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# taz.de -- Evangelikaler Extremismus: Trumps Gotteskrieger
> Der amerikanische Präsident ist nicht sonderlich religiös. Doch seine
> Außen- und Verteidigungspolitik wird von evangelikalen Fanatikern
> bestimmt.
Bild: Derzeit haben vor allem alte weiße – und fanatische – Männer in Was…
Der Krieg im Nahen Osten brennt weiter und hört nicht auf, nur weil
irgendwo die Kriegsparteien gerade erschöpft sind, weil irgendwo [1][ein
Anti-Atomwaffen-Abkommen unterschrieben wurde] oder weil ein US-Präsident
gerufene Kriegshunde zurückpfiff. Denn [2][der Konflikt ist wie ein immens
brennendes Ölfeld, das nicht unter Kontrolle zu bringen ist]. Der
gefährliche Treibstoff ist dabei weniger das Öl als der Glaube.
[3][US-Außenminister Mike Pompeo] bewahrt in seinem Amtszimmer eine große
Bibel auf, und wo er aufhört zu lesen, markiert er die Stelle mit einem
Schweizer Armeemesser. „Ich bin absolut zuversichtlich“, sagt er gerne,
„dass Gott in die Entwicklungen im Mittleren Osten involviert ist.“ Der
Evangelikale Pompeo glaubt, dass Christen „kämpfen und kämpfen müssen, bis
die Erlösung der Endzeit naht“.
Es war Pompeo, der die zwölf Verschärfungen des Abkommens für den Iran
formulierte, die auf die Revolutionsgarden wie starker Rauch im Wespennest
wirkten. Denn Pompeo ist nicht nur Fanatiker, sondern auch Soldat der
Westpoint-Militärakademie und Harvard-Jurist. Er ist nicht nur evangelikal
entrückt, er weiß auch, was er tut.
Der zweite Irakkrieg wurde, wie schon der erste, von einem Mitglied der
Bush-Dynastie geführt, die aus einer alten New-England-Familie stammt.
Diese Sippe tut nur so, als ob sie Texaner wären. Die Führungsriege gehört
zur alten Elite: Geldadel, Luftwaffe, die Fakultäten der ältesten
Universitäten. Sie wollten der Nach-Vietnam-Ära mit einem kühnen Krieg ein
Ende setzen. Ihre Fehlkalkulation stürzte sie selbst in eine Krise.
## Taktische Solidarität
Die neuen Kriegstreiber Washingtons dagegen wurden nicht in die Elite
hineingeboren. Selbst Trump wurde im snobistischen Manhattan als ein „Road
and Bridges Man“ belächelt: Trump mochte vielleicht ein wenig Geld geerbt
haben, aber dennoch musste er jeden Tag den Fluss mühsam überqueren, bis er
wirklich in New York war.
Auf verschiedenste Weisen mussten Trumps Außenpolitiker sich erst nach oben
kämpfen. Sie alle haben einen starken Glauben an sich selbst, aber kaum
Respekt für einander, wie die alten Eliten der Bushs und Roosevelts. Zur
taktischen Solidarität allerdings sind sie fähig, solange sie an der Macht
sind.
Diese neuen Glaubenskrieger, die eine Konfrontation mit dem Iran
befürworten, sind neben Mike Pompeo Politiker wie der junge Senator von
Arkansas, Tom Cotton, der auf einer kleinen Rinderfarm im ländlichen
Arkansas aufgewachsen ist. Auch er ist Soldat und Harvard-Anwalt und
erklärt gerne, dass Amerika den Iran in zwei Schlägen außer Gefecht setzen
könne, mit dem ersten Schlag und mit dem letzten Schlag.
Wie [4][der kühle Donald Rumsfeld] setzt Tom Cotton, der selber Infanterist
in Irak war, auf die Überlegenheit der Luftwaffe – und dies, nachdem die
Rumsfeld-Doktrin der ausreichenden Schlagkraft der Luftwaffe so kläglich
gescheitert war. Dieser überaus korrekt auftretende Mensch findet
Guantánamo eine gute und humane Alternative für Menschen, „die in der Hölle
schmoren sollten“.
## Amerika als Ergebnis der Prophezeiung Gottes
Es ist die abgründige Fähigkeit der Gläubigen, rationale Kategorien durch
schillernde Metaphern zu ersetzen, eine Verblendung, die nicht vor Anwälten
haltmacht. Dies ist ein Phänomen, das ebenso bei der Ankunft des Ajatollah
Chomeini in Teheran zu beobachten war, überall dort, wo die Säkularität
verkümmert.
Donald Trump und sein Nationaler Sicherheitsberater John Bolton sind eher
nominell christlich, auch wenn sie ihren Glauben an Amerika zur
Ersatzreligion erhoben haben. Bolton, der Sohn eines Feuerwehrmanns ist und
in seiner Zeit als UN-Botschafter als Hardliner berüchtigt war, hat alle
außenpolitischen Debatten im Weißen Haus auf Anweisung von oben
unterbunden. Er geht jeden Tag um 21.30 Uhr schlafen, dafür steht er um
3.30 Uhr auf, um Akten zu studieren.
Trump mag Bolton nicht, aber er schätzt ihn dafür, dass er in Briefings
schnell zum Punkt kommt. Die beiden sehr verschiedenen Männer teilen eine
Grundüberzeugung: Sie sind glühende Nationalisten, die gemäß puritanischer
Tradition glauben, dass Amerika ein Ergebnis der Prophezeiung Gottes ist.
Was alle diese Figuren aber eint, Pompeo, Trump, Bolton, Cotton, den
Südstaatler Lindsey Graham und andere, ist, dass sie letztlich nur eine
temporäre Funktionselite bilden. Deswegen brauchen sie einen
unerschütterlichen Glauben, der sie aus eher bescheidenen Anfängen an die
Spitze der Republikanischen Partei gebracht hat. Aber diese Partei ist
nicht stark genug, diese Funktionäre auf Dauer absichern zu können. Diese
Rolle der Absicherung fällt anderen, weit weniger demokratischen Kräften,
zu.
## Die Koch-Brüder als Königsmacher
Die Königsmacher sind die libertären Koch-Brüder aus Witchita, Kansas.
Großindustrielle, sie haben 120.000 Mitarbeiter, einen jährlichen Umsatz
von 110 Milliarden Dollar und beinharte Glaubensgrundsätze
niederländisch-reformierter calvinistischer Prägung. Trump braucht die
Kochs für seinen nächsten Wahlkampf. Vize-Präsident Mike Pence war zuvor
hauptberuflicher Lobbyist für die Koch-Brüder.
Auch Mike Pompeos Karriere ist mit Charles und David Koch eng verwoben.
Nach seinem Harvard-Studium ging der Kalifornier Pompeo nach Witchita und
ließ seine Luftraumfahrt-Firma von den Kochs finanzieren. Seit Jahrzehnten
sind seine evangelikale Rhetorik und seine politische Programmatik perfekt
auf die Koch-Brüder abgestimmt: Wie er Machiavelli und Calvin unter einem
Hut bringt, ist bemerkenswert.
Die jetzige amerikanische Führung kann man als eine Bande von
Glaubenskriegern bezeichnen. Deshalb hat sich Amerika in einen
Glaubenskrieg im Mittleren Osten verhakt, in dem Iran die Rolle des
Antichristen zugeteilt wird.
10 Jul 2019
## LINKS
[1] /Kommentar-Iranisches-Atomprogramm/!5609154
[2] /Kommentar-Trumps-Nahost-Politik/!5582004
[3] /Mike-Pompeo-cancelt-Deutschland-Besuch/!5589781
[4] /Donald-Rumsfeld-twittert-zum-Irakkrieg/!5070961
## AUTOREN
Anjana Shrivastava
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