartz IV ist in der Wahrnehmung der Menschen vor allem | |
deshalb ein großes Problem, weil sie das Gefühl haben, dass nicht | |
respektiert wird, was sie sich erarbeitet haben. Die damalige | |
Bundesregierung unter Schröder hat sich von den sozialen Traditionen der | |
SPD verabschiedet. Die Rechnung dafür haben wir über viele Jahre bezahlt. | |
Was ich kommunal mache, ist, dass ich den Menschen in dieser so modernen | |
Stadt ihre alte SPD wiedergebe. Zum Jahreswechsel sind die Preise im | |
Nahverkehr in Frankfurt erstmals nicht einfach erhöht, sondern zum Teil | |
sogar gesenkt worden. Ich sage, wir brauchen preiswerte Wohnungen. Es muss | |
Mitwirkungsmöglichkeiten für Senioren geben. Ich kämpfe für die | |
Gebührenfreiheit in den Kitas. Ich kann nicht Eintrittsgebühren für die | |
frühkindliche Erziehung verlangen und mich dann später über die mangelnde | |
Sprachfähigkeit beschweren. | |
Ihre Gegner sagen, Sie schmückten sich mit fremden Federn. Sie wollen in | |
diesem Jahr mit einem großen Fest die neu erbaute Altstadt eröffnen. Da ist | |
für Hunderte Millionen ein neues Quartier mit rekonstruierten | |
Altstadthäusern entstanden. Sie waren am Anfang gegen das Projekt. | |
Die neue Altstadt wird wie das Frankfurter Museumsufer die Identität | |
unserer Stadt prägen. Ich habe erkannt, dass die Menschen die neue Altstadt | |
nicht als Disneyworld erleben, sondern als Teil der Stadtgeschichte. Ich | |
habe bei den Führungen über die Baustelle die Begeisterung erlebt, mit der | |
die FrankfurterInnen diese Altstadt annehmen. Deshalb habe ich meine | |
Meinung geändert. | |
Sie gehen am 25. Februar als Favorit in den ersten Wahlgang. Haben Sie | |
Angst, dass Ihnen die parteiinterne Auseinandersetzung über eine mögliche | |
Große Koalition schadet? | |
Die Menschen können unterscheiden zwischen Berlin und Frankfurt. Die | |
OB-Wahl in Frankfurt ist aber keineswegs gelaufen. Gerade als Amtsinhaber | |
darf man nicht arrogant werden. Das mögen die Leute zu Recht nicht, das mag | |
ich auch nicht. Ich gehe auf die Menschen zu. | |
20 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Christoph Schmidt-Lunau | |
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