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# taz.de -- Von der Leyens Rede im EU-Parlament: „Zückerchen“ für fast al…
> Bei ihrer Bewerbungsrede als EU-Kommissionschefin setzt Ursula von der
> Leyen auf Klimaschutz und Mindestlöhne. Ob das reicht, bleibt offen.
Bild: Dreisprachige Rede: Ursula von der Leyen im EU-Parlament
Brüssel taz | Weiblicher, sozialer, grüner: Bei ihrer mit Spannung
erwarteten Bewerbungsrede im Europaparlament in Straßburg hat die
CDU-Politikerin Ursula von der Leyen neue Akzente gesetzt. Die designierte
Nachfolgerin von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bekannte sich
zu einem „grünen Deal“ und übernahm die SPD-Forderung nach einer
Arbeitslosenrückversicherung. Doch reicht das, um ihr eine Mehrheit im
EU-Parlament zu sichern?
Dies blieb auch nach der 40-minütigen Rede offen, die von der Leyen auf
Deutsch, Französisch und (vor allem) Englisch hielt. Der Ausgang der
Abstimmung, die am Dienstagabend um 18 Uhr stattfinden soll, scheint sogar
ungewisser denn je. Die deutsche Kandidatin braucht 374 Ja-Stimmen. Doch
Grüne und Linke wollen bei ihrem Nein bleiben, die Sozialdemokraten sind
gespalten. Sie wollen sich erst am Nachmittag festlegen – es bleibt
spannend.
Immerhin hat von der Leyen offensiv um rot-grüne Stimmen gekämpft. In
Straßburg präsentierte sie sich als leidenschaftliche Europäerin („Die Welt
schreit nach mehr Europa“) mit einer sozialen Ader und einem ökologischen
Gewissen. So versprach sie eine klimaneutrale Wirtschaft bis 2050. Das
Etappenziel der EU bei der Verringerung von Treibhausgasen bis 2030 will
sie von 40 Prozent auf 50 bis 55 Prozent erhöhen. Allerdings soll es keine
CO2-Steuer geben; vielmehr ist eine Ausweitung des – bisher ineffizienten –
Emissionshandels geplant.
Den Sozialdemokraten kam die Kandidatin mit Mindestlöhnen und einer
Arbeitslosenrückversicherung entgegen, wie sie Bundesfinanzminister Olaf
Scholz (SPD) seit langem vergeblich fordert. Zudem versprach sie, den
Stabilitätspakt für den Euro so flexibel wie möglich auszulegen,
Investitionen zu fördern und eine Klimabank aufzubauen. Sollte sie zur
Kommissionspräsidentin gewählt werden, so werde sie [1][auf Parität
zwischen Frauen und Männern] in ihrem Brüsseler Team bestehen, betonte sie.
Vergleichsweise wenige „Zückerchen“ gab es für Konservative und Liberale.
Die Europäische Volkspartei, in der auch CDU und CSU mitarbeiten, lockt von
der Leyen mit dem Versprechen, das Spitzenkandidatensystem zu erhalten und
„sichtbarer“ zu machen. Zudem soll das Europaparlament ein Initiativrecht
erhalten, wie dies der gescheiterte Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU)
gefordert hatte. Den Liberalen sagte sie einen zweijährigen Bürgerdialog
zu, der in einer großen EU-Reform münden soll.
## Souveräne Antwort auf die Rechten
Konservative und Liberale sicherten von der Leyen nach der Rede
Unterstützung zu. „Dies ist der Tag des Aufbruchs – wir wollen gemeinsam
mit von der Leyen anpacken und gestalten“, sagte Weber, der die
EVP-Fraktion führt. „Wir sind bereit, Sie zu unterstützen, wenn Sie die
Erneuerung Europas versprechen können“, erklärte der Fraktionschef der
Liberalen, Dacian Cioloș. Von einem „klaren Fortschritt“ gegenüber den
ersten Anhörungen im Parlament sprach Philippe Lamberts von den Grünen.
„Ich begrüße Ihren Mut“, sagte er.
Dennoch wollen die Grünen gegen von der Leyen stimmen. Die Rede habe eine
„grüne Überschrift, aber wenig grünen Inhalt“, kritisierte der
Europaabgeordnete Sven Giegold. Auch die Linke bleibt bei ihrem Nein. Von
der Leyen stehe für eine „Militarisierung der Außenpolitik“, sagte Martin
Schirdewan (Die Linke). Dass sie von einer „Armee der Europäer“ spreche,
sei „Wortklauberei“. Die EU brauche keine Aufrüstung, sondern eine
Abrüstungskonferenz.
Auf Konfrontationskurs ging Jörg Meuthen von der rechten AfD. Er warf von
der Leyen eine „sozialistische Anbiederungsperformance“ vor. Die Kandidatin
reagierte souverän: „Wenn ich Ihnen zugehört habe, dann bin ich ja geradezu
erleichtert, dass ich von ihnen keine Stimme bekomme.“ Es war das bisher
deutlichste Signal, dass die CDU-Politikerin nicht mit den Stimmen der
Rechten gewählt werden will. Allerdings schrumpft damit auch ihre ohnehin
knappe Mehrheit im Parlament.
Bisher hängt diese Mehrheit vor allem an den Sozialdemokraten – doch die
bleiben auch nach der Rede gespalten. Zudem konnte von der Leyen auf
Stimmen der Rechtskonservativen etwa aus Polen hoffen. Doch auch die haben
sich noch nicht festgelegt. Sie wollen ihr Abstimmungsverhalten erst am
Nachmittag klären, genau wie die Sozialdemokraten. Von der Leyen muss
weiter um ihre Wahl bangen, trotz der viel versprechenden Rede in
Straßburg.
16 Jul 2019
## LINKS
[1] /Wahl-der-EU-Kommissionspraesidentin/!5606849
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
Schwerpunkt Europawahl
Europäische Union
Ursula von der Leyen
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Grüne
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Schwerpunkt Klimawandel
CO2-Steuer
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