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# taz.de -- Neuköllner Kunstfestival im Export: Die Zugkraft der Kunst
> Das Erfolgsformat „48 Stunden Neukölln“ wird nach Sibirien exportiert:
> Nächste Woche startet dort „48 Stunden Nowosibirsk“
Bild: Nach Nowosibirsk am besten mit dem Zug: also mit der Transsibirischen Eis…
Wenn man heute am Samstagabend im Ostbahnhof noch den Zug nach Moskau
nimmt, dort kurz mal in einen weiteren Zug umsteigt (wobei allerdings der
Bahnhof gewechselt werden muss), dann ist man schon nach ein wenig mehr als
drei Tagen so rechtzeitig in Nowosibirsk, dass man sich noch etwas
umschauen kann in der Stadt, bevor dort am Freitag das Kunstfestival „48
Stunden Nowosibirsk“ startet.
Eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten ist die Eisenbahnbrücke über den
Ob, der die Stadt ihre Gründung im Jahr 1893 verdankt wegen des Baus der
Transsibirischen Eisenbahn. Heute hat Nowosibirsk – „neues Sibirien“ –
knapp eineinhalb Millionen Einwohner, ist die drittgrößte Stadt Russlands
und gilt als das kulturelle Zentrum Sibiriens. Beim Rundgang durch die
Stadt kann man die Institutionen beschauen, die Oper (vor der auch noch ein
Lenin aufgestellt steht), die nach dem für Nowosibirsk bedeutsamen
Dirigenten Arnold Katz benannte Konzerthalle und schließlich das
Kunstzentrum ZK19, das wiederum als Schauplatz der Hauptausstellung
wichtige Anlaufstelle von „48 Stunden Nowosibirsk“ sein wird.
„48 Stunden Nowosibirsk“: Da klingt eine Nähe zu dem erprobten Berliner
Kunstformat „48 Stunden Neukölln“ an, die eigentlich nur beabsichtigt sein
kann. Und tatsächlich handelt es sich bei dem Festival in Sibirien
namentlich nicht um einen dreisten Kunstraub, sondern um eine
Veranstaltung, die in enger Zusammenarbeit mit dem Berliner
48-Stunden-Festival auf Initiative des Goethe-Instituts und eben des
Städtischen Zentrums für Bildende Kunst ZK19 in Nowosibirsk entstanden ist.
Zwar gab es in den vergangenen Jahren schon verschiedene weit über Neukölln
hinausgreifende Kooperationen mit Kunstinitiativen in Korea, Frankreich
oder Dänemark, diese nahezu Eins-zu-eins-Übersetzung des Neuköllner Formats
nach Sibirien aber ist erstmalig. Ein dezentrales und partizipatives
Festival für zeitgenössische Kunst soll es auch in Nowosibirsk sein, an
verschiedenen Orten in der Stadt und eben im Rahmen der im Festivalnamen
festgeschriebenen 48 Stunden. Alle zeitgenössischen Künstlerinnen und
Künstler aus Sibirien konnten sich im Rahmen eines Open Call zur Teilnahme
bewerben.
## Das nächste sibirische Ding?
Wobei zumindest hierzulande von Nowosibirsk als Hotspot der
zeitgenössischen Kunst keine Rede sein kann. Eigentlich gibt es da noch
nicht einmal ein Raunen, nichts erzählt man sich von dem nächsten
sibirischen Ding – aber man weiß es ja eben nicht. Und ein bisschen
erinnert das an das ferne Neukölln um die Jahrtausendwende, das man
gleichfalls kaum mit Kunst in Verbindung bringen wollte. Eher sprach man
von einer kulturellen Ödnis. Das 1999 eingerichtete Festival „48 Stunden
Neukölln“ wollte bewusst einen Gegenpol zu Medienberichten setzen, die
Neukölln als Slum Berlins porträtierten. Die weitere Geschichte des Bezirks
kennt man. Von einem Negativimage Neuköllns kann keine Rede mehr sein, der
Bezirk ist rundherum in der weiten Welt als Anziehungspunkt beliebt, und
„48 Stunden Neukölln“ ist mittlerweile Berlins größtes Festival der frei…
Kunstszene.
In Russland allerdings und insbesondere in Sibirien, heißt es aus dem
Goethe-Institut Nowosibirsk, funktioniere die Kunstszene doch deutlich
anders als in Berlin. Seit einiger Zeit gelte die zeitgenössische Kunst,
als Ausdruck westlicher Werte angefeindet, als „unrussisch“, und außerhalb
von Moskau und St. Petersburg fehle es meist sowieso an notwendiger
kultureller Infrastruktur und den Freiräumen.
Diese Räume soll nun „48 Stunden Nowosibirsk“ bieten. Eine Plattform, auf
der sich auch Berlin präsentieren darf: Neun KünstlerInnen aus Neukölln
sind nach Nowosibirsk gereist. Im nächsten Jahr findet dann – um diese
russisch-deutsche Kooperation zu stärken, der Gegenbesuch sibirischer
KünstlerInnen statt, die ihre Arbeit bei „48 Stunden Neukölln“ zeigen
werden.
7 Sep 2019
## AUTOREN
Thomas Mauch
## TAGS
Bildende Künstler
Berlin-Neukölln
Sibirien
Neukölln
Kunst Berlin
Schwerpunkt Coronavirus
Theater
Festival
Schwerpunkt Schillerkiez in Berlin
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