# taz.de -- Parlamentswahl in Spanien: Kein echter Sieger | |
> Die Sozialisten von Ministerpräsident Sánchez holen zwar die meisten | |
> Stimmen, aber keine absolute Mehrheit. Die Rechtspopulisten ziehen ins | |
> Parlament ein. | |
Bild: Steht vor einer schwierigen Regierungsbildung: Pedro Sanchez | |
MADRID dpa | Mit ihrem besten Stimmenergebnis seit elf Jahren haben die | |
Sozialisten unter Ministerpräsident Pedro Sánchez die Parlamentswahl in | |
Spanien klar gewonnen. Dennoch verfehlte die Sozialistische Arbeiterpartei | |
(PSOE) die absolute Mehrheit nach Auszählung praktisch aller Stimmen mit | |
knapp 28,7 Prozent deutlich. Während die Konservativen ein Debakel | |
erlebten, zieht erstmals seit Jahrzehnten eine rechtspopulistische Partei | |
ins Parlament ein: Die erst 2013 gegründete [1][Formation Vox] bestätigt | |
damit einen Trend, der sich schon bei Wahlen in anderen EU-Ländern | |
beobachten ließ. | |
Sánchez stehen nun äußerst schwierige und vermutlich langwierige | |
Koalitionsgespräche mit linken und regionalen Parteien bevor. Es droht eine | |
komplizierte politische Patt-Situation wie bereits 2016, als die | |
viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone nach zwei Wahlgängen binnen sechs | |
Monaten ein Jahr lang ohne reguläre Regierung blieb. | |
Sánchez feierte den Sieg seiner Partei unter dem tosenden Beifall Hunderter | |
Anhänger vor der Parteizentrale in Madrid. „Die Zukunft hat gewonnen, die | |
Vergangenheit hat verloren“, rief der 47-Jährige ihnen von der Bühne zu. | |
Die Spanier hätten Europa und der Welt die „klare Botschaft gegeben, dass | |
man die Reaktionären, den Autoritarismus und den Rückschritt bezwingen | |
kann“, sagte er mit Blick auf die Parteien des rechten Spektrums, auf die | |
letztlich weniger Stimmen entfielen als erwartet. | |
Der Ministerpräsident ist seit Juni 2018 im Amt. Damals stürzte er seinen | |
konservativen Vorgänger Mariano Rajoy per Misstrauensvotum. Die Neuwahl | |
rief er im Februar aus, da die katalanischen Separatisten seiner | |
Minderheitsregierung bei der Abstimmung über den Etatentwurf die | |
Unterstützung entzogen hatten. Bei der vorigen Wahl hatte die PSOE unter | |
Sánchez 22,6 Prozent der Stimmen geholt. | |
## Rechtspopulisten erzielen 10,3 Prozent | |
Die konservative Volkspartei PP landete bei der Neuwahl hinter den | |
Sozialisten auf Platz zwei mit 16,7 Prozent – allerdings halbiert sie damit | |
ihr Ergebnis von 2016 und muss überraschend das schlechteste Resultat ihrer | |
Geschichte einstecken. Inwieweit sich das direkt auf den Triumph der | |
Rechtspopulisten zurückführen lässt, war zunächst unklar. Die Zukunft des | |
jungen Parteichefs Pablo Casado (38) ist ungewiss. | |
Die liberale Partei Ciudadanos erzielte 15,8 Prozent, das [2][Linksbündnis | |
Unidas Podemos] 14,3 Prozent und die Partei Vox 10,3 Prozent. Damit zieht | |
die Bewegung, die von spanischen Medien teilweise als rechtsextrem | |
eingestuft wird, mit einer starken Fraktion ins Nationalparlament in Madrid | |
ein. Noch 2016 hatte Vox lediglich 0,2 Prozent der Stimmen bekommen. | |
„Wir sind hier, um zu bleiben. Das ist erst der Anfang!“, rief Vox-Chef | |
Santigo Abascal am späten Abend einer jubelnden Menschenmenge in der | |
Hauptstadt zu. Die mit Parolen wie „Spanien den Spaniern!“ angetretene | |
Partei steht für politischen Autoritarismus, hat viele Anhänger des | |
früheren Diktators Franco in ihren Reihen und nimmt sich die Regierungen in | |
Ungarn und Italien zum Vorbild. | |
Vox-Politiker kündigten im Wahlkampf an, man wolle kritische TV-Sender | |
schließen und Regeln zum Frauen- und Umweltschutz lockern. Das meiste | |
Kapital schlug die Partei aber aus dem aufkeimenden Nationalismus infolge | |
des Katalonien-Konflikts und aus der Zunahme illegaler Einwanderung, der | |
sie einen Riegel vorschieben will. | |
## Linkem Lager fehlt absolute Mehrheit | |
Für die Regierungsbildung sind nun mehrere Szenarien denkbar. Die möglichen | |
Koalitionspartner PSOE und Podemos kommen zusammen auf 165 Abgeordnete. | |
Damit fehlen dem linken Lager zur absoluten Mehrheit elf Sitze. Um | |
Ministerpräsident zu bleiben, müsste sich Sánchez folglich wohl nicht nur | |
mit Unidas Podemos einig werden, sondern auch mit kleineren | |
Regionalparteien in schwierige Gespräche treten. | |
„Wir werden daran arbeiten, die Bildung einer linken Regierungskoalition zu | |
erreichen, aber davor müssen wir über vieles reden, über sehr vieles“, | |
sagte Unidas-Podemos-Chef Pablo Iglesias. Den Parteien des rechten | |
Spektrums (PP, Ciudadanos und Vox) fehlen zusammen sogar 29 Sitze zur | |
Regierungsmehrheit. | |
Die Wahlbeteiligung am Sonntag erreichte mit rund 75 Prozent einen der | |
höchsten Werte in der Geschichte der spanischen Demokratie. Bei der | |
Abstimmung im Juni 2016 waren es neun Prozentpunkte weniger gewesen. | |
29 Apr 2019 | |
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