| # taz.de -- Kriegstreiber John Bolton: Ein Sicherheitsrisiko weniger | |
| > Das Zerwürfnis zwischen Trump und seinem Sicherheitsberater war schon | |
| > länger offensichtlich. Trump-Gegner begrüßen den Rausschmiss. | |
| Bild: Trumps Sicherheitsberater John Bolton ist seinen Job los | |
| New York taz | Im Weißen Haus arbeitet seit Dienstag ein Kriegstreiber | |
| weniger. John Bolton, binnen weniger als drei Jahren der dritte Berater für | |
| die „nationale Sicherheit“, [1][musste gehen]. Die persönlichen | |
| Inkompatibilitäten und die außenpolitischen Divergenzen zwischen ihm und | |
| dem US-Präsidenten waren unübersehbar. Sie reichten von Iran über Nordkorea | |
| und Venezuela bis hin zum gescheiterten [2][Camp-David-Treffen mit den | |
| Taliban], was vermutlich den letzten Ausschlag gab – überall propagierte | |
| Bolton „Regimewechsel“ und militärisches Vorgehen, während sein Boss nach | |
| Gelegenheiten für spektakuläre „Deals“ suchte. | |
| Als Donald Trump am Dienstag in einem [3][ungewöhnlich scharfen Tweet] | |
| erklärte, er habe Bolton gefeuert (der Betroffene behauptete hingegen, | |
| [4][er habe selbst seinen Rücktritt angeboten)], kam Beifall von Seiten, | |
| die sich gewöhnlich uneinig sind: Das Pentagon war erleichtert, die | |
| Frauengruppe „Code Pink“ sprach von einer „Chance für den Frieden“, und | |
| wenige Minuten später kamen Außenminister Mike Pompeo und Finanzminister | |
| Steven Mnuchin mit breitem Grinsen zu einer Pressekonferenz, an der | |
| ursprünglich auch Bolton teilnehmen sollte. | |
| „Mich überrascht gar nichts“, sagte Pompeo zu ReporterInnen und fügte | |
| hinzu, dass der Präsident ganz einfach Berater brauche, „denen er traut“. | |
| In seinen 17 Monaten im Amt verbuchte Bolton mehrere anfängliche Erfolge, | |
| die den außenpolitischen Kurs der USA veränderten. Kaum kam der neue | |
| Sicherheitsberater ins Weiße Haus, ließ Trump in Syrien Bomben abwerfen und | |
| kündigte das Atomabkommen mit Iran auf. Bolton war auch daran beteiligt, | |
| dass das Atomwaffenabkommens INF zwischen Russland und den USA außer Kraft | |
| gesetzt wurde. | |
| ## Zunehmend isoliert | |
| Doch in den zurückliegenden Monaten konnte sich Bolton, der nie einen Hehl | |
| aus seinen interventionistischen Absichten und aus seiner Gegnerschaft zu | |
| multilateralen Organisationen machte, immer weniger durchsetzen. Er war | |
| zunehmend isoliert im Weißen Haus. Während des letzten Spektakeltreffens | |
| zwischen Trump und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un musste Bolton | |
| in die Mongolei reisen. | |
| Als im Weißen Haus CIA, Pentagon und Außenminister zusammenkamen, um über | |
| Iran zu beraten, war er nicht eingeladen. Trump erwägt während der | |
| UN-Vollversammlung in diesem Monat in New York ein Treffen mit dem | |
| iranischen Präsidenten Hassan Rouhani, wogegen Bolton opponierte. Und über | |
| die seit Monaten in Doha laufenden Gespräche mit den Taliban wurde Bolton | |
| nur schleppend informiert. | |
| Als Iran im Juni eine US-Drohne abschoss, verlangte Bolton militärische | |
| Vergeltungsschläge. Als Trump die Bombardements im letzten Moment, als die | |
| US-Kriegsflugzeuge bereits in der Luft waren, abblies, soll Bolton gewütet | |
| haben. | |
| Unter den vielen Scharfmachern, die Trump umgeben, war Bolton der mit der | |
| längsten Vorgeschichte. Er hat seine Karriere als einflussreicher Falke im | |
| Washington bereits im Vorfeld des Irak-Kriegs begonnen. Als UN-Botschafter | |
| von Ex-Präsident Bush bereitete er federführend das diplomatische Terrain | |
| für die Invasion des Irak und den Sturz von Saddam Hussein vor. Im | |
| Gegensatz zu vielen anderen Washingtoner Insidern betrachtet Bolton den | |
| Irak-Krieg bis heute als einen „Erfolg“. | |
| ## Abschied ohne nette Worte | |
| Unter den zahlreichen Ja-Sagern und Bücklingen, die Trump umgehen, war | |
| Bolton der einzige, der dem US-Präsidenten offen Paroli bot. Am Anfang | |
| behauptete Trump noch, dass er diesen Widerspruch schätze, nannte Bolton | |
| einen guten Mann und witzelte darüber, dass der weltweit Krieg wolle. Doch | |
| zuletzt ging Trump seinem Berater aus dem Weg. Anders als bei den meisten | |
| anderen Regierungsmitgliedern und Mitarbeitern aus dem Weißen Haus, die | |
| Trump zum Ausgang gedrängt hat, denen er zum Schluss aber noch ein paar | |
| nette Worte im Oval Office oder zumindest auf Twitter sagte, wünschte er | |
| Bolton nichts Gutes für die Zukunft. | |
| Es schien von Anfang an widersinnig, dass Trump, der im Wahlkampf behauptet | |
| hatte, er wolle die Politik des Regimewechsels beenden, einen | |
| Sicherheitsberater holte, der seine Karriere darauf aufgebaut hat. Aber | |
| zugleich repräsentiert Bolton die Interessen zahlreicher Kräfte in der | |
| Republikanischen Partei. | |
| Und auch Trumps größter einzelner Geldgeber, Sheldon Adelson, der bis vor | |
| Kurzem ein enger Freund von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu war, | |
| wollte Bolton haben. Und selbst nach Boltons Abgang am Dienstag zeigten | |
| führende Republikaner – darunter der ehemalige Präsidentschaftskandidat | |
| Mitt Romney und Sprecher des rechten Washingtoner Thinktank Hudson – ihre | |
| Enttäuschung. | |
| Das Ende der Ära Bolton ist die neueste Wende in der chaotischen | |
| Personalpolitik des US-Präsidenten. In seinen noch nicht mal drei Jahren im | |
| Amt hat Trump Rekordzahlen von Sicherheitsberatern, Sprechern, Ministern | |
| und anderen Spitzenmitarbeitern verschlissen. Dabei ist seine Außenpolitik | |
| nicht etwa kohärenter, zielstrebiger oder weniger chaotisch geworden. Als | |
| einzige klare Linie schälte sich heraus, dass sich alles permanent um die | |
| Person Trump drehen muss. | |
| 11 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /US-Sicherheitsberater-verliert-Posten/!5625459 | |
| [2] /Trump-bricht-Gespraeche-mit-Taliban-ab/!5624036 | |
| [3] https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1171452880055746560?s=20 | |
| [4] https://twitter.com/AmbJohnBolton/status/1171455806069305346?s=20 | |
| ## AUTOREN | |
| Dorothea Hahn | |
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