# taz.de -- Nachhaltigkeit im Finanzsystem: Grüne Geldanlagen wachsen | |
> So viel Geld wie nie wird nachhaltig angelegt – dahinter verbirgt sich | |
> mehr als Greenwashing. Trotzdem sind Öko-Siegel hilfreich. | |
Bild: Grüner Investieren: Gebäude deutscher Banken in Frankfurt | |
BERLIN taz | Die Europäische Union arbeitet seit 2018 am Umbau des | |
Finanzsystems: Grüner und nachhaltiger soll es werden – und offenbar zeigen | |
die Reformen schon Wirkung, bevor sie abgeschlossen sind. So steht es im | |
jüngsten Jahresbericht des Forums Nachhaltige Geldanlagen. | |
219 Milliarden Euro wurden demnach von deutschen Vermögensverwaltern 2018 | |
nachhaltig angelegt, ein Plus von 41 Milliarden Euro innerhalb eines Jahres | |
und ein Marktanteil von 4,5 Prozent. Die Angaben stammen von den | |
Finanzakteuren selbst. | |
Es handelt sich vor allem um Finanzprodukte wie grüne Aktien- oder | |
Anleihe-Fonds. Sie werden nicht nur von explizit ethischen Banken wie der | |
Triodos, der GLS oder der EthikBank angeboten, sondern auch von großen | |
Instituten wie Union Investment, der LBBW Asset Management oder der Deka. | |
Die Manager dieser Gelder verfolgen unterschiedliche Strategien. Manche | |
investieren in Projekte, die unmittelbar als nachhaltig gelten, wie | |
Bildungseinrichtungen oder erneuerbare Energien. Es gibt aber auch andere | |
Ansätze: Fondsmanager kaufen Anteile an Unternehmen und versuchen als | |
Mitbesitzer, Druck auf die Geschäftsführung auszuüben, um die Geschäfte | |
ökologischer und sozialer zu machen. | |
## Direkte Dialoge erzeugen größere Wirkung | |
„Bei diesen direkten Dialogen erzeugen Investoren eine größere Wirkung, als | |
wenn sie einfach Geld aus den Firmen abziehen“, sagt Claudia Tober, | |
Geschäftsführerin des FNG, zu dessen Mitgliedern neben NGOs auch Banken, | |
Kapitalanlagegesellschaften, Versicherungen und alternative Ratingagenturen | |
gehören. | |
Etwas weniger streng sind die Kriterien bei sogenannten verantwortlichen | |
Investments. Entsprechend sind so mittlerweile 1,5 Billionen Euro von | |
deutschen Finanzinstitutionen angelegt. Früher ist das Segment oft | |
kritisiert worden, weil bereits der Ausschluss bestimmter Unternehmen aus | |
den Fonds ausreichte, die etwa in Streumunition oder Kinderarbeit | |
investierten – und schon konnten sich Investoren „verantwortlich“ nennen. | |
Mittlerweile reicht das allein nicht aus. Die Fonds müssen weitere | |
Kriterien erfüllen, etwa in Unternehmen investieren, die eine Strategie für | |
ökologische und soziale Verantwortung haben. Weil das ganze Thema | |
mittlerweile sehr komplex ist, gibt es für Privatanleger etwa vom FNG ein | |
Siegel für nachhaltige Fonds. | |
## Anbieter müssen Rechenschaft ablegen | |
Das alles könnte nur die Vorstufe zu einer größeren Entwicklung sein. Denn | |
ab 2020 wird in der EU Nachhaltigkeit für alle Banken, Versicherer, Fonds | |
und andere Finanzdienstleister schrittweise Pflicht: Wer dann eine | |
Versicherung, Aktien, Fonds-Anteile oder eine Rentenversicherung in der EU | |
kauft, der muss gefragt werden, ob es nicht doch lieber ein ethisches | |
Investment sein darf. Also eines, das nicht das Klima und die Umwelt | |
zerstört. | |
Außerdem müssen alle Anbieter von Finanzprodukten Rechenschaft darüber | |
ablegen, ob sie ökologisch oder sozial investieren oder nicht. Das ist | |
mittlerweile immer einfacher möglich, weil Ratingagenturen ermitteln, wie | |
viel CO2 ein Unternehmen emittiert oder ob es in seiner Lieferkette | |
Probleme mit Menschenrechten gibt. | |
Eine Pflicht, nachhaltiger zu wirtschaften, gibt es dann zwar immer noch | |
nicht. Aber wegen des öffentlichen Drucks etwa beim Klima fragen immer mehr | |
Investoren nach Geldanlagen, die sie ruhig schlafen lassen. Es könne bald | |
zu einer neuen Entwicklungsstufe Nachhaltiger Geldanlagen kommen, schreibt | |
das FNG. | |
4 Jun 2019 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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