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# taz.de -- GLS-Chef über den Kohleausstieg: „Marketing für die Umwelt“
> Der Kohleausstieg dauert viel zu lange, sagt Thomas Jorberg, Chef der
> Öko-Bank GLS. Er fordert eine staatlich festgesetzte Kohlendioxid-Abgabe.
Bild: Braucht eine Abgabe auf Kohlendioxid nicht zu fürchten: Radler mit Laste…
taz: Herr Jorberg, knapp ein Drittel Ihrer Unternehmenskredite steckt in
erneuerbarer Energie. Jetzt fordern Sie eine staatlich festgesetzte Abgabe
auf Kohlendioxid. Ist das mehr als Marketing für Ihr Haupt-Geschäftsmodell?
Thomas Jorberg: Höchstens Marketing für die Umwelt. Die Kohlekommission hat
vor wenigen Tagen vorgeschlagen, erst 2038 aus der Braunkohleverstromung
auszusteigen. Das ist mindestens acht Jahre zu spät, um die Pariser
Klimaziele, deren Einhaltung die Bundesregierung verbindlich zugesagt hat,
zu erreichen. Eine CO2-Abgabe würde endlich marktwirtschaftliche Anreize
für mehr Klimaschutz schaffen.
Wie hoch müsste diese Abgabe denn sein?
Der von uns mitgegründete Verein „CO2-Abgabe“ aus Freiburg rechnet aktuell
mit 40 bis 50 Euro pro ausgestoßener Tonne. Klar ist aber: Mit jedem Tag,
an dem der Klimawandel nicht gebremst wird, muss die Abgabe höher
ausfallen. Je länger wir die Erde erwärmen, desto abrupter muss der
CO2-Ausstoß reduziert werden, um die Katastrophe zu verhindern – notfalls
durch entsprechend hohe Strafzahlungen. Sollte die CO2-Abgabe erst 2025
eingeführt werden, rechnen Umweltökonomen mit Kosten von über 100 Euro die
Tonne. 2030 wären es sogar 250 Euro.
Aber mit dem Emissionsrechtehandel haben CO2-Zertifikate doch schon heute
ihren Preis?
Der ist aber mit aktuell nicht einmal 23 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2
viel zu gering. Außerdem werden so nur wenige Branchen wie etwa die
Energieerzeugung oder die Stahlproduktion erfasst. Die Gebäudewirtschaft,
die privaten Haushalte, der Verkehr bleiben außen vor.
Also soll künftig jeder Privathaushalt zahlen?
Eben nicht! Ganz wichtig am Konzept der CO2-Abgabe ist, dass sie für die
einzelne Bürgerin, den einzelnen Bürger kostenneutral sein soll – denn
Steuern auf Strom, Heizöl und Heizgas sollen ebenso wegfallen wie Zahlungen
nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz. Das damit eingesparte Geld ginge
dann in die CO2-Abgabe. Wer bewusst klimafreundlich lebt, kann also sogar
sparen.
Und wer kein Geld für ein neues Elektroauto hat, zahlt drauf?
Der Betrieb von Autos mit Verbrennungsmotoren wird teurer werden, ja – und
das muss er auch: Ein Fünftel der deutschen Kohlendioxid-Emissionen geht
auf das Konto des Verkehrs. Und über 80 Prozent davon stammen aus den
Motoren von Pkws, Lkws und Motorrädern.
Fürchten Sie nicht, damit Proteste wie die der Gelbwesten in Frankreich
anzuschieben?
Verantwortungsvolle Politik muss den Wählerinnen und Wählern klarmachen,
dass die Kosten des Klimawandels schnell ins Unbezahlbare steigen, wenn wir
nicht jetzt beherzt handeln. Im vergangenen Sommer haben nicht nur
Großbrände in Kalifornien gewütet: In Nordrhein-Westfalen fürchteten nicht
wenige Wasserknappheit, weil die großen Talsperren, die etwa das Ruhrgebiet
versorgen, erschreckend leer waren. Und das ist erst der Anfang.
Trotzdem haben Unions-Politiker selbst auf den Kohlekompromiss der
Kohlekommission skeptisch reagiert – und angekündigt, auch die
Versorgungssicherheit und den Strompreis im Blick zu behalten.
Die Warnung vor Stromausfällen ist ein Geschäftsmodell. Energieversorger
wie der Braunkohleverstromer RWE wollen möglichst viel Geld sehen, damit
sie alte Kraftwerke als Sicherheitsreserve vorhalten. Der Kohlekompromiss
sieht außerdem Entschädigungen von etwa 600 Millionen Euro pro
abgeschaltetem Gigawatt Kraftwerksleistung vor. Für RWE wären das
Milliarden an Gewinn. Der Aktienkurs ist deshalb prompt gestiegen. Bezahlt
wird das von allen Bürgerinnen und Bürgern über Steuern – und zeigt: Jede
Investition in CO2 emittierende Technologien ist potenziell
ausfallgefährdet.
4 Feb 2019
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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