# taz.de -- Wie Digitalisierung Reisen verändert: Scrollst Du noch oder lebst … | |
> Teure Autos und Uhren pushen den Status schon lange nicht mehr. Heute | |
> muss man um die halbe Welt fliegen, um in der Gesellschaft anzukommen. | |
Bild: Die virtuelle Reisewelt sollte zu Zeiten von „Fridays for Future“ eio… | |
Auf Bali sitzt man 24/7 auf einer Holzschaukel im Meer und schlürft dabei | |
sein Wasser direkt aus einer Kokosnuss. Die Malediven dagegen bestehen | |
ausschließlich aus endlos langen Holzstegen, die einen 5-Sterne-Bungalow | |
mit dem nächsten verbinden. Das zumindest könnte man denken, betrachtet man | |
die Welt der Reiseblogger auf Instagram, der Bilder-App. | |
Denn das Reisen hat sich durch die Digitalisierung verändert. Wo früher | |
noch die kulturelle Entdeckung des Landes im Vordergrund stand, sind es nun | |
Instagram-taugliche Fotos. | |
Deshalb sind herkömmliche Reiseführer in diesem Sinne oft veraltet, denn | |
sie bieten nicht, was der Amateur-Instagrammer sucht. Doch glücklicherweise | |
gibt es verschiedene soziale Medien, die den Urlaubsreifen mit geschätzten | |
Tipps überhäufen. Schnell eine Raute vor die Destination setzten und schon | |
offenbaren modisch gekleidete Influencer in Form von inszenierten Fotos | |
zwar nicht zwangsläufig die kulturellen Hochburgen der Region, aber | |
priorisiert die besten Fotolocations. Denn in diesen neumodisch | |
kultivierten Szenen gilt ein Ort immerhin schon dann als erkundet, wenn der | |
nächste Instagram-Post abgelichtet und geteilt werden konnte, nur um dann | |
das eigene Ego durch fremde Follower und ihre Likes gestreichelt zu | |
bekommen. | |
Hashtags wie [1][#travelgoals] oder [2][#travelinspiration] locken | |
unentschlossene Reisewillige, die beschönigte Aufnahmen von vermeintlich | |
begehrenswerten Urlaubszielen zeigen. Doch sind das tatsächlich | |
realitätsgetreue Abbilder dieser Orte? Einmal in den Tiefen von Instagram | |
versackt und schnell sind Annahmen von fernen, unbekannten Ländern | |
gefestigt. | |
Zusätzlich wird einem beim Scrollen klar, dass sich der eigene Status schon | |
lang nicht mehr nur noch durch teure Autos und Uhren pushen lässt. Nein, | |
heutzutage muss man um die halbe Welt fliegen, um wirklich in der | |
Gesellschaft anzukommen. | |
Abgesehen von der Wertestellung dieses exzessiven Jet-Set-Lebens, die | |
virtuelle Reisewelt sollte zu Zeiten von „Fridays for Future“ sowieso | |
veraltet sein. Es wird ein Lifestyle durch teils gut, mal sehr | |
offensichtlich versteckte Werbekooperationen vermarktet, der zu Recht gegen | |
alle klimaaktivistischen Bewegungen der heutigen Zeit spricht. Natürlich | |
ist Reisen wichtig. Die Förderung des kulturellen Austauschs, neue | |
Sprachkenntnisse und sogar der Entspannungsfaktor beim Strandurlaub sind | |
super. Doch bei dem [3][scheinbar erstrebenswerten Leben der Reiseblogger], | |
welches überwiegend durch Werbekooperationen finanziert wird, kommen diese | |
Faktoren zu kurz. Nach ausufernden Fotoshootings bleibt dafür schlicht | |
keine Zeit. | |
17 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.instagram.com/explore/tags/travelgoals/?hl=de | |
[2] https://www.instagram.com/explore/tags/travelinspiration/?hl=de | |
[3] /Kolumne-Aufgeschreckte-Couchpotatoes/!5548947 | |
## AUTOREN | |
Hanna Wilke | |
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