# taz.de -- Klimastreik am 20. September: Ein bisschen Generalstreik | |
> Für Freitag ruft Fridays for Future zum Klimastreik auf. Diesmal sollen | |
> alle mitstreiken. Wie ernst ist es den Erwachsenen? | |
Bild: Kreative Aufrufe für den Klimastreik. Die Schülerbewegung will eine ges… | |
An einem Freitag im Herbst legt ein Generalstreik Deutschland lahm. „Männer | |
und Frauen, reiht euch ein“, steht auf den Plakaten des Deutschen | |
Gewerkschaftsbunds. „Es handelt sich um euer Lebensinteresse.“ Drei Viertel | |
der deutschen Beschäftigten folgen dem Aufruf. | |
Doch die Streikenden gehen nicht auf die Straße, die Gewerkschaften rufen | |
dazu auf, zu Hause zu bleiben. „Stiller als ein Sonntag“, beschreibt eine | |
Zeitung die Atmosphäre. In Hamburg flanieren sonntäglich gekleidete | |
Menschen, keine Bahn fährt. In Bremen renovieren Streikende die Hütten | |
ihrer Schrebergärten, am Niederrhein ist die Streikbeteiligung besonders | |
hoch. Viele haben noch einen Kater. Am Vortag war Sessionsbeginn, an dem | |
die neue Karnevalssaison ausgerufen wird. | |
Nur an wenigen Orten wird der Streik auf der Straße sichtbar. In Köln | |
prügeln sich Arbeiter mit Streikbrechern vor den Werkstoren eines | |
Stahlhändlers. In Kiel wird das Rathaus blockiert, in Lübeck und in | |
Wuppertal die Stromversorgung unterbrochen. Vor einem Kino in Braunschweig | |
fährt ein Lastwagen mit zwanzig Männern und Frauen vor, die in das Kino | |
eindringen. „Die Theaterleitung sah sich gezwungen, die Vorstellung | |
abzubrechen“, schreibt der Weserkurier. | |
Es ist Freitag, der 12. November 1948, als das letzte Mal in Deutschland | |
ein Generalstreik stattfindet. Anlass waren die Lebensmittelpreise, die | |
nach der Währungsreform im Juni stark angestiegen waren. | |
Am kommenden Freitag sollen wieder alle streiken. „Es handelt sich um euer | |
Lebensinteresse“, das könnte man wieder auf die Transparente schreiben. | |
In mehr als 300 deutschen Städten wird es Demonstrationen geben, von Aachen | |
bis Zwickau, aber auch in Abuja, Nigeria, und Valetta, Malta. „Jetzt sind | |
alle Menschen gefordert“, heißt es im Aufruf. Gingen bislang vor allem | |
Jugendliche auf die Straße, sind nun auch die Erwachsenen gefragt. In | |
Deutschland tagt am gleichen Tag das Klimakabinett, ein Tag später startet | |
der Klimagipfel der Vereinten Nationen in New York. Erwartet wird, dass der | |
Protest größer wird als alle bisherigen. | |
Doch anders als beim letzten Generalstreik geht es nicht um so etwas | |
Konkretes wie Lebensmittelpreise, sondern um die Rettung der Welt. | |
Mittwoch dieser Woche in einem Gemeinschaftsgarten in Berlin-Wedding. | |
Felipa Goltz, Benedikt Niemann und andere aus der Bezirksgruppe von Fridays | |
for Future sitzen auf Holzpaletten und beratschlagen, wie sie nun | |
weitermachen. Um sie herum wachsen Sonnenblumen und Pflanzen in Hochbeeten. | |
## Im Tagesgeschäft sollen Lücken entstehen | |
Alle sind Anfang 20 und studieren. Sie frotzeln herum. Es wirkt, als kennen | |
sie sich schon ewig. Dabei hat die Gruppe erst vor zwei Wochen | |
zusammengefunden. „Seitdem verbringen wir fast jeden Tag miteinander“, | |
erzählt eine junge Frau. Die SchülerInnen, die in Berlin seit Januar auf | |
die Straße gehen, seien total überlastet. Sie dagegen haben Semesterferien, | |
also übernehmen sie. | |
Zum Beispiel die Mobilisierung für den Klimastreik. „Ich hoffe, dass wir es | |
endlich schaffen, von einer Schüler- zu einer gesellschaftlichen Bewegung | |
zu werden“, sagt einer. Felipa Goltz stimmt zu. „Ich wünsche mir, dass die, | |
die uns sonst nur vom Fenster zuwinken, runterkommen und mitlaufen.“ Der | |
Streik müsse spürbar werden, es müssten Lücken im Tagesgeschäft entstehen. | |
Benedikt Niemann sitzt etwas am Rand, er berichtet von Existenzängsten | |
angesichts des Klimawandels. „Ich bin froh, dass ich mit der Organisation | |
hier so viel zu tun habe, dann muss ich nicht drüber nachdenken.“ Wenig | |
später drängt er zur Eile. Die jungen Leute packen Plakate in ihre | |
Rucksäcke und brechen auf zu ihren Rädern. | |
Aber nicht nur Schüler und Studierende mobilisieren, auch die | |
Gewerkschaften bewegen sich. Die IG Metall sagt, sie begrüße es, wenn ihre | |
Mitglieder an Demos teilnehmen. Verdi geht einen Schritt weiter: „So | |
einfach zum Streik aufrufen kann ich nicht. Aber ich rufe diejenigen, die | |
es können, dazu auf, sich an den Aktionen am 20. September zu beteiligen“, | |
[1][sagte Verdi-Chef Frank Bsirske der taz]. Bsirske empfiehlt seinen | |
Mitgliedern „auszustempeln“. Das heißt: Sie sollen außerhalb der | |
Arbeitszeit an der Demo teilnehmen. | |
## Eindeutig verboten ist ein Generalstreik nicht | |
In anderen Ländern gehören Generalstreiks zum Alltag. In Deutschland, so | |
die herrschende Meinung, ist Streik, in dem es nicht um Löhne und | |
Tarifverträge geht, sondern um politische Ziele, nicht erlaubt. Die | |
Gewerkschaften befürchten Schadenersatzforderungen der Unternehmen. Dabei | |
gibt es kein Gesetz, das politische Streiks verbietet. Das | |
Bundesarbeitsgericht hat das Streikrecht in den 50er Jahren zwar | |
eingeschränkt. Verantwortlich dafür war der erste Präsident des Gerichts, | |
der Jurist Hans Carl Nipperdey, der in der NS-Zeit das | |
Arbeitsordnungsgesetz mitverfasst hatte. Aber selbst in den 50er Jahren | |
hieß es, ein politischer Streik „für die Freilassung von Kriegsgefangenen | |
oder gegen hohe Preise“ könne kaum als verfassungswidrig angesehen werden. | |
Auch heute sind einige Juristen der Meinung, dass ein politischer Streik | |
legal wäre. Nur: Um dies vor Gericht zu klären, müsste es mal wieder einen | |
Generalstreik geben. | |
Der Historiker Uwe Fuhrmann hat sich in seiner Dissertation mit dem letzten | |
deutschen Generalstreik beschäftigt. Er hat sich durch Archive gegraben und | |
Zeitungsausschnitte zusammengesucht. „Die deutschen Gewerkschaften könnten | |
mehr tun, um den Klimastreik zu unterstützen“, sagt er. Auch nach 1948 habe | |
es immer wieder politische Streiks gegeben, ohne dass diese verboten | |
wurden. Abmahnungen oder gar Kündigungen waren große Ausnahmen. | |
So streikten ArbeiterInnen 1968 gegen die Notstandsgesetze, 1972 anlässlich | |
des Misstrauensvotums gegen Willy Brandt. Am 6. März 1986 demonstrierten 1 | |
Million Beschäftigte während der Arbeitszeit. Die IG Metall nannte das | |
„betriebliche Aktionen“ und wehrte sich so gegen ein Gesetzesvorhaben, das | |
Streiks erschweren sollte. Hinterher wurden angedrohte Kündigungen und | |
Abmahnungen wieder zurückgenommen: Kein Unternehmen kann es sich leisten, | |
vielen Mitarbeitern gleichzeitig zu kündigen. Und vieles hängt von der | |
gesellschaftlichen Stimmung ab. Kündigungen wegen einer Teilnahme am | |
Klimastreik dürften mittlerweile einen Imageverlust bedeuten. | |
Da ginge also mehr, juristisch und politisch. Aber für die Gewerkschaften | |
ist das Thema Klima schwierig: Der Umbau der Wirtschaft zu mehr | |
Nachhaltigkeit gefährdet Jobs, neue Arbeitsplätze müssen erst entstehen. | |
Viele Beschäftigte nehmen die Veränderungen – etwa den Umstieg vom | |
Verbrennungsmotor auf Elektromobilität, von fossilen zu erneuerbaren | |
Energien – als Bedrohung wahr. Selbst wenn die Gewerkschaften so mutig | |
wären und zum Generalstreik aufriefen, könnte es gut sein, dass viele ihrem | |
Aufruf nicht folgen. | |
## Die Gewerkschaften müssen sich entscheiden | |
Klaus Dörre ist Professor für Arbeitssoziologie an der Uni Jena, er hat | |
sich mit dem Verhältnis der Gewerkschaften zur Ökologie befasst. „Wir | |
brauchen eine Nachhaltigkeitsrevolution“, ist Dörre überzeugt. Er | |
vergleicht die Veränderungen, vor denen die Wirtschaft steht, mit jenen der | |
ersten industriellen Revolution. | |
Die Gewerkschaften, die seit Jahren Mitglieder verlieren, hätten nun zwei | |
Möglichkeiten, sagt Dörre. Sie könnten konservativ auftreten und sich vor | |
allem für die Interessen bestimmter Gruppen einsetzen, etwa in der | |
Braunkohle. Damit würden sie aber rasch an gesellschaftlicher Akzeptanz | |
verlieren, denn der Strukturwandel sei unausweichlich. Die andere | |
Möglichkeit: „Die Gewerkschaften könnten sich auch wieder stärker als | |
soziale Bewegung verstehen und ihre Macht nutzen, um den Wandel ökologisch | |
und sozial zu gestalten.“ | |
Eine Entscheidung über die politische Ausrichtung der Gewerkschaften sei | |
noch nicht gefallen, sagt Dörre. Dass Verdi-Chef Bsirske die Mitglieder | |
dazu aufruft, sich an Veranstaltungen des Klimastreiks zu beteiligen, | |
wertet er aber als einen Schritt nach vorn. | |
Die jungen Leute von Fridays for Future, die an diesem Mittwoch im Wedding | |
unterwegs sind, sehen das Verhalten der Gewerkschaften mit gemischten | |
Gefühlen. „Ich würde mir wünschen, dass sie radikaler sind“, sagt Benedi… | |
Niemann. Natürlich seien sie dankbar für alle Menschen, die ihre | |
Arbeitszeit so legen, dass sie an dem Tag demonstrieren können, sagt Felipa | |
Goltz. „Es ist wichtig, dass wir unglaublich viele werden“, sagt ein | |
anderer mit Sonnenbrille. „Freinehmen ist aber nicht die beste, sondern nur | |
die zweitbeste Lösung.“ | |
## „Es ist doch nur ein Wort“ | |
Eigentlich wollen sie, dass die Menschen für das Klima wirklich etwas | |
riskieren, ein Opfer bringen. Nicht nur die Beschäftigten, auch die | |
Unternehmen. Klar würde das für die Firmen einen Ausfall bedeuten. „Aber | |
wenn man sich überlegt, wie viel der Klimawandel kosten wird, ist das | |
absurd“, sagt eine. Interessant ist, dass Fridays for Future zwar zu einem | |
Generalstreik aufrufen, aber das Wort nicht in den Mund nehmen. Das habe | |
rechtliche Gründe, sagt eine Sprecherin von Fridays for Future, das habe | |
man bundesweit so entschieden. Man will die Gewerkschaften nicht in | |
Schwierigkeiten bringen, „es ist doch nur ein Wort“. | |
Einige Betriebsräte suchen nach kreativen Wegen, den Klimastreik zu | |
unterstützen. In einem Berliner Beratungsunternehmen findet am Freitag eine | |
Betriebsversammlung statt, so können die Arbeitnehmer legal ihre Arbeit | |
niederlegen. Bei dem Treffen soll die Klimapolitik des Unternehmens Thema | |
sein. Im Anschluss wollen einige zur Demo gehen. | |
Dirk Kieper ist Betriebsrat bei der Deutschen Post in Düsseldorf. „Es kommt | |
Bewegung in die Sache“, sagt er. Bei der Post sei der Betriebsrat zuerst | |
gespalten gewesen, ob man den Streik unterstützen solle. Man wollte sich | |
nicht vereinnahmen lassen für Ziele, die „nicht betriebsbezogen“ sind. | |
Trotzdem war der Klimastreik Thema bei einer Betriebsversammlung. Als | |
Vertreter der Arbeitgeberseite sagten, man unterstütze die Ziele von | |
Fridays for Future, die Mitarbeiter sollten aber „ausstechen“ oder | |
Überstunden abfeiern, wenn sie teilnehmen wollten, fragte ein Kollege | |
aufgebracht: „Was soll man arbeiten, wenn man auf einem toten Planeten | |
lebt?“ | |
Kieper jedenfalls wird ausstempeln und am Klimastreik teilnehmen. Ob er | |
gemeinsam mit seinen Kollegen geht, ist noch nicht geklärt. „Wir sind noch | |
nicht so weit wie die Schüler.“ | |
Wie umstritten der Aufruf ist, erfährt man, wenn man mit Gewerkschaftern | |
spricht, in deren Branchen Arbeitsplätze bedroht sind. Heinrich Betz ist | |
Betriebsrat bei Volkswagen in Braunschweig. In seinem VW-Werk wird aktuell | |
die Produktion auf Batteriesysteme umgestellt, Kollegen werden umgeschult. | |
Kollegen, die seit 20, 30 Jahren die gleiche Arbeit machten, sagt er. | |
Betz will am Freitag eine Rede halten und wirbt auch bei seinen Kollegen | |
dafür, zur Demo zu gehen. Manche wollten kommen, andere seien skeptisch und | |
fragten, ob sie ihre Jobs verlieren könnten, wenn umgesetzt wird, was beim | |
Klimastreik gefordert wird. | |
Berlin-Wedding am frühen Nachmittag. Mit ihren Rädern fahren die | |
Studierenden durch die Straßen, im Fahrradkorb einen Karton mit Aufklebern | |
und Klebeband. Sie wollen Plakate aufhängen und Flyer verteilen. | |
In Läden brauchen sie dafür die Erlaubnis der Inhaber. „Hier gibt es so | |
tolles veganes Schokosorbet“, sagt Felipa Goltz, als sie einen Eisladen | |
betritt. Der Verkäufer schickt sie wieder weg, Plakate und Flyer sind nicht | |
erwünscht. | |
## Fronten verlaufen anders als bei einem Tarifstreit | |
Goltz versucht es in einem Spätkauf. Kaffee, Eier, Alkohol und Süßigkeiten | |
stehen in den Regalen. „An die Tür kannst du was machen“, sagt der | |
Verkäufer. Fridays for Future kennt er. „Das sind die, wo die Kinder die | |
Schule geschwänzt haben.“ Er lacht. Vom Streik hat er gehört. „Aber ich | |
könnte mir nicht leisten, freitags zuzumachen. Wir müssen ja schon sonntags | |
schließen.“ | |
Wie viele Erwachsene werden am Freitag den Schritt machen und die Arbeit | |
Arbeit sein lassen? „Solidarisierung ist gut, aber es kommt auf Handlungen | |
an“, sagt einer der jungen Leute. Ein anderer warnt: „Wir dürfen uns nicht | |
mit Lippenbekenntnissen abspeisen lassen.“ Für die einzelnen Menschen haben | |
sie aber schon auch Verständnis. „Gerade die kleinen Läden müssen ja oft um | |
ihre Existenz kämpfen“, sagt Felipa Goltz. | |
Die Fronten beim Klimastreik verlaufen anders als bei einem regulären | |
Tarifstreit. Die MacherInnen von Fridays for Future wollen alle mitnehmen, | |
sie wollen auch für Arbeitgeber anschlussfähig sein. | |
Wie ernst ist es den Unternehmen, wenn es darum geht, den eigenen Betrieb | |
lahmzulegen, reale Ausfälle zu haben? Um das herauszufinden, hat die taz in | |
der vergangenen Woche über 50 deutsche Unternehmen kontaktiert, darunter | |
viele große Firmen wie Vattenfall und Bosch, Daimler und die Deutsche Bahn, | |
aber auch kleinere Unternehmen wie eine Bäckerei und einen Fahrradladen. | |
Wir haben gefragt: Unterstützen Sie die Ziele der Bewegung Fridays for | |
Future und des Klimastreiks am 20. September? Ermutigen Sie Ihre | |
MitarbeiterInnen, am Klimastreik teilzunehmen? Und wie werden Sie mit | |
MitarbeiterInnen umgehen, die unentschuldigt bei der Arbeit fehlen? | |
## Firmen äußern sich widersprüchlich | |
In ihren Antworten erklären die Unternehmen zunächst durchgängig, wie | |
wichtig für sie das Thema Klima ist. Keine der knapp 40 Firmen, die auf | |
unsere Fragen reagierten, distanzierte sich von den Zielen von Fridays for | |
Future. Die SprecherInnen zählen auf, was ihr Unternehmen in diesem Bereich | |
bereits tut. | |
In der Summe ergibt sich ein großes Bekenntnis zum Kampf gegen den | |
Klimawandel. Für den Klimastreik folgt daraus aber wenig. Fast alle | |
verweisen auf Urlaubstage oder flexible Arbeitszeiten. Sprich: Die | |
Beschäftigten können in ihrer Freizeit zur Demonstration gehen. | |
„Ob jemand an einer Demonstration teilnimmt, ist eine private | |
Entscheidung“, schreibt der Sprecher von RWE. Bei BMW heißt es: „Eine | |
etwaige Teilnahme findet außerhalb der Arbeitszeit statt und rechtfertigt | |
kein unentschuldigtes Fehlen.“ Bosch nennt den 20. September einen | |
„globalen Mahntag“, mahnt aber auch: „Zu einem respektvollen Miteinander … | |
auch in der Firma – gehört, dass man sich entschuldigt bzw. abmeldet, | |
sollte man nicht wie geplant zur Arbeit erscheinen.“ | |
Noch deutlicher wird der Widerspruch bei anderen Firmen. Da ist etwa die | |
Onlineplattform Zalando mit über 14.000 MitarbeiterInnen. Ihr | |
Vorstandsmitglied Rubin Ritter hat sich der Initiative „Leaders for Climate | |
Action“ angeschlossen. „The clock is ticking. It’s time for Action“ ste… | |
auf der Website. Für die Mitarbeiter von Zalando gilt das offenbar nicht. | |
„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die am Klimastreik teilnehmen | |
möchten, können von ihren regulären Urlaubstagen Gebrauch machen“, teilt | |
die Sprecherin mit. | |
## Manche Unternehmen machen mit | |
Doch es gibt auch Unternehmen, die den Klimastreik tatsächlich | |
unterstützen. Bäckermeister Roland Schüren ist Inhaber der Bäckerei | |
Schüren, die rund um Düsseldorf 19 Filialen hat und knapp 250 | |
MitarbeiterInnen beschäftigt. Er wird bei der Klimademo in Haan eine Rede | |
halten. Seit Mittwoch verkauft die Bäckerei Fridays-for-Future-Biobrot für | |
4,50 Euro das Stück, den Erlös will er der Klimabewegung spenden. | |
Und trotzdem bleiben seine Filialen am Freitag offen. „Wir können unmöglich | |
die Kunden vor den Kopf stoßen. Bei mir wird mit den Füßen abgestimmt“, | |
sagt Schüren. Freitagmittag sei besonders viel los. Die Kunden würden | |
einfach in die nächste Bäckerei gehen. „Das wäre geschäftsschädigend, das | |
kann ich nicht verantworten.“ | |
Andere Unternehmen gehen etwas weiter. Die Alnatura-Märkte werden am 20. | |
September nur mit einer „Notbesetzung“ arbeiten. Bei Lichtblick wird wohl | |
der Kundenservice eine Zeit lang ausfallen – damit die Beschäftigten | |
demonstrieren können. Auch die Naturstrom AG stellt ihre MitarbeiterInnen | |
für die Zeit der Demo frei. | |
Die GLS-Bank schließt am Freitag ihre Zentrale in Bochum, 480 | |
MitarbeiterInnen sind hier beschäftigt. Die telefonische Kundenberatung | |
werde ausfallen, das Online-Banking funktioniere aber weiter. „Original | |
Unverpackt“, die nur Produkte ohne Verpackung verkaufen, planen mit dem | |
ganzen Team an der Demo teilzunehmen. Auf die Frage, wie sie mit | |
Mitarbeitern umgehen, die am Freitag unentschuldigt fehlen, schreibt die | |
Geschäftsführerin: „Mitarbeiter*innen, die unentschuldigt auf der Demo | |
fehlen? Das darf passieren, aber dann muss man sich nur gegenüber den | |
Kolleg*innen rechtfertigen.“ | |
## „Our house is on fire“ | |
Die Unternehmen also, die am Freitag das Geschäft dichtmachen wollen, sind | |
im Zweifel Firmen mit Öko-Image, deren Kunden so eine Haltung verstehen | |
oder sogar erwarten. | |
Am Mittwochabend treffen sich die AktivistInnen von Fridays for Future | |
erneut im Wedding. Mit einem Lastenrad ziehen sie los. Sie sprühen ihre | |
Logos mit Kreidefarbe und Schablone auf Gullydeckel und Bürgersteige. | |
Vor dem Rathaus wollen sie ein großes Bild auf das Pflaster malen. Die Box | |
im Lastenfahrrad sorgt für den Soundtrack: „Hurra, die Welt geht unter“. | |
Sie stellen sich im Kreis auf. „Mach du die Erde“, sagt jemand, eine junge | |
Frau mit Dreadlocks dreht sich in der Mitte mit Kreidespray um sich selbst. | |
Sie malt Flecken ins Rund, die Kontinente, schließlich orangefarbene | |
Flammen drumherum. Felipa Goltz kniet daneben und schreibt: „Our house is | |
on fire“. Ein anderer malt in weiß ganz groß: „20. 9.“ | |
„Ist das legal?“, will ein Passant wissen. Die Frau mit den Dreadlocks | |
antwortet: „Klar, das ist Kreide, das geht beim nächsten Regen wieder ab.“ | |
Und was wird vom 20. September bleiben? | |
## „Der 20.9. ist unsere letzte Chance“ | |
Der Historiker Fuhrmann ist überzeugt, dass es in Deutschland die soziale | |
Marktwirtschaft ohne den Generalstreik 1948 nicht geben würde. Kurz nach | |
dem Streik beschlossen Ludwig Erhard und seine Verwaltung | |
Preisregulierungen und stärkten die Sozialversicherungen. | |
Am kommenden Freitag [2][wird das Klimakabinett seine Vorschläge | |
präsentieren], anschließend tagen die Vereinten Nationen. Vielleicht wird | |
das einmal der Anfang der „ökologischen Marktwirtschaft“? | |
Für Benedikt Niemann aus der Ortsgruppe im Wedding hängt alles vom | |
Klimastreik ab: „Fuck. Wir müssen das jetzt auf die Reihe bekommen, der 20. | |
9. ist unsere letzte Chance.“ Felipa Goltz sagt: „Die Bewegung ist unsere | |
letzte Chance. Wenn das nicht ankommt, wenn das ungehört verschallt, dann | |
war es das.“ | |
17 Sep 2019 | |
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