# taz.de -- Postenvergabe in der EU: Von wegen Frauenquote | |
> Das Ziel Ursula von der Leyens, die Männerdomäne EU-Kommission zu | |
> knacken, könnte verfehlt werden. Die Regierungen spielen nicht mit. | |
Bild: Ursula von der Leyen wünscht sich mehr Frauen in der EU-Kommission | |
Brüssel taz | Unter Jean-Claude Juncker war die EU-Kommission fest in | |
Männerhand. Nur 9 von 28 Kommissaren waren Frauen, die Strippen zog mit | |
Martin Selmayr ein ungewöhnlich selbstbewusster Mann. Doch damit soll | |
Schluss sein. Junckers Nachfolgerin Ursula von der Leyen will die | |
Männerdomäne Brüssel aufbrechen – als erste Frau an der Spitze der | |
EU-Behörde strebt sie Geschlechterparität in ihrem Team an. | |
„Wir sind die Hälfte der Bevölkerung“, erklärte die CDU-Politikerin bei | |
ihrer Bewerbungsrede im Europaparlament. „Wir wollen unseren gerechten | |
Anteil.“ Um ihr Ziel zu erreichen, hat sie die EU-Staaten aufgefordert, | |
nicht nur je einen Mann für die neue Kommission zu nominieren, sondern | |
einen Mann und eine Frau. Doch kurz vor Toresschluss zeigt sich: Die | |
Regierungen spielen nicht mit. | |
Nur Portugal und Rumänien haben, wie erbeten, zwei Anwärter für das Team | |
von der Leyen nominiert. Alle anderen legten sich auf einen Kandidaten fest | |
– und die Männer sind immer noch in der Mehrheit. Unter den bislang 24 | |
Nominierten sind nur 11 Frauen. Kurz vor dem Ende der Anmeldefrist am | |
Montag zeichnet sich damit eine – wenn auch knappe – Niederlage für die | |
Gleichberechtigung in de EU ab. | |
Die letzte Klatsche kam aus Brüssel. Belgien nominierte am Wochenende den | |
früheren Außenminister Didier Reynders. Zwar hatten die Sozialisten ihre | |
Vizepräsidentin Laurette Onkelinx ins Spiel gebracht. Doch die Liberalen | |
schoben Reynders vor. Zuvor hatte Belgien mit Charles Michel einen weiteren | |
Mann nominiert – er soll EU-Ratspräsident werden. | |
## Doppelmoral der Chefs | |
Es steht also nicht gut um die Frauenquote. Nur wenn die beiden Nachzügler | |
Frankreich und Italien zwei Frauen nominieren, könnte von der Leyen ihr | |
Ziel noch erreichen. Schuld sind die Staats- und Regierungschefs, die in | |
Sonntagsreden und auf EU-Gipfeln gern Gleichberechtigung predigen, in der | |
Praxis aber immer noch Männer bevorzugen. | |
Die Doppelmoral der Chefs ist schon lange ein Aufreger in Brüssel. | |
Schließlich hatten sie sich nach der Europawahl auch über das | |
Demokratieversprechen hinweggesetzt und keinen Spitzenkandidaten | |
ausgewählt, sondern von der Leyen auf den Schild gehoben. „Europa spricht | |
nicht nur über Frauen, Europa wählt Frauen“, tönte EU-Ratspräsident Donald | |
Tusk nach dem Coup. Das klingt heute ziemlich hohl. | |
Doch von der Leyen schweigt. Von ihr und ihrem Vorbereitungsteam in Brüssel | |
sind weder Klagen noch Erfolgsmeldungen zu hören. Nicht einmal eine Liste | |
der bisher nominierten Kommissare beziehungsweise Kommissarinnen wurde | |
veröffentlicht. Offenbar hat man die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass | |
die versprochene Parität doch noch erreicht werden könnte. | |
Und wenn nicht? Dann könnte Ursula von der Leyen Nachbesserungen fordern – | |
oder sogar einzelne (männliche) Bewerber zurückweisen. Doch dazu müsste | |
sie sich mit den Staats- und Regierungschefs der EU anlegen – also genau | |
jenen, denen sie ihre umstrittene Wahl verdankt. Es wäre die erste | |
Machtprobe, kaum acht Wochen nach dem letzten EU-Gipfel. | |
26 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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