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# taz.de -- Debatte Iranpolitik der USA und der EU: Wenn Trump mal recht hat
> Der Atomdeal hat Irans Expansionsstreben nicht gemäßigt. Europa sollte
> deshalb statt des Regimes lieber die iranische Opposition unterstützen.
Bild: Statt Außenminister Dschawad Sarif sollte Maas lieber der iranischen Opp…
Hinsichtlich der innenpolitischen Entwicklung ist es wahrlich schwierig,
Positives über die aktuelle US-Administration zu sagen, und die
Unberechenbarkeit von Präsident Trump bleibt außenpolitisch ein großes
Problem – auch in der US-Politik im Nahen und Mittleren Osten. Der
zunehmende Druck Washingtons auf das iranische Regime in den letzten
Monaten ist hingegen richtig. Die EU und Deutschland sollten sich diese
Politik zum Vorbild nehmen, anstatt – wie aktuell Außenminister Heiko Maas
mit seiner Iran-Reise – an ihrer fatalen und gescheiterten Kooperations-
und Appeasementpolitik festzuhalten.
Die Aufkündigung des Atomabkommens war notwendig, weil es nicht zur
Beendigung der iranischen Nuklear- und Raketenrüstung geführt hat, sondern
zu ihrer Institutionalisierung. Das Raketenprogramm der Ajatollahs, das ein
entscheidender Bestandteil des Strebens nach der Technologie der
Massenvernichtung ist, wurde in der Vereinbarung ausgeklammert. Die gesamte
Infrastruktur des Atomprogramms ist intakt geblieben: Die Atomeinrichtungen
wurden zwar modifiziert und mit Auflagen versehen, die Anlagen selbst
bestehen aber fort.
Von Kontrollen „jederzeit und überall“, die auch von Befürwortern des
Abkommens lange für unverzichtbar gehalten wurden, kann keine Rede sein,
insbesondere nicht in jenen militärischen Anlagen, in denen – so der
Verdacht der IAEO – Tests für nukleare Sprengköpfe stattgefunden haben.
Insofern ist es kein Wunder, dass dem Regime bescheinigt wird, sich an das
Abkommen zu halten: Durch das Auslaufen der ohnehin völlig unzureichenden
Beschränkungen nach einigen Jahren ebnet der Joint Comprehensive Plan of
Action (JCPOA) den Weg zur Bombe, anstatt ihn zu versperren.
Der Deal war eine Wette auf die Zukunft. Mit der Vereinbarung hofften ihre
Befürworter, das iranische Regime zur Mäßigung zu bewegen. Die Entwicklung
der letzten Jahre hat gezeigt, dass das Gegenteil passiert: Durch den Deal
wurde das Regime ermuntert, eine extrem aggressive Außenpolitik zu
betreiben, die es mit jenen Milliarden finanziert, die ihm aufgrund des
Abkommens zugeflossen sind.
## Ein verharmloster Präsident
Das Drängen der USA auf ein Komplettverbot der Hisbollah in Deutschland ist
richtig, und die US-Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als
Terrororganisation im April war überfällig. Sie ermöglicht ein
konsequenteres Vorgehen gegen die regionale Expansion des Regimes, welche
von Europa bisher achselzuckend zur Kenntnis genommen wurde. Die verstärkte
Militärpräsenz der USA in der Region signalisiert den Machthabern in
Teheran, dass Angriffe der mit ihnen verbündeten schiitischen Milizen nicht
mehr folgenlos bleiben werden.
Die US-Sanktionen machen es [1][dem antisemitischen] und [2][misogynen
Regime] zunehmend schwer, seine Projekte fortzusetzen. Große Teile der
immer wieder protestierenden Bevölkerung im Iran machen explizit die
Politik der Ajatollahs für die Misere im Land verantwortlich, nicht den
Westen, von dem sich viele eine konsequentere Unterstützung der Opposition
im Iran und im Exil wünschen.
Der in Europa verharmloste Präsident Hassan Rohani attackiert Israel als
„Krebsgeschwür“ und „eiternden Tumor“. Er agiert als freundliches Gesi…
eines Regimes, das eine massive Expansion in der Region [3][bis an die
Grenzen Israels] betreibt. Repräsentanten des iranischen Regimes
wiederholen unablässig ihr Ziel, Israel zu vernichten und zu diesem Zweck
palästinensische Terrorgruppen ebenso zu bewaffnen wie die libanesische
Hisbollah, die mittlerweile über 100.000 Raketen auf den jüdischen Staat
gerichtet hat.
Im iranischen Machtgefüge existieren seit 40 Jahren unterschiedliche
Fraktionen. Doch diese streiten weitgehend nicht darüber, was die Ziele der
„Islamischen Republik“ sind, sondern darüber, wie diese Ziele erreicht
werden können. Unter Rohani, der bei seinem Amtsantritt 2013 in der taz als
„bärtiger Hoffnungsträger mit Herz“ verklärt wurde, werden deutlich mehr
Menschen hingerichtet als unter seinem Amtsvorgänger Ahmadinedschad.
## Sicherheit Israels nicht nur eine Floskel
Auch bei der Unterstützung der antisemitischen Terrororganisationen an den
Grenzen Israels sind sich im Iran alle Fraktionen einig: Anfang dieses
Jahres konferierte der in Europa als „moderat“ verharmloste iranische
Außenminister Dschawad Sarif mit der Hisbollah, der Hamas und dem
palästinensischen Islamischen Dschihad in Beirut über das weitere
gemeinsame Vorgehen.
Wenn vom Iran unterstützte Terrorgruppen Israel angreifen, wäre in Europa
mehr als nur rhetorische Solidarität gefragt: Sollte das Eintreten für die
Sicherheit Israels nicht nur eine Floskel sein, dann müssten die
europäischen Staaten und insbesondere Deutschland als Nachfolgestaat des
Nationalsozialismus umgehend neue scharfe Sanktionen gegen das
Holocaustleugner-Regime in Teheran verhängen, das sowohl der Hamas als auch
dem Islamischen Dschihad ihre Angriffe auf den Staat der
Schoah-Überlebenden und ihrer Nachkommen ermöglicht.
Doch dafür müsste sich die EU aus jener Erpressungssituation befreien, in
die sie sich durch die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm und
das 2015 zustande gekommene Atomabkommen selbst gebracht hat. Wenn die
europäischen Staaten sich von den Ajatollahs und Revolutionsgarden nicht
weiter vor sich hertreiben lassen wollen, sollten sie sich dem von der
US-Administration forcierten Druck auf Teheran anschließen, anstatt blind
an ihrer [4][gescheiterten Kooperationspolitik mit Teheran] festzuhalten.
Die Vorstellung, eine Einbindung in den internationalen Handel würde
mäßigend wirken, hat sich als illusorisch erwiesen. Daher ist es höchste
Zeit für eine 180-Grad-Wende in der deutschen und europäischen
Iran-Politik: Keinerlei Unterstützung mehr für das Regime – und dafür jede
Unterstützung für die demokratische und säkulare Opposition im Iran und im
Exil.
10 Jun 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Stephan Grigat
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