| # taz.de -- Parlamentswahl in Spanien: Podemos nur noch zweite Wahl | |
| > Einst galt die Partei als linke Hoffnungsträgerin. Heute droht sie sich | |
| > Spaniens Politik anzupassen – und zerfällt in zwei Lager. | |
| Bild: Zwischen Íñigo Errejón (li.) und Pablo Iglesias passen heute viele Bl�… | |
| Vor fünf Jahren wollte sie Spanien und den Himmel erobern: Die Partei | |
| Podemos („Wir können“) versprach eine neue Art, über Politik zu sprechen | |
| und Politik zu machen. Heute glaubt niemand mehr an den schnellen | |
| Durchbruch, und die Partei droht sich einem Politikbetrieb anzupassen, den | |
| sie einst in Bausch und Bogen verdammt hat. Die [1][Parlamentswahl am | |
| Sonntag] wird unter anderem entscheidend für die Zukunft der Partei sein. | |
| Als Podemos am 17. Januar 2014 die politische Bühne betrat, wollte die | |
| Partei die Forderung nach „echter Demokratie“ weitertragen, der die | |
| „Indignados“ (Empörten) seit dem 15. Mai 2011 auf den großen Plätzen des | |
| Landes Gehör verschafft hatten. Von diesem Movimiento 15-M stammte ein | |
| breites Spektrum an Schlagworten und Ideen, die einen gemeinsamen Nenner | |
| hatten: die Infragestellung der politischen und, weniger klar, auch der | |
| wirtschaftlichen Ordnung, die sich seit der Ablösung der Franco-Diktatur | |
| durch eine liberale Demokratie herausgebildet hatte. | |
| Bei 15-M gab es im Großen und Ganzen zwei Strömungen: Die eine wollte das | |
| System erneuern, die andere hatte weiter gehende Ambitionen und wollte | |
| einen grundlegenden sozialen Wandel. Reform oder Transformation: „Die | |
| Spannung zwischen diesen beiden Optionen zeigte sich auch in den | |
| Diskussionen innerhalb der Partei“, erklärt Brais Fernández, Mitarbeiter | |
| der Zeitschrift Viento Sur und Mitglied der trotzkistischen Gruppe | |
| Anticapitalistas, die maßgeblich an der Gründung von Podemos beteiligt war. | |
| In den Straßendemos und Platzbesetzungen der 15-M artikulierte sich auch | |
| die Frustration einer Mittelschicht, die nach der Finanzkrise 2008 keinen | |
| Ausweg sah. Die regierende Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE), die in der | |
| Zeit der transición, des Übergangs zur Demokratie, 1978 die wichtigste | |
| Kraft des gesellschaftlichen Fortschritts gewesen war, schlug angesichts | |
| der Krise einen harten Sparkurs ein. Um „die Haushaltsstabilität zu | |
| garantieren“, ging sie im August 2011 so weit, die sogenannte | |
| Schuldenbremse im Artikel 135 der spanischen Verfassung festzuschreiben. | |
| Bei den Wahlen vom November 2011 erhielt die PSOE prompt die Quittung: Sie | |
| verlor im Vergleich zur letzten Wahl im März 2008 ein Drittel ihrer Wähler. | |
| Damit konnte die rechtskonservative Partido Popular (PP) unter Mariano | |
| Rajoy mit absoluter Mehrheit regieren. Dass auch sie die Staatsausgaben | |
| weiterkürzte, war für die Indignados ein zusätzlicher Beweis dafür, dass | |
| die Demokratie in Spanien nicht mehr funktionierte. | |
| Aus dieser Unzufriedenheit konnte Podemons politisches Kapital schlagen.(1) | |
| Unter Führung der Politologen Pablo Iglesias und Íñigo Errejón wurde sie | |
| zur beliebtesten Partei der städtischen Wählergruppen. Insbesondere für | |
| Menschen zwischen 25 und 35 Jahren verkörperte Podemos mit jungen | |
| Gesichtern und einem respektlosen Stil exakt die neue Politik, die sie sich | |
| wünschten. | |
| ## Populisten gegen Klassenkämpfer | |
| Für die zweite, radikalere Strömung von 15-M waren vor allem die neuen | |
| Räume der Politisierung wichtig, die Versammlungen, die Zelte auf den | |
| besetzten Plätzen, und die neue Reichweite der Mobilisierung als | |
| Ausgangspunkt für eine grundsätzlichere Kritik des politischen und | |
| wirtschaftlichen Systems Spaniens. Aus der Ablehnung der politischen Klasse | |
| entsprang die Forderung nach einer Art direkter Demokratie mit der | |
| Möglichkeit, Abgeordnete wieder abzusetzen. Die Einrichtung von | |
| Stadtteilversammlungen schien ein gutes Mittel, um diese Ziele umzusetzen – | |
| und womöglich sogar die Grundlagen für eine neue Gesellschaft zu schaffen, | |
| in der die Trennung zwischen politischer und ökonomischer Sphäre aufgehoben | |
| wäre. | |
| Mit solchen Sympathisantenzirkeln wollte die Partei den Elan der Empörten | |
| und der Stadtteilversammlungen wiederbeleben, der sich 2014 schon etwas | |
| erschöpft hatte. Allerdings sah die Podemos-Führung mit Verdruss, dass | |
| diese Zirkel von den Anticapitalistas unterwandert wurden. Es begann der | |
| Prozess einer Konzentration der Macht, an deren Ende sich das von Iglesias | |
| geforderte Modell einer zentralistisch geführten Partei durchsetzte, worin | |
| die Zirkel nur noch wenig Einfluss besaßen. | |
| Um für die Parlamentswahlen von 2015 zu mobilisieren, wurde ein Prozess der | |
| breiten Partizipation angestoßen, der vor allem online stattfand. Über | |
| Plattformen wie [2][Appgree] oder [3][Reddit] konnten die Nutzer | |
| debattieren, abstimmen und das Parteiprogramm mitentwickeln. Dieses Modell | |
| einer medialen Demokratie wurde ergänzt durch Pablo Iglesias’ | |
| eindrucksvolle Fernsehauftritte mit steigenden Einschaltquoten. | |
| Auf der Linie eines linken Populismus(2) betonte Podemos vor allem den | |
| Gegensatz zwischen den „kleinen Leuten“ und „der Kaste“ der Mächtigen,… | |
| der Wirtschaftsoligarchie und der Berufspolitiker. Damit wollte man das | |
| traditionelle Rechts-links-Schema aufbrechen. Die Finanzkrise und die | |
| Korruption des Establishments waren ihr Hauptargument im Kampf gegen das | |
| „Regime von 78“, womit die Podemos-Ideologen die aus der transicíon | |
| hervorgegangene Verfassung meinten. | |
| Es gelang jedoch nur für kurze Zeit, die Grenzen zwischen rechts und links | |
| aufzulösen. Im Juni 2014 wünschte sich der Chef der Banco Sabadell, Josep | |
| Oliu, öffentlich „eine Art Podemos der Rechten“.(3) Mit der Gründung und | |
| dem raschen Aufstieg der rechtsliberalen Partei Ciudadanos („Bürger“), | |
| bildete sich ab 2015 ein neues politisches Spektrum heraus, worin sich zwei | |
| Fronten überlagern: links (PSOE/Podemos) gegen rechts (PP/Ciudadanos) und | |
| neue Politik (Podemos/Ciudadanos) gegen alte Politik (PSOE/PP). | |
| ## Ein Typ von Cäsarismus, der jegliche Diskussion abwürgte | |
| Die populistische Strategie, die Errejón entworfen und Iglesias eine Zeit | |
| lang mitgetragen hatte, kam in der Bevölkerung durchaus an. Dabei | |
| kritisierte Podemos auch die traditionelle Linke als verknöchert und | |
| unfähig, die Bewegung 15-M zu verstehen. Bei den Wahlen vom November 2011 | |
| kam der Kandidat der Vereinigten Linken (Izquierda Unida), zu der die | |
| Kommunistische Partei Spaniens (PCE) gehört, nur noch auf 7 Prozent | |
| Stimmenanteil. | |
| Allerdings machte die Podemos-Führung mit ihrer populistischen Masche den | |
| großen Fehler, auch gestandene linke Aktivisten als „elitistisch“ abzutun | |
| und ihre politischen Erfahrungen als Belastung zu sehen. Das erschwerte den | |
| Aufbau einer wirklich demokratischen Organisation im Sinne einer internen | |
| Kommunikation und Willensbildung, worin die verschiedenen Strömungen | |
| repräsentiert sein müssen. | |
| Der populistische Eifer nährte in der Praxis ein großes Misstrauen gegen | |
| die aktive Parteibasis. Die Folge war, dass erfahrene Parteikader zu reinen | |
| Vollzugsorganen wurden, die nur noch die Entscheidungen einer | |
| charismatischen Führung umzusetzen hatten. Es entwickelte sich ein Typ von | |
| Cäsarismus, der jegliche Diskussion durch Onlineabstimmungen abwürgte. | |
| Die Zusammenarbeit zwischen Parteichef Iglesias und der Nummer zwei Errejón | |
| klappte bis zu den Wahlen im Juni 2016. Dann tat sich Iglesias trotz der | |
| Vorbehalte des Parteisekretärs mit der Izquierda Unida zu dem neuen | |
| parlamentarischen Block Unidos Podemos („Gemeinsam können wir“)(4) | |
| zusammen. Damit sollte die PSOE als stärkste linke Kraft abgelöst werden. | |
| Das neue Bündnis war eine Neuauflage der eurokommunistischen Strategie, die | |
| in Italien der PCI in den frühen 1970er Jahre vorgemacht hatte. In | |
| Anspielung auf die Strategie des damaligen PCI-Generalsekretär Enrico | |
| Berlinguer sprach Iglesias mehrfach von einem „neuen historischen | |
| Kompromiss“(5). Podemos sollte auf das politische Programm der PSOE | |
| Einfluss nehmen, indem man die Möglichkeit einer Koalitionsregierung | |
| anböte, sich aber zugleich darauf vorbereiten, im geeigneten Augenblick | |
| selbst die Macht zu übernehmen. | |
| Auf diese Weise wollte Iglesias die Logik der Koalitionspolitik und die | |
| Vertiefung der Klassenperspektive auf einen Nenner bringen. Womit er wieder | |
| auf die Vorstellung einer Gesellschaft zurückkam, die in Klassen mit | |
| unterschiedlichen Interessen aufgespalten wäre. Diese neue Strategie ging | |
| davon aus, dass die historische Chance des Jahres 2011 vorbei wäre: Die | |
| spanische Bevölkerung hätte sich an die Wirtschaftskrise gewöhnt, und nur | |
| eine neue Rezession würde ihre Wut erneut anfachen. Dann aber würde Podemos | |
| – als Träger der sozialen Bewegungen – den politischen Raum erobern, der | |
| heute von Izquierda Unida besetzt ist. Im Sinne dieser Strategie hat | |
| Podemos mehrere Kader der Vereinigten Linken und Mitglieder der | |
| Kommunistischen Jugend (in der auch Iglesias seine Karriere begonnen hat) | |
| aufgenommen, darunter Irene Montero, die heutige Fraktionsvorsitzende von | |
| Unidos Podemos. | |
| ## Es geht um die multinationale Identität Spaniens | |
| Die klassenkämpferische Orientierung von Iglesias bedeutet einen Bruch mit | |
| der populistischen Linie, die Errejón vertritt. Der glaubt, dass ein | |
| Rückzug auf klassische linke Positionen Podemos nur schwächen könne, schon | |
| weil in der heutigen Gesellschaft die Klassenzugehörigkeit das | |
| Wahlverhalten viel weniger bestimme als früher. Deshalb hält er nichts von | |
| Grabenkämpfen, in denen es nur um die Verteidigung der ideologischen | |
| Reinheit geht. | |
| Errejón glaubt zudem, dass Podemos landesweit nicht ausreichend verankert | |
| sei, um mit seinen aktiven Parteimitgliedern eine gesellschaftliche Basis | |
| aufzubauen. Er sucht die Auseinandersetzung eher auf dem Feld jener | |
| politischen Begriffe, um die sich die wichtigen Debatten drehen: um | |
| Begriffe wie Vaterland und geeintes Spanien, die von der Rechten | |
| monopolisiert wurden und von der Linken wegen ihrer ideologischen Wurzeln | |
| im Franquismus weithin abgelehnt werden. Für den Soziologen Jorge Moruno, | |
| Gründer von Podemos und Anhänger Errejóns, geht es darum, „eine andere | |
| Vision unseres Landes zu schaffen und zu verbreiten, eine andere Basis, auf | |
| der sich die Völker Spaniens begegnen können“. | |
| Anders formuliert: Es geht um die multinationale Identität Spaniens. | |
| Errejón will ganz unterschiedliche Gruppen der Bevölkerung erreichen: den | |
| prekarisierten Teil der Mittelschicht, also Selbstständige und | |
| Freiberufler; aber auch die Befürworter einer neuen „liebenswürdigen“ | |
| Politik, die Iglesias mit seinen „groben“ Positionen abschreckt und die | |
| eher den liberalen Ciudadanos zuneigen. Und er wirbt um die enttäuschten | |
| Anhänger der PSOE, die nach wie vor von gering qualifizierten Arbeitnehmern | |
| und Arbeitslosen gewählt wird. | |
| Allerdings befinden wir uns nicht mehr im Jahr 2014. Auf nationaler Ebene | |
| ist die populistische Welle abgeflaut. Das von der Bewegung 15-M ausgelöste | |
| Moment ist inzwischen teils passee, teils von der reaktionären Richtung | |
| vereinnahmt, wie der Erfolg der Vox bei den Regionalwahlen in Andalusien | |
| zeigt. Diese rechtsextremistische Partei kam im Dezember 2018 auf einen | |
| Stimmenanteil von 11 Prozent – mit einem Programm, das den Franquismus | |
| rehabilitieren und die „Genderideologie“ bekämpfen will. | |
| Die populistischen Strategie der Podemos hat einen weiteren Schwachpunkt: | |
| die mangelnde soziale Verankerung. Errejón setzt vor allem auf | |
| Expertenanalysen und unterschätzt vermutlich die Rolle der sozialen | |
| Bewegungen. Im November 2014 wurde er von dem Journalisten Pablo Rivas | |
| gefragt: „Inwieweit können die sozialen Bewegungen Sie bei der Regierung | |
| unterstützen?“ Seine Antwort: „Ehrlich gesagt: sehr wenig. Denn sie sind in | |
| einer Kultur des Widerstands befangen, deshalb müssen sie sich nicht die | |
| Frage stellen, was zu tun ist.“(6) Errejón sucht eher das Bündnis mit | |
| Unternehmern, die ebenfalls die „Wirtschaftsoligarchie“ kritisieren. Das | |
| wirft die Frage auf, wie weit sich die Partei auf solche Allianzen | |
| einlassen würde, wenn sie einmal an der Regierung wäre. | |
| Bei den Regionalwahlen im Mai 2019 kandidiert Errejón in der Region Madrid. | |
| Aber nicht für Podemos, sondern für die neu gegründete Plattform Más | |
| Madrid. Auf derselben Liste steht auch die Madrider Bürgermeisterin Manuela | |
| Carmena, eine seit den 1970er Jahren engagierte ehemalige Richterin, die | |
| wieder für das Bürgermeisteramt kandidiert. | |
| ## Die Katalonienfrage und der Aufstieg der Rechten | |
| Errejón hat mit seiner Kandidatur für Más Madrid die Spaltung von Podemos | |
| offenkundig gemacht. Da er sich nicht mehr der Parteidisziplin unterwerfen | |
| wollte, hat er die vorerst letzte Runde der seit drei Jahren andauernden | |
| Flügelkämpfe eröffnet. Wobei Errejón ironischerweise Opfer jener | |
| pyramidenartigen Parteistruktur wurde, an deren Aufbau er maßgeblich | |
| mitgewirkt hat. | |
| Die Spaltung ist jedoch nicht nur das Resultat innerparteilicher | |
| Richtungskämpfe, sie hat auch sehr viel mit spanischer Innenpolitik zu tun. | |
| Der Wahlerfolg der Vox verdankt sich unter anderem der Katalonienfrage. | |
| Wenige Tage nach der nicht verfassungskonformen Volksabstimmung über die | |
| Unabhängigkeit des Landesteils, die durch brutale Polizeieinsätze | |
| verhindert werden sollte, hielt König Felipe VI. eine Fernsehansprache. | |
| Indem er allein die katalanische Unabhängigkeitsbewegung für die | |
| innenpolitische Katastrophe verantwortlich machte, drängte er die Kräfte | |
| ins Abseits, die sich für das Referendum ausgesprochen hatten, darunter | |
| Podemos. Plötzlich hingen von den Balkonen in vielen Städten spanische | |
| Flaggen, die Ahnung einer konservativen Wende lag in der Luft. | |
| Doch dann scheiterte die Regierung der Rechten an ihren Skandalen. Die PP | |
| steckt mitten in einer gigantischen Korruptionsaffäre. Im Juni 2018 musste | |
| Ministerpräsident Rajoy nach einem von PSOE-Generalsekretär Pedro Sánchez | |
| gestellten Misstrauensantrag zurücktreten. Der Antrag fand eine Mehrheit, | |
| weil er von den baskischen Nationalisten (PNV), diversen katalanischen | |
| Parteien und von Podemos unterstützt wurde. | |
| Seitdem gab es eine sozialistische Minderheitsregierung, toleriert von | |
| Unidos Podemos. Sánchez fand jedoch keinen Konsens in der | |
| Katalonienfrage. Auch gegenüber den Umverteilungsforderungen von Podemos | |
| zeigte er sich zugeknöpft, erhöhte aber den Mindestlohn um 22 Prozent. | |
| Bei Podemos bemühten sich jetzt die Iglesias- wie die Errejón-Fraktion, die | |
| vielfachen sozialen Themen und die nationale Frage der Katalonienkrise zu | |
| koppeln, während die Konservativen (PP, Ciudadanos und Vox) beides | |
| auseinanderhalten wollten. | |
| Die Alternative ist klar: Die klassenpolitische Strategie betont die | |
| gemeinsamen Interessen der Arbeiterklasse in ganz Spanien. Dagegen | |
| propagiert die populistische Strategie die Identität von Volk, Staat und | |
| Nation. Das aber könnte zu einer Revision des Verfassungskonsenses von 1978 | |
| führen, der immerhin – gegen die Opposition der damaligen Konservativen – | |
| die sozialen Rechte der Bevölkerung anerkannt hat und die Rückverlagerung | |
| wichtiger Machtkompetenzen der autonomen Regionen an den Zentralstaat | |
| verhindert. | |
| Seit es Podemos gibt, hat sich nicht nur Spanien verändert, sondern auch | |
| die Welt insgesamt. Das ließ die Partei nicht unberührt, wie der Fall | |
| Venezuela zeigt. Aber noch folgenreicher war der Ausgang des Konflikts | |
| zwischen Brüssel und Athen im Sommer 2015. Die Kapitulation der | |
| Tsipras-Regierung vor den Forderungen seiner EU-„Partner“ war eine Warnung | |
| auch an Spanien: Damit schwand die Vision eines gemeinsamen südeuropäischen | |
| Widerstands gegen den Neoliberalismus dahin. | |
| Auch das Aufkommen reaktionärer Kräfte in Osteuropa und in den USA | |
| ermutigte die spanischen Rechtsextremisten, die zuvor kaum sichtbar | |
| gewesen waren. Das äußerte sich in der Gründung von Vox und der | |
| Radikalisierung rechter Kräfte der PP und der Ciudadanos. Damit schwanden | |
| die politischen Spielräume für Podemos und für einen erneuten Anlauf zu | |
| einem grundlegenden politischen Wandel. | |
| Seit 2015 sitzen die Partei und ihr nahestehende Gruppierungen in den | |
| Stadtregierungen von Madrid, Barcelona, Valencia, Cádiz, La Coruña und | |
| Saragossa.(7) Das ist eine zweischneidige Angelegenheit: Einerseits können | |
| ihre Vertreter auf dieser Ebene wichtige Erfahrungen sammeln; andererseits | |
| kann es dazu führen, dass Podemos wie die anderen Parteien wird. Wer im | |
| Rathaus regiert, hat zwar Einfluss, aber der reicht nicht aus, die | |
| Privilegien der lokalen Eliten zu beschneiden. | |
| Die politischen Kräfte links von der PSOE, also Podemos, Izquierda Unida, | |
| En Comú Podem in Katalonien (ein Bündnis aus Podemos und anderen | |
| Organisationen) und Más Madrid, haben noch großen Rückhalt in der | |
| Bevölkerung. Die [4][Parlamentswahlen am 28. April] und die Europa-, | |
| Regional- und Kommunalwahlen am 26. Mai werden über die Zukunft von Podemos | |
| entscheiden, also darüber, ob die Forderungen der Empörten von 2011 auf | |
| mittlere Sicht umgesetzt werden können. | |
| (1) Siehe Renaud Lambert, „Spaniens neue Radikale. Podemos – von der | |
| Empörung zur Bewegung zur Partei“, LMd, Februar 2015. | |
| (2) Diese politische Konzeption wurde vor allem von Ernest Laclau und | |
| Chantal Mouffe entwickelt. | |
| (3) „Josep Oliu propone crear ‚una especie de Podemos de derechas‘ “, El | |
| Periódico, Barcelona, 25. Juni 2014. | |
| (4) Inzwischen Unidas Podemos mit weiblicher Endung. | |
| (5) Pablo Iglesias, „Un nuevo compromiso histórico“, El País, Madrid, 9. | |
| Dezember 2015. | |
| (6) „Estamos orgullosos de que la oligarquía española tenga miedo“, | |
| Diagonal, Madrid, 7. November 2014. | |
| (7) Siehe Pauline Perrenot und Vladimir Slonska-Malvaud, „Aufbruch von | |
| unten“, LMd, Februar 2017. | |
| Aus dem Französischen von Sabine Jainski | |
| 27 Apr 2019 | |
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| [1] /Parlamentswahl-in-Spanien/!5590387 | |
| [2] http://cloud.circulospodemos.info:8089/participa/herramientas/como-usar-app… | |
| [3] https://www.reddit.com/r/podemos/ | |
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| José António García Simon | |
| Jaime Vindel | |
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