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# taz.de -- Nachhaltige Finanzprodukte: Weniger Interesse an grünen Anlagen
> Privatpersonen investieren weniger in nachhaltige Anlagen. Die Gründe
> dafür sind oft Intransparenz und zu weiche Kriterien.
Bild: Immer mehr Menschen wollen nachhaltig investieren? – Pusteblume
Das Interesse an nachhaltigen Finanzprodukten ist gesunken. Das zeigt eine
repräsentative Umfrage des Vergleichsportals Verivox. 69 Prozent der rund
1.000 Befragten erklärten dort, sich für nachhaltige Geldanlagen zu
interessieren – also für Geldanlagen, die ausschließlich in Projekte,
Unternehmen oder Fonds investieren, die ökologische, soziale und ethische
Mindeststandards erfüllen. Vor zwei Jahren lag dieser Anteil noch bei 79
Prozent – also 10 Prozentpunkte höher als heute.
Zu diesen Spitzenzeiten zählten Klimaschutz sowie die Transformation der
Strom- und Wärmeversorgung weg von fossilen und hin zu regenerativen
Energieträgern laut Verivox für 40 bis 50 Prozent der Menschen zu den
dringlichsten politischen Herausforderungen in Deutschland. Aktuell sei
dieses Thema für nur noch rund 20 Prozent wichtig.
Für Magdalena Senn vom Verein Finanzwende ist das einer der Hauptgründe,
warum Nachhaltigkeit auch bei Geldanlagen in den Hintergrund gerückt sei:
„Der politische Rechtsruck zeigt, dass das Thema Klima nicht mehr die
politische Priorität hat wie zuvor und viele sich eher Sorgen um ihr
Einkommen machen.“
## Rendite ist wichtiger als das Klima
Dazu komme, dass nachhaltige Fonds zuletzt im Vergleich mit anderen Anlagen
bei der Rendite weniger gut gewesen seien als bis dahin. „In Folge von
Ukraine-Krieg und Energiekrise haben Rüstungs- und fossile
Energieunternehmen deutlich besser abgeschnitten als in den Jahren zuvor“,
sagt Senn. Sie sei aber überzeugt, dass nachhaltige Anlagen bald wieder
rentabler würden, der Einbruch also nur vorübergehend sei.
Aktuell aber könnte die schlechtere Entwicklung Anleger:innen
abschrecken. Zwar erklärten viele der Befragten laut Verivox, dass sie
bereit seien, für nachhaltige Investments Renditenverluste von bis zu zwei
Prozent hinzunehmen. In Wirklichkeit sehe das jedoch oft anders aus, meint,
Gregor Dorfleitner von der Uni Regensburg. Er forscht zu privatem
Anleger:innenverhalten.
Wenn Menschen tatsächlich auf Geld verzichten müssten, sinke die
Bereitschaft. Anders sei das nur bei denjenigen, die mit ihrem Geld
wirklich etwas verändern wollen – also Impact Investing betreiben. Sie
seien in der Regel bereit, für die Sache geringere Renditen in Kauf zu
nehmen.
## Rüstung wird vielleicht nachhaltig
Auch die vermehrten Berichte über Greenwashing verunsicherten
Anleger:innen, sagt Dorfleitner: „Die Fälle haben sich in den
vergangenen Jahren gehäuft und können dazu führen, dass sich Menschen von
nachhaltigen Geldanlagen abwenden.“
Oft sei kaum zu erkennen, was genau in Fonds angeboten werde, sagt auch
Finanzwende-Expertin Senn. Und manche – etwa in der Tech-Branche – gälten
als nachhaltig, seien es aber nur nach sehr weichen Kriterien. „Die
Vorstellungen darüber, was eine nachhaltige Geldanlage im Kern ausmacht,
gehen weit auseinander“, sagt Verivox-Geschäftsführer Maier. Tatsächlich
zeigten sich in der Verivox-Umfrage 23 Prozent der Befragten unsicher in
dem Punkt, [1][welche Kriterien die gewünschten Produkte denn nun
erfüllten.]
[2][Das hat auch mit fehlenden Standards zu tun.] Einen Beweis dafür
lieferte die Deutsche Kreditwirtschaft am Dienstag: Sie kündigte an, dass
Anlagen in Rüstungsfirmen in Zukunft in nachhaltigen Fonds landen könnten.
Möglich machen das aktuelle politische Entwicklungen sowie neue Regularien.
Dazu Senn: „Es gibt keinen Grund, Rüstung als nachhaltig zu deklarieren und
damit die Standards für grüne Geldanlagen zu verwässern.
Rüstungsinvestitionen können wie bisher auf konventionelle Finanzierungen
zurückgreifen.“
[3][Die EU hat mit der Taxonomie im Rahmen der Offenlegungsverordnung ein
Instrument geschaffen], das mehr Transparenz bieten soll. Sie ordnet
Geldanlagen unter anderem in teils nachhaltig und ausschließlich nachhaltig
ein. „Die Offenlegungsverordnung ist eine gute Idee, stellt zwar
Transparenz her – aber keine Mindeststandards. Deshalb ist sie als
Instrument eigentlich ungenügend“, sagt Senn.
10 Sep 2024
## LINKS
[1] /Neue-EU-Regeln-bei-der-Geldanlage/!5865560
[2] /Klage-beim-Europaeischen-Gericht/!5926001
[3] /Klimavertraeglichkeit-von-Geldanlagen/!5906495
## AUTOREN
Anton Dieckhoff
## TAGS
EU-Taxonomie
Schwerpunkt Klimawandel
Investitionen
Geldanlage
Finanzmarkt
Geldanlage
fossile Energien
Schwerpunkt Atomkraft
Nachhaltigkeit
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