# taz.de -- Fernreisen von Klimaaktivist*innen: Weltentdecker in der Zwickmühle | |
> Fürs Klima demonstrieren und in den Kurzurlaub fliegen – das passt nicht | |
> zusammen. Hilft nur der Reiseverzicht oder ist ein Kompromiss möglich? | |
Bild: Leere Landebahnen: die Zukunft des Reisens … | |
Oft steckt die junge Generation regelrecht in einem Dilemma: Einerseits | |
möchten wir die Welt entdecken und in weit entfernte Länder reisen, doch | |
gleichzeitig wollen die meisten das Klima schützen. Viele von uns träumen | |
davon, durch die Welt zu reisen, und noch scheint es alltäglich, [1][mal | |
eben in den Flieger zu steigen], eine Städtetour oder ein Kurztrip nach | |
Spanien. Nachdem ich auf der Fridays-for-Future-Demonstration war, fiel mir | |
auf dem Nachhauseweg ein Werbeplakat von easyJet auf. Dieses Plakat hatte | |
die Aufschrift: „Generation easyJet“, dazu drei Mittzwanziger am Strand. | |
Ob die heute 13- bis 18-Jährigen die nächste Generation easyJet sein werden | |
oder ob die Fridays-for-Future-Demos ein Umdenken bewirken? | |
Es ist jedenfalls klar: Freitags für Klimaschutz demonstrieren zu gehen und | |
samstags [2][in einen Flieger für einen Kurztrip zu steigen] ist nicht | |
miteinander vereinbar. Folglich streichen wir also die Kurztrips, für die | |
ein Ticket an die spanische Küste weniger kostet als die Zugfahrt nach | |
Hamburg, von der Bucketlist. Was aber ist mit den Träumen von der großen | |
weiten Welt? Es ist ja nicht nur so, dass Reisen Spaß macht. Reisen bildet, | |
das Entdecken anderer Kulturen, das Kennenlernen anderer Menschen und | |
Länder macht weltoffen, man wird im besten Fall sogar zum Kosmopoliten. | |
Oder geht es doch? Gibt es Alternativen oder wenigstens einen Kompromiss? | |
Nachhaltiges Reisen und CO2-Kompensation sind hier die Stichworte. | |
Nachhaltiger Tourismus steht für die Idee, bewusst und gleichzeitig | |
erlebnisreich zu reisen. Bewusst im Sinne von Ressourcen schonen, die | |
Kultur der bereisten Länder schützen und den Menschen in den Zielländern | |
ein lebenswertes Auskommen zu ermöglichen. Es geht also nicht nur um die | |
Anreise, sondern auch den Aufenthalt. | |
## Es muss nicht immer das Flugzeug sein | |
Große Teile der Bevölkerung sagen aus, sie würden sehr gerne nachhaltig | |
reisen, doch das sei ihnen einfach zu teuer. Eine Umfrage der Lüneburger | |
Leuphana Universität im Rahmen des Projektes „Green Travel Transformation“ | |
zeigte, dass 54 Prozent ihre Urlaubsreise gerne nachhaltig gestalten | |
würden, doch letztendlich achteten nur 7 Prozent sehr darauf und nur bei 26 | |
Prozent war es zumindest ein Aspekt unter vielen, bei den meisten spielten | |
also andere Aspekte eine größere Rolle. | |
Die größte Rolle spielt wohl oft der Geldbeutel. Nicht nur bei der | |
Generation Lowcostcarrier. Hier muss umgedacht werden. Das fängt bei der | |
Anreise an. Es muss nicht immer das Flugzeug sein. Innerhalb Deutschlands | |
ist die Bahn die beste Möglichkeit. Das bedeutet aber auch, dass ein Flug | |
von Berlin nach München nicht mehr günstiger sein darf als die Bahnfahrt. | |
Die Preispolitik der Billigfluglinien bestimmt die der ganzen | |
Luftfahrtindustrie. Preisbestimmend sollte sein, wie lang der Flug und wie | |
hoch die CO2-Emission ist. | |
Die Forderung der Klimaaktivisten nach einer CO2-Steuer ergibt Sinn, denn | |
sie bietet einen Anreiz, seine Emissionen zu reduzieren. Das | |
Umweltbundesamt schlägt eine Steuer von 180 Euro pro Tonnen Kohlendioxid | |
vor. Ein Flug von Berlin nach Mallorca würde dadurch 173 Euro teurer – | |
wodurch sich mancher den spontanen Kurztrip sicher überlegen würde. Ein | |
Flug von Berlin nach Köln verteuertet sich um 38 Euro. Wer diese Strecke | |
mit dem Auto fährt, schadet der Umwelt sogar noch mehr – und müsste 47 Euro | |
mehr zahlen. Am besten schneidet die Bahnfahrt ab. Sie würde darum nur 9 | |
Euro teurer. | |
## Alternative oder Kompromiss? | |
Auf die Forderungen muss die Politik nun reagieren. In einem Klimakabinett | |
wollen die verantwortlichen Minister nun einen Plan ausarbeiten. Der | |
Verkehrsminister muss noch unter Druck gesetzt werden, denn der | |
Verkehrssektor, ist der einzige, in dem seit 1990 noch gar kein | |
Treibhausgas eingespart wurde. | |
Die Kosten müssen nicht komplett auf den Verbraucher abgewälzt werden. Wer | |
den Gewinn mit den Reisenden macht, kann anteilig auch zur Kasse gebeten | |
werden. Zusätzlich muss eine Kompensation der pro Flug und Passagier | |
verursachten CO2-Emissionen Pflicht werden. Auf freiwilliger Basis passiert | |
zu wenig. Die bekannteste [3][Organisation für CO2-Kompensation ist | |
Atmosfair]. Hier werden die Emissionen einer Flugreise per Rechner und der | |
Betrag für deren Ausgleich ermittelt. Mit den Spenden werden dann weltweit | |
Klimaschutzprojekte unterstützt. Konzerne und Unternehmen, die ein hohes | |
Reiseaufkommen haben, müssen als Erstes zur Kompensation verpflichtet | |
werden. | |
Um nochmal Bezug zu der Leitfrage zu nehmen, Alternative oder Kompromiss? | |
Muss, wer die Welt entdecken will, künftig mit dem Rad nach China reisen | |
oder den Traum begraben? | |
Wer radikal denkt, darf nicht fliegen. Denn Kompensation heißt nicht, dass | |
das CO2 weggespendet wird. Manchmal ist aber der Kompromiss ein Anfang, bis | |
es klimaneutrale Flugzeuge gibt. Kompromiss heißt: so wenig Flüge wie | |
möglich, also Kurzstrecken mit der Bahn zurücklegen, Videokonferenzen – und | |
die wenigen Flüge, die man sich aufgrund der CO2-Steuer dann noch ab und zu | |
leistet, kompensieren. | |
Wer weiterhin fliegt, muss umso mehr versuchen, in anderen Lebensbereichen | |
nachhaltig und bewusst zu leben, um so etwas für den Klimaschutz zu tun und | |
sein klimaverträgliches Jahresbudget an 2,3 Tonnen CO2 nicht zu | |
überschreiten. So viel darf nach Berechnungen des Weltklimarats jeder | |
Mensch ausstoßen, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen. Jeder kann | |
und muss etwas für den Klimaschutz tun: Schafft eure Autos in den Städten | |
ab, nutzt Elektroautos [4][und Car-Sharing] und achtet darauf, woher der | |
Strom stammt, den ihr benutzt. | |
18 Apr 2019 | |
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## AUTOREN | |
Farin Lau | |
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